Fort Pampus - neuer Glockenturm

Holland: Historische Forts im Hier und Jetzt

Etwas Abenteuer in Holland gefällig. Denn bis vor knapp 100 Jahren dienten zig Forts zur Verteidigung des Landes. Inzwischen aber sind sie Museen, Outdoor-Idyll oder Hotel oder irgendwie beides.

Fort Pampus Holland - neuer Glockenturm
Fort Pampus – neuer Glockenturm

Ab sofort steht auf der Insel Pampus wieder ein Glockenturm – am Ort seines Vorgängers. Den hatten 1895 Soldaten des Forts, das auf dem Eiland liegt, errichtet. Der alte war zwölf Meter hoch, der neue misst rund vier Meter.

Fort Pampus: Direktor Nouhuys
Abenteuer gefällig, fragt Fort Pampus-Direktor Nouhuys

Das Fort heißt Pampus wie die Insel und die Untiefe Pampus hier im IJ-Meer vor dem Hafenörtchen Muiden. Genau auf der Untiefe hatten die Soldaten Insel und Fort um 1890 angelegt und nicht nur mit zwei Kanonen von Krupp bestückt. „Die Glocke warnte bei Nebel, nun ist sie symbolisch“, so Tom van Nouhuys, der Direktor der Stichting Fort-Eiland Pampus und als solcher auch ihr „General“ – im Sinne von Manager. Denn Pampus ist seit 1933 außer Dienst gestellt, die Stiftung seit rund 40 Jahren Eigentümerin von Fort und Insel.

Heuer bewirtschaften die Stiftung und Team das Ganze als Museum und Naturidyll samt Café und Restaurant – ab sofort mit Möglichkeiten für zahlende Gäste zu nächtigen. In Zelten mit Blick aufs IJ-Meer. Und sogar im neuen Häuschen, auf dem der Turm für die Glcoke steht. Tom hat die Haustür geöffnet – und siehe da: ein gemütliches Zimmer mit Doppelbett in Naturholz, mit Holzdielen, Tisch und Sessel. Mehr Platz ist nicht, das Haus ist derart mini. „Lekker, oder?“ so Tom eher feststellend als fragend; ergänzt lachend: „Unsere Luxussuite.“

Fort Pampus - neue zelte
Abenteuerlich zelten auf Fort Pampus

So in den neuen Zelten am Ufer. „Ich habe hier schon mit meinen zwei kleinen Söhnen gezeltet. Die fanden das nachts einsam und dunkel.“

Etwas Abenteuer darf also noch sein auf der Insel mit Fort, inzwischen eben anders. So etwa auch beim Bird-Watching mit Vogelkundler Dick. Er und seine Kollegen wachen über Pampus, denn das Fort-Eiland ist inzwischen ein wahres Vogelparadies. Die Schar wird behutsam in speziellen Vogelkächern gefangen, gezählt, beringt und wieder in die Freiheit entlassen. So bringt zum Beispiel Dick auch regionalen Schulklassen und Besuchern auch aus der Ferne die vielen neuen Bewohner des Eiland-Forts näher, zeigt ihnen den einen oder anderen sogar vorsichtig.

Fort Pampus im IJ-Meer - Vogelkundler
Da nun Paradies für Vögel, patroullieren nun Vogelkundler wie Dick

Einst Verteidigungslinie nun Unesco Welterbe

Umgewidmet wurden zig Forts, von denen Holland mal über 100 hatte. Sie gingen a.D. und sind nun, soweit erhalten, in neuer öffentlicher Mission aktiv, ob als Museum oder gar Hotel. Einst bildeten die Forts mit Deichen, Schleusen etc. die Festungsgürtel Stelling van Amsterdam sowie Nieuwe Hollandse Waterlinie; letztere reichte von Pampus bis in die südliche Provinz Brabant. Strategie damals: Gebiete bei Gefahr zu fluten – mit so viel Wasser, dass es für den Feind zu Fuß zu tief war, aber für Boote zu flach. Als 1920/30 das Flugzeug kam, waren die alten Strategien überholt, die Forts auch. Sie wurden privatisiert, kamen unter Denkmalschutz und sind sogar Unesco-Welterbe: die Stelling Amsterdam seit 1996, die Nieuwe Hollandse Waterlinie seit diesem Sommer 2021.

Festungsring Stelling van Amsterdam
Alter Festungungsring – die Stelling van Amsterdam mit Zig Forts

Als Hotel dient zum Beispiel das frühere Fort aan de Nekkerweg in Zuidoostbeemster eine halbe Autostunde nördlich von Muiden. Es entstand 1913 und ist 2012 auferstanden als Fort Ressort Beemster – unter Denkmal-Auflagen.

Fort Resort Beemster - früher Fort aan de Nekkerweg
Fort Resort Beemster – nun Boutique-Hotel und sehr fein

Das Viersternehaus hat innen 17 Gästezimmer, ein Spa mit allem Pipapo und ein feines Restaurant.

Fort Ressort Beemster
Essen, Trinken und Wohnen im Fort Ressort Beemster

Aber draußen geht der Blick von der Hotelterrasse nicht auf die schönen Polder, sondern die alte Schutzmauer, die eine schicke Bar kaschiert. Und das Gras auf dem Flachdach tarnt nun eher Saunen oder Cocktail-Sause. Zu den Gästezimmern führt ein schmaler Flur mit schweren Türen. Dahinter die Zimmer – anfangs für die Soldaten, später für Kriegsgefangene, dann für politische Delinquenten. Da stellen sich bei allem elegant-komfortablen Interieur Bilder und Gedanken ein zu dem, was einst war.

Fort Bakkerskil – errichtet anno 1880 in Brabant – ist ein Bed & Breakfast; seine Inn-Keeper Marco und Hanny. Der fast südlichste Posten der Nieuwe Waterlinie liegt schön ländlich bei Nieuwendijk; hin führen enge Sträßchen ohne Licht, die bei Nacht noch enger erscheinen.

Die letzten Meter geht’s zu Fuß über einen Steg – erst auf eine Terrasse. „Fuchs und Hase sagen sich hier gute Nacht“, begrüßt mich Hanny. Auf einem Tisch liegt ein Buch mit alten Fotos, auf denen Militär am Steg patrouilliert. Nun reiht sich hier Hobbygerät auf: Kajaks, um auf den Kanälchen zu cruisen; Fietsen für eine Tour etwa zum Biesbosch-Museum. Zu Fuß geht’s durch Wiesen und Weiden und auf alten Spuren der Militärs zur Papsluis, die einst half, das Land zu fluten.

Fort Giessen
Fort Giessen bietet viel Outdoor-Abenteuer

Fort Giessen stammt ebenso von rund 1880, ist nahe Bakkerskil im Ort Giessen und dient nun dank seiner zwölf Hektar Grünfläche auch als Naturkunde-Hotspot.

Fort Giessen Fortwächter Hans
Floss fahren in Fort Giessen mit Fort-Wächter Hans

Fort-Wächter Hans van Tilborg: „Wir haben viele Schulklassen und Familien. Auf unseren Feldsafaris erklären wir das Fort und seine Historie. Draußen erkunden wir Kräuter, Tiere und Vögel. Wir haben sogar Eulen.“

Fort bei Vechten Schussskizze
Fort bei Vechten: Einstiger Kanonen-Plan mit Schussskizze

Hans gehört zum ehrenamtlichen Team, das auch fürs neue Floss mit Seilzug über die Gracht gesorgt hat: „Das ist lustig und auch Team-Building, wenn die Kids sich übers Wasser ziehen.“ Die Reihe der Forts mit neuer Mission ließe sich fortsetzen: etwa Fort bij Vechten bei Utrecht – nun Museum mit interaktivem Park; oder Fort Altena bei Werkendam, nun Brasserie mit Infopunkt.

Fort-Eiland Pampus von oebn
Fort-Eiland Pampus aus der Vogelperspektive

Oder eben Pampus. Was das Fort-Eiland speziell macht, ist seine Lage im Meer. Seine Besucher setzen per Boots-Shuttle ab dem Hafenörtchen Muiden in 15 Minuten über. Die Insel ist klein – 205 Meter mal 164 Meter -, das Fort ein steinerner Koloss. Sein Hauptkomplex ist 86 Meter mal 49 Meter. Drumherum verläuft ein drei Etagen tiefer Graben. Erst geht es hinüber, dann hinauf und hinab auf eigens für Besucher installierten Stegen und Stufen.

So gelangt man auch aufs Flachdach – mit zwei augenfälligen Rundungen. Tom: „Hier standen die Krupp-Kanonen.“ Befeuert von unten – von den dienstbaren Soldaten in den Kellergewölben. Dort unten in den Gewölben waren auch die Räume, in denen Offiziere See- und Landkarten sichteten, in denen Gefreite Kohle in Öfen schaufelten, in denen das Kanonenpulver trocken gehalten wurde. Dorthin geht es über Stegen und Stufen hinunter. Hier außerdem nackte Arrestzellen, dort karge Schlafräume. Hier alte und neue Fotos, dort alte Bauskizzen und neue Schautafeln. Und alles ist zu besichtigen.

Ballonfahrt in 3D

Das Licht im Innern ist gedimmt, macht alles gespenstisch. Da kommt der für Klein und Groß sehenswerte 3D-Film gerade recht, der auch hier unten läuft: Der führt wie auf einer Ballonfahrt über die Gebiete der Festungsgürtel und erklärt, wie das ganze einst funktionierte; das alles ab und an unterlegt mit Kanonendonner – natürlich keinem echten.

Websites und wichtig zu wissen

www.pampus.nl
odeaandehollandsewaterlinies.nl
www.fortresortbeemster.nl
fortbakkerskil.nl
forten.nl/giessen

Bereits seit 1996 ist der Festungsgürtel von Amsterdam als Unesco-Welterbe ausgezeichnet – mit seinen 96 Forts und Sperrzonen, mit Schössern und sechs Festungen als Teil der Holländischen Wasserverteidigungslinie. Seit diesem Sommer schmückt nun auch die Holländische Verteidigungslinie in den Provinzen Nordholland, Utrecht, Gelderland und Nordbrabant die Auszeichnung als Unesco-Welterbe.

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