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Lüttich – auf Kommissar Maigrets Spuren

Jetzt im Frühjahr bietet die belgische Stadt Krimifreunden einen speziellen Grund, sie zu besuchen. Doch dazu erst unten. Denn Lüttich lohnt einen Abstecher das ganze Jahr. Gerade auch schlemmen lässt sich hier gut. Typisch nämlich für die Stadt an der Maas: Als Teil der Wallonie verbreitet sie althergebracht ein frankophiles Flair. So sind Schrift und Sprache in Liége Französisch. Alleen und Plätze mit alten prächtigen Bäumen entfalten einen gewissen Pariser Charme; zudem Bistros, die Kaffee, Wein, Bier bzw. Pastis, den traditionellen französischen Anis-Schnaps, servieren.

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Lüttich – wallonisches Zentrum an der Maas mit Zitadelle Foto WBT J.P.Remy-Liege

Und eben die Kulinarik. Was das betrifft, setzen die zwei angesehensten Restaurant-Führer die Stadt mit knapp 200.000 Einwohnern wie folgt auf ihre Karten. So empfiehlt der Guide Michelin 2022 in und um Lüttich 39 Restaurants, sechs davon prämiert mit einem Stern. Und der Gault & Millau listet in Lüttich zuletzt 20 Feinschmecker-Lokale auf. Die Guides erleichtern einem diese gewisse Qual der Wahl in der Stadt im südöstlichen Belgien 50 Kilometer westlich von Aachen.

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Lüttich – von hier stammt Maigret-Autor Georges Simenon Foto WBT Denis Erroyaux

Lüttich liegt idyllisch inmitten von Weideland und Hügeln, mit dem großen Fluss Maas, der mitten durch die Stadt fließt, und dem kleinen Flüsschen Urt mit Quelle im nahen Waldgebirge der Ardennen. Das erste Ziel für einen Spaziergang im Stadtzentrum: die schön restaurierte Altstadt. Und Kirchen, die seit 1000 Jahren existieren und in ihrer frühen Phase von Bränden zerstört wurden. Ihre heutigen Gemäuer wurden prachtvoll im Mittelalter wieder aufgebaut; so die Stiftskirche Sainte-Croix, gegründet 979, und die Cathédrale Saint Paul auch aus dem 10. Jahrhundert. Zu den Kirchen gesellt sich der bombastische Fürstbischöfliche Palast am Place Saint-Lambert, ist in seiner Urform auch 1000 Jahre alt und hat einen beeindruckenden Innenhof mit Arkadengalerie.

Frankophiler Touch und lange Geschichte

Das heutige Bauwerk entstammt dem 16. und 18. Jahrhundert und muss renoviert werden. Die gute Nachricht: Bald soll mit der millionenschweren Restaurierung der Fassaden begonnen werden. Und dann die Zitadelle von Lüttich. Lange mussten sich die Wahrzeichen den Himmel mit den Schloten von Stahlwerken und mit gesichtslosen Hochhäusern teilen. Inzwischen gehört die Schwerindustrie der Vergangenheit an. Stattdessen grüne Auen an den Flussufern, Museen wie das La Boverie, das mit dem Louvre kooperiert, sowie Universität und Oper – letztere geschmückt mit dem Zusatz „Royal“ – Königlich.

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Sterne am Himmel von Lüttich

Was das alles mit Maigret, dem berühmten Kommissar, zu tun hat: Den schuf Georges Simenon, verewigte ihn in 75 Romanen. Simenon ist in Lüttich geboren, wuchs hier auf und arbeitete vor Ort als Journalist, bevor er als Romancier, vor allem als Krimiautor, reüssierte. Mit Maigret gelang Simenon eine Figur in millionenfach gelesenen Büchern und als Star von zig TV-Serien und zig Kinofilmen. In diesem Frühjahr jährt sich am 12. Februar der Geburtstag des Krimiautors zum 120. Mal. Das feiert seine Geburtsstadt vom 8. bis 11. März mit dem Festival „Le Printemps Simenon“.

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Festival im März – zu Ehren von Maigret-Erfinder Georges Simenon

Und steht damit nicht allein. Die Filmindustrie gedenkt seiner ebenso: Im März kommt der neueste Maigret-Film in die Kinos – als Kommissar kein geringerer als Weltstar Gérard Depardieu. Ob auch er diesen Maigret so spielt, wie hinlänglich bekannt: grübelnd und wortkarg und immer mit Pfeife in der Hand – wie sein Schöpfer, der auch Pfeifenraucher war.

In  Lüttich geht schon ohne die Feiern jetzt zum 120. Geburtstag kein Weg vorbei am berühmten Bürger, der als einer der größten französischsprachigen Autoren gilt. Eine Straße ist nach Georges Simenon benannt und eine Jugendherberge am Place de l’Yser im Stadtviertel Outremeuse. Das liegt zwischen zwei Flussarmen der Maas, Simenon wuchs in Outremeuse auf. Nahe Place Saint-Lambert hinter dem Rathaus findet sich eine Bronzestatur von Simenon – auf einer Bank sitzend mit Pfeife in der Hand. Wer verweilen möchte, setzt sich neben ihn. Dann seine Büste am Place du Congrès.

120. Geburtstag der Krimi-Legende aus Lüttich

Der Erkundung auf höherer intellektueller Ebene geht die Universität Lüttich nach durch den Simenon-Fonds, der von Simenon.tm, dem Lizenzunternehmen der Familie, unterstützt wird. Das Unternehmen führt John Simenon, der Sohn des Autors. Die Uni führt das umfangreiche Archiv zum Werk des Schriftstellers. Beide – Unternehmen und Fonds – zeichnen mit der Stadt Lüttich auch verantwortlich fürs umfängliche Festival-Programm im März. John Simenon: „Es ist die erste enge Zusammenarbeit zwischen zwei meist voneinander getrennten Welten, die sich um dieses einzigartige Werk und seinen Autor drehen – die des Managements und die der Forschung.“

Statur des Georges Simenon - Place du Commissaire Maigret Foto WBT J.P.Remy-Liège
Ein großer Bürger der Stadt – Lüttich feiert Georges Simenon nicht nur mit einer Statur am Place du Commissaire Maigret Foto WBT J.P.Remy-Liège

Einen unkomplizierten Überblick über das Leben und Wirken des Schriftstellers in Lüttich ermöglicht schon seit einigen Jahren ein spezieller Simenon-Rundgang. Er führt auf 3,4 Kilometer auf beiden Seiten der Maas durch Lüttich, eröffnet Fremden zudem sozusagen im Vorbeigehen Facetten der Stadt, die ihnen sonst unentdeckt blieben, und ist daher auch eine runde Sache, wenn nicht Krimi- oder Simenon-Fan. Eigens zum Fest mit Festival wurde der Rundgang mit 20 Stationen mit neuen modernen Info-Tools sprich QR-Codes und VR-Virtual Reality-Präsentationen bestückt.

Künstlertreff im Kabuff

Auf dem Rundgang geht es auch hinein in einen kleinen Raum am Ende einer Sackgasse, der Rue des Ecoliers 13. In den 1920 Jahren trafen sich hier Künstler, Intellektuelle und Anarchisten, so auch Georges Simenon. Der Raum hieß La Caque, war sichtlich nicht mehr als ein Kabuff in einem von Handwerkern genutzten Hof. Überliefert ist, dass beim Licht einer Öllampe getrunken, geraucht und anderes Lasterhaftes mehr getan wurde. So gab es der Autor selbst zum Besten. In dieser Zeit kam ein Künstler nach einer exzessiven Nacht im La Caque durch Selbstmord zu Tode, wurde erhängt aufgefunden am Türklopfer der Kirche Saint Pholien.

Auftakt für 75 Bücher mit Kommissar Maigret

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Georges Simenon kommt daher wie sein Kommissar Maigret Foto Victor-dinitz-c-simenon-tm-collection-fonds

Georges Simenon hatte laut Erzählungen wie andere auch den Abend noch mit dem Verstorbenen im La Caque verbracht. Später führte der Schriftsteller den Todesfall ein in seinen Roman „Maigret und der Gehängte von Saint Pholien“. Das Buch bildete 1931 mit einem weiteren namens „Maigret und der verstorbene Monsieur Gallet“ den Auftakt zum Maigret-Oeuvre. Georges Simenon hat denn auch die Kulisse von Lüttich öfter für seine Maigret-Werke genutzt, bezog Erlebnisse, Ereignisse und Atmosphäre vor Ort ein – da sind sich Simenon-Experten einig. Dass sie sich mit der Fragestellung beschäftigen: Kommissar Maigret geht “offiziell” in Paris auf Verbrecherjagd.

Wichtige Websites und weitere Info:

Zum Festival: www.printemps-simenon.com; zum Rundgang: https://visitwallonia.de/de/content/spaziergang-auf-den-spuren-von-georges-simenon-visitez-liege; zur Wallonie: https://visitwallonia.de

Hotel- und Restauranttipp – jeweils mit Bezug zu Simenon: Mitten in Lüttich wartet das Boutiquehotel Neuvice mit zwölf Gästezimmern – in zentraler Lage nahe Lütticher Rathaus und Simenon-Rundgang https://hotelneuvice.be. Und die alteingesessene Taverne Tchantchès et Nanesse: Sie residiert in Gebäude und Umfeld wie aus dem 16. Jahrhundert im früheren Arbeiterviertel Outremeuse, in dem der Maigret-Schöpfer aufwuchs, und verleiht Preise an Kunstschaffende. Simenon erhielt 1986 einen Ehrenpreis – und sagte selbst, das sei der einzige Preis, den er je annahm https://taverne-tchantches.be

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