Große Treppe Foto Paleis Het Loo

Paleis Het Loo – Alte Pracht im neuen Glanz

Nach vier Jahren Sanierung und Restaurierung hat das Palast-Museum ab sofort wieder geöffnet. Und ist ein noch spannenderer Zeitzeuge, wie die niederländische Königsfamilie van Oranje ihren Landsitz genoss – für mehr als 300 Jahre.

Die Adresse ist königlich: Paleis Het Loo, Paleispark 1, Apeldoorn. Der einstige Palast liegt 90 Kilometer östlich von Amsterdam, findet sich quasi in jedem Reiseführer. Ebenfalls aufgeführt ist die Veluwe, der Naturpark mit Wäldern und Dünen, in dem das Paleis Het Loo liegt. Die Stadt Apeldoorn aber taucht in manchen Reiseführern nicht mal im Register auf, siehe etwa der neueste englischsprachige Lonely Planet „The Netherlands“. What a pity. – Ebenso schade, dass auch die Info fehlt, dass der einst königliche Palast wieder geöffnet hat. Der Prachtbau ist seit 1984 Museum, war seit Januar 2018 geschlossen, wurde saniert und restauriert. Räumlichkeiten wurden sogar rekonstruiert, im Kellergewölbe Nutzflächen ergänzt – in toto 123 Mio. Euro investiert. Dabei wurde für die Besichtigung ein neues Konzept realisiert – „damit optimieren wir den Palast in seiner Funktion als Museum“, so George Sanders, der Kurator des Paleis Het Loo.

Landsitz der Royals seit 1692

Seit 15. April ist das Paleis der Königsfamilie Oranien wieder für jedermann offen und zeigt seine Historie als Landsitz im neuen Glanz – auf einer Zeitschiene von gut 300 Jahren. Von außen beeindruckt sein eher doch schnörkelloser Bau; seine Ziergärten aber sind Barock pur und ihr Blütenmeer einfach üppig gerade jetzt auch im Frühling. Sein Interieur: Opulenz aus Barock und Rokoko, Empire und Romantik. Der Palast mitten im Grünen war ab 1692 Freizeitdomizil derer van Oranje. Seinen Grundstein legten Willem III. van Oranje, einst Statthalter der Niederlande und späterer König von England, Schottland und Irland, und seine Gattin Mary II.. Willem hatte das Land für den Paleis Het Loo 1684 gekauft; ein Jahr später hatten die Bauarbeiten begonnen, 1692 waren sie beendet.

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Barocke Pracht und 300 Jahre Oranier-Historie Foto Paleis Het Loo

Das Gebäude steht seither für Pracht und Macht, obschon nicht der königliche Arbeitsplatz; der ist offiziell im Palast Noordeinde in Den Haag. Einzig Wilhelmina – Königin der Niederlande von 1890 bis 1948 und Urgroßmutter des heutigen Königs Willem-Alexander – lebte und arbeitete im Paleis Het Loo, starb hier im Herbst 1962 und war in der Kapelle im Palast aufgebahrt. Ihr Arbeitszimmer ist von eleganter Opulenz und ebenfalls aufpoliert. Wie fast alles im Haus.

Königin Wilheminas Malzimmer im neuen Glanz Foto Paleis Het
Königin Wilheminas Malzimmer im neuen Glanz Foto Paleis Het Loo

Schön aufpolierte Opulenz

Denn in der vier Jahre dauernden Generalüberholung wurden Böden, Decken und Wände saniert, jahrhundertealtes Mobiliar restauriert, das Gold an Säulen und Wänden wieder in früheren Glanz versetzt, wie im Speisezimmer zu bewundern an seinen dicken Säulen, genauso die schweren Lüster und Leuchten in den Arbeits- und Schlafzimmern. Antike Teppiche wurden überholt bzw. wieder an ihrem alten Platz ausgelegt.

Speisezimmer im Paleis Het Loo Foto Ulrike Wirtz.jpg
Güldene Pracht im Speisezimmer Foto Ulrike Wirtz

Manche hätten zuvor lange Zeit in speziellen Depots geschlummert, sagt Kurator Sanders: „Sie wurden gereinigt und restauriert. Dafür braucht es traditionelle Handwerkskunst, um zum Beispiel bei den antiken Teppichen die Originalfarben wieder hinzubekommen. Überall war spezielle Expertise nötig, ob bei den Möbeln, den Stuckarbeiten, den Böden oder den Wandmalereien.“

Oder die Fensterrahmen. „Wir haben sieben Farbschichten gefunden, dann das Original erarbeitet und wieder hergestellt“ (Sanders). Überdies wurden Bausünden neuerer Zeiten bereinigt, gerade auch durch die Beseitigung von Asbest, der zum Beispiel bei nachträglich eingezogenen Zwischenwänden und –decken verwendet worden war.

Lustbarkeiten mitten im Grünen

Zurück zu den schönen Dingen im Palast. Beim Gang durch die Räume fällt kostbares Porzellan ins Auge – vorzugsweise auch aus Asien. Gemälde schmücken die Wände einzelner Räume und Flure und einer langen Galerie. Kurator Sanders: „Hier hängen nun auch Gemälde, die wir extra hierher geholt haben, weil sie aus den Zeiten von Paleis Het Loo stammen.”

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Gemäldegalerie – und mehr alte Meister Foto Paleis Het Loo

An den Wänden eines Treppenhauses fallen die vielen Jagdtrophäen von kleinen bis großen Hirschgeweihen auf: die Ausbeute königlicher Jagden in den Wäldern der Veluwe gleich vor der Haustür. Zu den Jägern und Trophäensammlern gehörten dereinst König Wilhelm III., der Vater von Königin Wilhelmina, ebenso ihr Gatte Heinrich zu Mecklenburg, genannt Prinz Henrik der Niederlande und einer der diversen deutschen Prinzgemahle im Königshaus Oranje.

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Jagdzimmer von Prinz Henrik – offensichtlich viel Zeit zum Jagen Foto Ulrike Wirtz

Von besagtem Henrik ist ein Jagdzimmer zu sehen, dessen Wände mit Geweihen sozusagen gepflastert sind. Jagen war sichtlich eine seiner Passionen, das Revier vor der Tür ideal dafür – damals wie heute.

Spannender Fokus auf zwei wichtige Epochen

Gewissen Freizeit-Lustbarkeiten gehen die Royals immer noch in Apeldoorn nach – weilen dann aber seit den 1970er Jahren nicht mehr im Paleis Het Loo, sondern nebenan im mittelalterlichen Kasteel Het Oude Loo: erstmals erwähnt 1439 und im Besitz der Oranier seit 1684, als Willem III. das Gelände samt Kasteel erwarb und in Nachbarschaft zum Kasteel seinen Paleis Het Loo errichten ließ. „Wenn die Royals heute hierher kommen – wann sie kommen, wie lange sie kommen -, ist das rein privat“, so Sanders. Öffentlich wurde via Medien am 21. März jedoch folgendes: König Willem-Alexander ließ verkünden, dass er das Kasteel Het Oude Loo vorerst als Unterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine bereitstellt.

Und wieder zurück zum Palast-Museum. Neu ist auch die Art und Weise, es zu erkunden. Dafür haben die Verantwortlichen das Paleis Het Loo entlang zweier Epochen königlicher Nutzung rekonstruiert, also baulich angepasst und entsprechend zwei Routen durchs Haus erstellt, unter denen Besucher wählen können. Beide Routen sind durch fortlaufende Nummerierung der Räumlichkeiten und Markierungen auf dem Boden übersichtlich gestaltet.

Routen Ost und West

Da ist zum einen die Route Ost: die Epoche Willem III., sprich 17. Jahrhundert. Zum anderen die Route West: die Epoche Wilhelmina sprich 19./20. Jahrhundert. Rekonstruktion bzw. bauliche Anpassungen bedeutet angesichts der zwei Routen laut Sanders konkret: „Wir haben das frühere Apartmentsystem innerhalb des Palastes wieder hergestellt.“ Das heißt: Die Apartments bestehen aus Schlafzimmer und Ankleidezimmer, Bad, zudem Salons auch zum Antichambrieren quasi für jedermann. “Und zusätzlich gab es kleine Kabinette, in die nur engste Freunde kamen.“

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Wie man sich bettet – Schlafzimmer einer Königin im Paleis Het Loo Foto Ulrike Wirtz

Königliches Wachstum

So gehen Besucher von Raum zu Raum der jeweiligen Route und bekommen per Audio die Informationen übers königliche Leben vor Ort. So geht es auch zum Kinderzimmer der späteren Königin Juliana, die Großmutter des heutigen Königs. Etwas verblasst, aber nicht sichtbar: die Striche und Zahlen in kleiner Schrift am Türrahmen – auch Königs halten so sichtlich das Wachstum ihrer Kids fest. Gegen Ende der Route West sticht ein Raum hervor, da völlig befreit von barocker Opulenz und stattdessen dezent-elegant möbliert im typischen Stil der 1950/1960er Jahre. Golddekor fehlt völlig, stattdessen Wandmalereien mit viel Natur und einige wenige Jagdtrophäen an der Wand.

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Schlichte Eleganz für Prinzgemahl Bernhard Foto Ulrike Wirtz

Ins Auge fällt auch ein Telefon mit Drehscheibe, ältere Jahrgänge erkennen den Vorgänger von Tastentelefonen und Handys. Das ist das Zimmer von Prinz Bernhard, dem Prinz-Gemahl von Königin Juliana und Opa des heutigen Königs. Bernhard ließ es so einrichten, nutzte es als sein Büro und traf sich hier auch mit Freunden. Kurator Sanders: “Auch er stammte aus Deutschland.”

2032 Offizielles Opening

Und wann kommt die offizielle Eröffnung? „2023 – wenn alles fertig ist“, so Sanders und verweist nach draußen, wo Hauptzufahrt und Hauptzugang zum Palast wieder hübsch hergerichtet sind, nachdem von Bauarbeiten und Baufahrzeugen malträtiert. „Und drinnen tut sich noch einiges in den Kellergewölben“ – und ist noch Teil des 123 Mio. Euro teuren Investment.

Paleis Het Loo Foto Paleis Het Loo Rob Voss Fotografie
Paleis Het Loo in ganzer Pracht – royaler Landsitz ab 1692 Foto Rob Voss

Hier entstehen nämlich noch 5.000 Quadratmeter Nutzfläche – unter anderem für die Ausstellung von Objekten, die sich bei Tiefbauarbeiten und Ausgrabungen rund um Paleis Het Loo und Kasteel Het Oude Loo gefunden haben. Ein Jugendpaleis mit Interaktivtäten ist noch in Arbeit. Und wenn nächstes Jahr alles fertig ist, wer weiß, vielleicht gibt sich dann König Willem-Alexander die Ehre – vielleicht sogar ganz offiziell. 

Websites und weitere Info:

Das Paleis Het Loo präsentiert sich seit 15. April – nach vierjähriger Restaurierung und Sanierung – generalüberholt. Und der Palast lässt sich besser erkunden – per Besichtigung als Audiotour auf den zwei Routen Ost bzw. West. Sie sind geeignet ab zwölf Jahren und zu hören über moderne Technik oder Gratis-App auf dem eigenen Handy. Zudem gibt es eine speziell für Kinder ab sieben Jahre aufgelegte Route West.

Die barocken Gärten und die Nebengebäude, sprich Café etc. waren während der Arbeiten im Palast geöffnet. Beides, also Gemäuer und Gärten, sind nun wieder offen: Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr. Tickets für die jeweilige Route vorab im Internet zu buchen.

Entfernung im Auto zum Paleis Het Loo und Apeldoorn: etwa ab Düsseldorf rd. 160 Kilometer; ab Hamburg 380; ab Stuttgart 550. https://paleishetloo.nl/de; www.holland.com/de

Der Ausflug zum Palais Het Loo lässt sich gut kombinieren, etwa mit einem Spaziergang durch den Naturpark der Veluwe und einem Bummel durch das idyllische Apeldoorn mit Altstadt und schönen Parks. www.uitinapeldoorn.nl; www.vvvapeldoorn.nl.

Tipp zum Übernachten in Apeldoorn: das Boutique-Hotel Zenzez Hotel & Lounge im Jugendstilgebäude nahe Oranjepark – ruhig gelegen und doch zentral; Gastgeberin Petra Bangma macht ein 1a-Frühstück www.zenzezhotelandlounge.nl.

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