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US-Staat Louisiana – Die zwei Seiten einer Ära

Louisianas Nordosten war im 18./19. Jahrhundert ein Zentrum der Großplantagen und der Sklaverei durch deren Eigentümer. Geblieben sind Herrenhäuser und andere Orte, die heute an das Schöne der Ära erinnern, aber auch ihrer Schrecken gedenken. Für die Pflege dieses Erbes stehen staatliche Initiativen ein, aber Privatleute engagieren sich ebenfalls. Alle Fotos Ulrike Wirtz.

Road-Map – Navigation fürs Auto:
1. Ziel – Greenwood Plantation, 6838 Highland Road in St. Francisville: ab New Orleans 202 Kilometer die Interstate (IS) 10 West, dann IS 110, dann Scenic Highway (HW) 61 North
2. Ziel Frogmore Plantation, 11656 HW 84 in Jonesville nahe Ferriday:  ab Greenwood Plantation 135 Kilometer den HW 61 North, dann HW 84 West
3. Ziel Delta Music Museum, 218 Louisiana Ave in Ferriday: ab Frogmore Plantation neun Kilometer den HW 84
4. Ziel Afton Villa Gardens, 9247 HW 61 in St. Francisville: ab Greenwood Plantation 20 Kilometer den HW 968
5. Ziel Myrtles Plantation, 7747 HW 61 in St. Francisville: ab Afton Villa Gardens fünf Kilometer den HW 61
6. Ziel Greenwood Plantation, 6838 Highland Road in St. Francisville: ab Myrtles Plantation 22 Kilometer den HW 61

Filmreifer Auftritt auf der Greenwood Plantation

Anblick und Areal sind filmreif: Zwei Pferde trotten unter hohen Eichen durch einen Park, passieren einen Teich und nehmen Kurs auf eine Terrasse. Die gehört zum kleinen, feinen Greenwood Plantation Bed&Breakfast. Sie liegt nahe dem Ort St. Francisville, gegründet anno 1809 im Nordosten von Louisiana. Nicht zu verwechseln mit der Butler Greenwood Plantation auch in der Gegend. Hier verläuft der US-Highway (HW) 61 – Great River Road genannt, weil sie am großen Mississippi vorbeiführt. Es ist früher Morgen, die Sonne scheint, auf der Terrasse des B&B sitzen einige der wenigen Gäste. Die Reiter halten ihre Pferde an, stellen sich vor: „Hi. I‘ m Hal Pilcher.“ Er ist der ältere mit dem weißen Westernhut. „Und das ist mein Sohn Jonathan.“ Er zeigt auf den deutlich jüngeren mit der schwarzen Nike-Baseball-Cap. Zur Familie gehört noch Gattin bzw. Mutter Julie. Hal: „Ihr trefft sie, wenn Ihr eine Tour durch unser Haus macht. Sie ist euer Guide.”

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Seit 2016 Hausherrin auf Greenwood – Julie Pilcher
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Gatte Hal Pilcher und Sohn Jonathan – beim morgendlichen Ausritt auf Greenwood

Den drei Pilchers gehört das Land, über das Vater und Sohn reiten, weitere Hektar Ländereien, B&B und Herrenhaus – das „Mansion“, wie Amerikaner sagen. Das auf Greenwood ist einige hundert Meter entfernt vom B&B und ein Prachtbau in Weiß mit Säulen. „Es sind 28“, sagt Hal. „Säulen sind typisch für die Greek Revival-Architektur. Die war 1830, als das Haus erbaut wurde, angesagt.“

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Als ob Vater und Sohn die Pracht ihres Mansion betonen wollen, haben sie ihre Pferde so gestoppt, dass das Haus ins Blickfeld hinter ihnen rückt. Davor in der Blickachse der Teich, dessen dunkles ruhiges Wasser das weiße Haus kitschig-schön widerspiegelt. „Das Motiv solltest Du nicht verpassen. Es ist magisch, oder“, fragt Hal eher rhetorisch. „Unser Areal war deshalb sogar schon in Hollywood-Filmen als Kulisse zu bewundern.“ Und zählt Filme auf: Drango, North & South (deutscher Titel: Fackeln im Sturm), Sister Sister oder Louisiana. Filme also, die wie Drango oder North & South zur Ära der großen Plantagen und der Sklaverei in den Südstaaten spielen. Darunter die Staaten in direkter Nachbarschaft zu Louisiana; nämlich Mississippi – direkter Nachbar im Osten – sowie Texas – Nachbar im Westen – und Arkansas im Norden. Hal fährt dort: „Julie erzählt Euch nachher mehr zu den Filmen.“

Die Pilchers gehören zu denjenigen, die sich privat für das Erinnern an die Ära der großen Plantagen in Louisiana engagieren – mit ihrer schönen und ihrer anderen Seite: der Sklaverei, der erst ein Bürgerkrieg – der Civil War 1861 bis 1865 – ein Ende machte. Für diese Ära wird im Deep South oft der Begriff  Ante Bellum aus dem Lateinischen verwendet, etwa wenn die Locals von ihren Ante Bellum Mansions sprechen.

Engagiertes Erinnern…

Louisiana, seine Nachbarn und weitere Südstaaten der USA stehen im 18./19. Jahrhundert für Händler, die Menschen aus Afrika verschleppten, und Plantagenbesitzer, die diese Menschen kauften, sie als Sklaven für sich arbeiten ließen und immer mehr Vermögen anhäuften. Auch dafür stehen heute ihren Herrenhäuser. Wohin die Schande der Sklaverei im 19. Jahrhundert führte: Obschon sie die USA schon gänzlich verboten hatte, wollten die Südstaaten sie noch ausbauen und taten sich daher als Konföderierte Staaten zusammen. Das nahmen die Nordstaaten, die Union, als Gegner der Sklaverei nicht hin. Es kam zum Civil War. Die Nordstaaten siegten, beendeten die Sklaverei final. Durch den Kriegszoll und ohne Sklaven gingen Plantagen Pleite. Etliche der alten Besitzer verschwanden, neue kamen.

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Greenwood war Kulisse von Hollywood-Filmen auch zu Sklaverei und Bürgerkrieg Fotorechte Alamy

Die Bürgerkriegs-Historie zieht heute mahnendes Gedenken an Orten des Erinnerns nach sich in Louisiana State, gerade auch jenseits seiner Metropole New Orleans und Baton Rouge, Louisianas Hauptstadt. Solche Orte finden sich gerade auch hier im nordöstlichen Binnenland rund um und in St. Francisville bis nach Ferriday, Städtchen eine gute Auto-Stunde nördlich. Denn im Gebiet rund um die beiden Gemeinden bildet der Mississippi River heute nicht nur die Grenze zwischen Mississippi State und Louisiana State. In der Ära vor dem Civil War sorgte der Fluss vielmehr mit dafür, dass große Plantagen hier hohe Nachfrage nach Sklaven entwickelten. Die für die Baumwoll- und Zuckerrohrzucht nötigen guten Böden wies das Gebiet auch vor.


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Noch dazu war die Region der erste Siedler-Korridor der ersten Europäer im hiesigen Süden gewesen, nämlich der Franzosen. Die zogen ob der guten Bedingungen nicht weiter und wurden sesshaft. Als Hauptort wuchs peu á peu St. Francisville heran, da seine Lage am Mississippi ideal war als Hafen. Hier konnten Menschen an- und abreisen und Güter aller Art umgeschlagen werden; samt der „Ware“ aus Afrika: Sklaven zu Tausenden, die vom Meer über den Mississippi hierher verschifft wurden.

…mit staatlichen Markern und ohne

In Memoriam gibt es von staatlicher Seite im nordöstlichen Binnenland Museen wie das Northeast Louisiana Delta African American Heritage Museum in Monroe. Es gibt Plantagen unter staatlicher Kuratel, die als Historic Sites ihre Tore öffnen wie etwa die Rosedown State Historic Site in St. Francisville. Es gibt einen offiziellen African American Heritage Trail, der zu 38 Gedenkorten quer durch Louisiana führt. Die Orte sind an Markern draußen zu erkennen und auf Listen im Internet versammelt. Zum Trail gehören im einstigen Zentrum von Plantagen und Sklaverei unter anderem die zwei oben genannten: Museum und Rosedown. Einen Marker hat auch die Audubon State Historic Site in St. Francisville, erbaut 1815 als Oakley Plantation. 1821 kam der noch nicht berühmte Naturkundler John James Audubon her, um die Tochter des Hauses im Zeichnen zu unterrichten. In der Zeit malte Audubon 32 seiner berühmten Vogel-Motive und zog weiter. Heute fällt sein Ruhm auch aufs alte Herrenhaus, das samt zwei Sklavenhütten und Park erhalten blieb.

Moderne Arbeit und altes Erbe auf der Frogmore Plantation

Einer der Orte, wo Privatleute sich fürs Erinnern engagieren, ist die Frogmore Plantation & Gins von anno 1815 in Ferriday am HW 84. Frogmore gehört heute der Familie Tanner und nicht mehr den Gillespies wie vor, während und nach dem Civil War. In erster Linie bauen die Tanners Baumwolle an wie einst, Sojabohnen und Mais. Zusätzlich unterhält die Familie auf ihrem Gelände ein Freilichtmuseum, das jedem offensteht – für selbstgeführte Touren oder mit Guide. Damit hat Frogmore ein Alleinstellungsmerkmal: „Wir sind weit und breit die einzige arbeitende Plantage, die ihr Areal wie ein Museum zur Besichtigung öffnet“, sagt Lynette Tanner, die Seniorchefin der Plantage, die auch selbst Touren macht – so wie die heutige. „Wir haben Frogmore vor etlichen Jahren gekauft.“

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Frogmore-Eigentümerin Lynette erklärt die Arbeit heute und früher auf ihrer Plantage

Wir – das seien sie und ihr 2019 verstorbener Gatte George. “Die Plantage führt nun die nächste Tanner-Generation. Ich verpachte ihnen das Land, berate sie und widme mich der alten Ära.“ Zur Vergangenheit hat Lynette sogar ein Buch verfasst: „Die schlimme Zeit der Sklaverei und das Erbe der Zeit dürfen nicht vergessen werden, auch nicht hier auf Frogmore.“ Dem diene es auch, dass die Plantage einen Marker des African American Heritage Trail hat, sagt sie ernst, der Erinnerung an diese Zeiten angemessen.

Fährt fort – nun lächelnd: „Von den Touren weiß ich, dass Besucher ohne Vorkenntnisse zum Baumwollanbau das Wort Gin im Namen irritiert.“ Die Antwort schiebt sie gleich hinterher: „Nichts Alkoholisches. In der Gin werden die geernteten Baumwollbällchen von ihren Körnern befreit.“ Das laufe inzwischen elektrifiziert und computerisiert. „Zu Zeiten der Gillespies wurde mühsam von Hand entkörnt. Das war Sklavenarbeit. Rund 180 Sklaven hatten sie auf Frogmore.“ Zur modernen Gin geht es später im Auto, zur alten Gin gleich zu Fuß, zeigt Guide Lynette auf die alte Holzscheune hinter einer Schar verwitterter Holzhäuschen. „Nach dem Bürgerkrieg kamen Dampfmaschinen zum Betrieb der Gin auf. Auch Frogmore bekam eine. Die sehen wir gleich.“

Zuvor sind die Holzhäuschen an der Reihe, die sich über eine kurz gemähte Rasenfläche verteilen. Lynette: „Unser Freilichtmuseum. Es sind 19 Häuschen. Sie datieren von 1790 bis 1900. Vieles geht in der Region auf die Franzosen zurück, sie waren die ersten europäischen Siedler. Sie brachten die Baumwolle mit, ihr Rechtssystem und die Sprache. Ihr habt sicher manche Einheimische Französisch miteinander sprechen hören. Das ist noch üblich“. Die ganz kleinen Häuschen seien von vor dem Bürgerkrieg – sie nennt sie „Ante Bellum Cabins“ – und seien daran erkennbar, dass sie eigentlich nur Hütten seien. „Trotzdem wohnten mehrere Sklaven-Familien drin.“ Der Blick hinein zeigt: Sie sind mini, die Möbel einfach.

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Frogmore betreibt Landwirtschaft und ein Museum zur Ära vor und nach dem Bürgerkrieg

Angesichts der Hütten nimmt die Pracht der Herrenhäuser fast unanständig zu. Lynette: „Aber unser Mansion auf Frogmore ist bescheidener. Es ist nicht mehr das Original, das brannte 2019 nieder. Unser neues Zuhause war bis 2019 das Herrenhaus einer Plantage in Natchez. – Da staunt Ihr.“ Klar – das Städtchen liegt jenseits des Mississippi in Mississippi State. Von dort ließen die Tanners das Haus nach Ferriday verfrachten, es restaurieren und einen Flügel anbauen. Es ist wie das einstige auf Frogmore Ante Bellum und in der Tat wenig imposant, was auf der Fahrt dorthin direkt auffällt, nicht nur weil ihm üppige Säulen fehlen. „Der Greek Revival-Stil mit Säulen außen und manchmal innen kam im Deep South erst 1830/1840 richtig in Mode. Unser Haus war ja schon 1829 fertig“ (Lynette). Innen ist es im geschmackvollen Mix von Altem und Neuem eingerichtet – alles ist gediegen.

Musikalisches Erbe im Delta Music Museum

In Ferriday wartet ein weiteres Ziel auf dem African American Heritage Trail und wird als private Kooperative geführt. Nämlich das Delta Music Museum und seine Hall of Fame. Es widmet sich dem Kulturgut Musik im Mississippi Delta, nicht zu verwechseln mit dem Fluss-Delta weiter südlich in Louisiana. Was wäre die heutige Musik ohne den musikalischen Einfluss der African Americans hier vor Ort – und überhaupt auf der ganzen Welt. Man denke an Rhythm & Blues, Gospel, Jazz, Beat und Soul. Das Museum scheint sich fast im kleinen gepflegten Klinkerbau zu verstecken, fällt nur durch das schwarze Schild ins Auge, das es auf dem Rasen davor ankündigt. Der äußerliche Aufwand ist also vergleichsweise gering. Aber innen zeigt sich: Das Delta Music Museum feiert fein kuratiert Musiker, die in der Region geboren und/oder aufgetreten sind.

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T-Shirt weist den Weg zum kleinen, feinen Delta Music Museum in Ferriday, Louisiana

Dafür geht neben anderen Shaun Davis – betitelt als Tourism Information Counselor – engagiert zur Sache. Seine Begeisterung wird klar, als Shaun international bekannte Namen aufzählt, denen sich das Museum wegen ihres Bezugs zur Region widmet,  Stars, deren Ahnen African Americans waren: Fats Domino, Percy Sledge, Aaron Neville, Irma Thomas. Stars, die – obschon weltberühmt – manche Diskriminierung erfahren mussten, zumal die Rassentrennung nach dem Bürgerkrieg noch lange galt und weitere Kämpfe zu deren Überwindung nötig waren. Doch zurück ins Musik-Museum in Ferriday. „Weiß“ sind drei auch im Museum gefeierte Cousins aus Ferriday, auch davon einer weltberühmt: Jerry Lee Lewis, Pianospieler des Rockabilly und Country. Zwei seiner Welthits sind Ohrwürmer: Great Balls of Fire sowie Whole Lotta Shakin‘ Goin‘ on. Shaun: “Wie wäre seine Musik geworden, hätte er nicht auch die schwarze Musik gehört, die lange schon zu seiner Heimat gehörte. Damit ist er wie andere hier aufgewachsen.“

Delta Music Museum Ferriday; Weltstar B.B.King kommt aus der Kleinstadt in Louisiana Foto-Ulrike Wirtz_7644.JPG
Weltstar B. B. King im Delta Music Museum – er stammt aus Ferriday und wurde vom Musik-Erbe der African Americans im Delta mitgeprägt

Was hatte Lynette noch erzählt: „Die Sklaven verständigten sich untereinander oftmals durch Gesang. Damit fielen sie bei ihren Aufsehern nicht auf.“ Von alten Südstaaten-Rhythmen wurde auch Cousin Mickey Gilley mit geprägt und brachte es als Country-Star auf über 30 Hits in der Top-40-Liste. Dritter Cousin im Bunde ist Jimmy Swaggert, ein in USA berühmter TV-Prediger. Da ist es wieder interessanter, dass das Delta Music Museum den einzigen Marker des Mississippi Blues Trails in Louisiana trägt. Shaun: „Den bekamen wir wegen unseres Hall-of-Fame-Mitglieds William Haney. Der hatte nämlich 1950/1960 in Ferriday das Musiklokal Haney’s Big House und holte berühmte Gigs zum Spielen her.“ Spätere Musikikonen wie B.B. King, Ray Charles und Little Richard, um nur einige zu nennen. „Das Lokal ist lange abgebrannt. Nun bieten wir Events mit Live Musik im Museum an und im Arcade Theater nebenan.“  

Auferstanden aus Ruinen – Afton Villa Gardens

Zurück nach zum Ort St. Francisville, dessen Namen im frühe Siedler Ende 18./Anfang 19. Jahrhundert gaben. Durch privates Engagement blieben hier die Afton Villa Gardens, einst angelegt um 1850, erhalten. Der Begriff Garten ist zu wenig, handelt es sich doch um einen Park mit üppiger Gartenanlage voller Azaleen, Geranien und Magnolien, voller Buchshecken und Kirschbäumen. Im Park dürfen die typischen Eichen der Südstaaten nicht fehlen, deren Geäst sich mit Spanish Moss ziert. Garten und Park breiten sich aus über leicht rollende Hügel, schmücken sich mit kleinen Wasserläufen und Teichen. Der Eingang zu den Afton Villa Gardens liegt versteckt in dichtem Grün, wo ein halb verfallenes Wärterhäuschen an den früheren Großgrundbesitz erinnert. Jahrhunderte alte Eichen flankieren den Zugang, als ob sie die Oase abschirmen wollten.

Anders als der Name indiziert, ist die frühere Villa nicht mehr existent, da 1963 abgebrannt. 1849 hatte sie Plantagenbesitzer David Barrow mit 40 Räumen erbauen lassen – als Höhepunkt seiner 12.000 Acres großen Plantage; was knapp 5.000 Hektar entspricht. Vom alten Areal sind nun 250 Acres (gut 100 Hektar) als Afton Villa Gardens erhalten, nachdem der Besitz „Post Bellum“ an wechselnde Eigentümer ging.

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Afton Villa Gardens in St. Francisville – ein Relikt zur schönen Seite der Ante-Bellum-Ära

Nach dem Brand 1963 lag das Areal brach, verwilderte – bis das Ehepaar Genevieve und Morrell Trimble auf den Plan kamen, es kauften und die frühere grüne Pracht auferstehen ließen. Dagegen baute das Paar die Villa nicht wieder auf, ließ stattdessen das bescheidene Pool-Haus zu seinem Zuhause ummodeln. Bei Park und Garten ging den Trimbles Neil G. Odenwald zur Hand, Landschaftsarchitekt, Hochschulprofessor seiner Zunft bei der Mississippi State University und Erforscher der typischen heimischen Blumenwelt. „Die Trimbles wollten verhindern, dass das Land Spekulationsobjekt für Projektentwickler wurde, die alles zubetonierten. Sie wollten den kunstvollen Garten und Park wiederbeleben. Das ist ihnen gelungen“, betont Devan Corbello von der staatlichen Tourismusorganisation des West Feliciana Parish. Dafür habe sich das Paar gemeinsam bis zum Tod des Gatten engagiert. “Danach tat es Genevieve allein.“ Bis sie 102-jährig im September 2023 verstarb.

Spukende Geister in The Myrtles Plantation

In Privathand liegt auch The Myrtles Plantation und widmet sich anderen Geschäften als zur Anfangszeit der Plantage. Damals gehörten Herrenhaus und Land den Sterlings. Dann wechselten mehrfach die Eigentümer, bis diverse Erben die Ländereien aufteilten. Das Anwesen heute besteht aus dem Mansion mit Originalteilen vom Ende des 18. Jahrhunderts und von 1836, plus Anbauten und Cottages aus jüngerer Zeit plus Garten. Besitzer ist nun die Familie Moss und führt hier ein Hotel mit 21 Gästezimmern. Hinzu kommen Café Elta und Restaurant 1796 mit guter Küche und top bestückter Bar. Zum Besitz führt vom HW 61 eine kurze Allee mit Schildern, die vor Geister-Spuk warnen. Für eine Tour muss man kein Hotel-Gast sein. Ein Tour-Guide ist Sheran. Ihr erstes Thema: ihr historischer Look. „Alles Teil des Jobs“, sagt Sheran und stellt sich als Guide mit Historiker-Ausbildung vor. Sie habe alle Details ihres Outfits selbst zusammengetragen – “Kleid und Look entsprechen dem Stil von rund 1860”.

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Die Myrtle-Plantage und ihr Tour-Guide Sheran; ihr Kleid erinnert an rund 1860
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Angesagt fürs romantische Ja-Wort – der Garten der Myrtles-Plantage; heute Hotel und Gastro-Adresse

Ihr Rock ist ausladend und raschelt. Ihr Haar hüllt Sheran in ein Netz, trägt darüber einen altmodischen Hut und Handschuhe wie die Damen damals. „Sie schützten sich vor Sonne, eine gebräunte Haut war ein No Go im Deep South“, sagt Sheran. Dann erklärt sie die Architektur von 1796. „Unser Restaurant heißt also nach der Jahreszahl. Der Baustil damals war Französisch geprägt und wird heute der alt-kreolische Stil genannt. Typisch dafür waren lange breite Veranden. Hier stehen wir gerade.“ Innen ist das alte Haupthaus voller Antiquitäten, trägt als Wandschmuck französische Tapeten, die laut Sheran 200 Jahre auf dem Buckel haben, hat Kristalllüster, um die kunstvoll Stuck gearbeitet wurde. Alles hatte Stil damals, stilvoll ist im Speisezimmer auch der Tisch eingedeckt, als nähmen die einstigen Bewohner gleich Platz. Das Gefühl verstärkt noch Sheran‘s Look.

Ehe man sich fragen kann, wie auch auf Myrtles die zwei Seiten der Ära zusammengingen, steht die Frage im Raum: Was hat es nun mit dem Spuken auf sich? Sheran: „Dafür gehen wir wieder in die Empfangshalle.“ Und zu einem großen Spiegel an der Wand. Der sieht harmlos aus, etwas matt vielleicht wegen des Alters. „Schon früher, so ist es überliefert, zeigten sich im Spiegel schemenhafte Gesichtszüge einer Frau. Das kommt heute auch vor. Und bei unseren Nachttouren fliegen schon mal Ohrringe durch Räume. Und Schlüssel klimpern.“ Ob’s echter Spuk ist? Wenn nicht, dann Marketing. Sheran hat selbst noch nichts dergleiches gesehen – “ich habe meinen Job auf der Myrtles aber gerade auch erst angefangen”.

Zurück nach Greenwood – eine architektonische Wucht

Die Greenwood-Plantage liegt 25 Kilometer von St. Francisville entfernt und versteckt sich regelrecht in Wald und Wiesen. Dahin führt eine schmale, bei Dunkelheit wenig beleuchtete Straße, geht lange an Zäunen vorbei – bis ein einsames Eisentor kommt und sich auf Anmeldung per Sprechanlage öffnet: das Pilcher-Anwesen mit Park, Mansion und B&B; letzteres zwei Cottages mit zehn Gästezimmern auf zwei Etagen und miteinander verbunden durch einen großen Frühstücksraum sowie Terrasse mit Blick auf Park, Teich und Herrenhaus. Jedes Gästezimmer in der oberen Etage hat noch eine eigene Terrasse mit gleicher Aussicht. Sind die Cottages außen sehr schlicht gehalten, haben die Pilchers sie innen geschmackvoll in dezenter Eleganz möbliert.

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In den Cottages des B&B gefallen schick-gemütliche Gästezimmer

Bis zum Herrenhaus sind es einige Minuten zu Fuß durch den Park. Je näher das Mansion kommt, umso augenfälliger wird seine architektonische Wucht gerade auch wegen seiner 28 Säulen. Auf der Terrasse erwartet Hausherrin Julie ihre Gäste für die Tour. „Wer im B&B wohnt, hat vorhin bestimmt das tolle Spiegelbild im Teich bemerkt.“ Da hätten Bauherr und Architekt sich 1830 was Tolles ausgedacht. Und wie hoch die Säulen seien, fragt nicht nur ein Besucher. „Zehn Meter hoch.“

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Das abgelegene Greenwood öffnet seine Tore mit B&B und Tour durchs sagenhafte Mansion

Aber das heutige Haus ist nicht mehr das Original – „das brannte 1960 nieder. Es blieben nur alle Säulen erhalten und Treppenstufen draußen“, so Julie. Neuer Eigentümer nach dem Brand war Rick Barnes, und der habe das Haus ganz nach dem Original wieder aufbauen lassen. Julie: „Das war großartig. Zumal das Mansion auf Greenwood als bestes Beispiel des Greek Revival-Stil in Louisiana gilt.“ Barnes ließ es auch innen mithilfe alter Bilder wieder so möblieren wie üblich für Plantagenbesitzer der Ära Ante Bellum: “Mit Mobiliar gerade auch aus Europa. Wir sehen gleich die Räume in Parterre. Den 2. Stock bewohnen wir. Den zeigen wir nicht.”

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Schicksalstag 100 Jahre nach dem Bürgerkrieg – 1960 brannte Greenwood nieder; nur seine 28 Säulen und einige Treppenstufen trotzten dem Feuer

Drinnen ist alles edel-elegant möbliert – vieles sei wie früher, so die heutige Hausherrin: “So gut wie alle Möbel sind antik, manche sind Leihgaben auch der Familie Barrow. William Ruffin Barrow war der erste Eigentümer und Gründer der Greenwood Plantage mit seinerzeit 12.000 Acres. Im Jahr 1840 bearbeitete er seine Felder mit rund 275 Sklaven. 2016, also fast 200 Jahre später, haben wir Teile des Areals gekauft. Uns gehören heute 300 Acres.” So erzählt Julie, während sie durch die Eingangshalle führt, danach in einen Damensalon, dann ins Herrenzimmer, weiter zum Speisesaal und wieder zurück in die Halle. „Die Küchen waren wegen der Brandgefahr früher nie in den Herrenhäusern, sondern in separaten Gebäuden daneben.“

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Das Mansion – auferstanden in alter Pracht; sein Parterre ist zu besichtigen, der Rest bleibt privat

Auch die heutige Küche ist im separaten Gebäude untergebracht, ist mit modernen Geräten ausgestattet und rustikal wie eine Blockhütte. „Da treffen wir uns auch mit Jagdfreunden und Filmcrews.“ So lässt Julie denn auch wieder Namen von Filmstars von einst und heute fallen, die auf Greenwood ihrer Arbeit nachgingen: „1957 kamen wohl William Holden und John Wayne für den Bürgerkriegsfilm The Horse Soldiers her. Das war wohl auch der erste Film, der in Teilen auf Greenwood gedreht wurde. Und erst kürzlich hatten wir Sigourney Weaver hier – für Innenaufnahmen zum Thriller Master Gardener.” Nach der Führung nimmt Julie sich noch Zeit für mehr Fragen, vor allem die Frage, wie die Pilchers nach Greenwood kamen? “Als Hal in den Ruhestand ging, haben wir Land fürs Jagen gesucht – unser großes Hobby, Auf dem Land wollten wir auch wohnen. Auf einmal hatten wir Jagdgründe mit Mansion und B&B und arbeiteten wieder. Das war gar nicht geplant.“

Wichtige Websites und weitere Info

Allgemeine Info zu den touristischen Zielen des US-Bundesstaats Louisiana auf www .explorelouisiana.com

Websites der oben genannten Ziele: www.greenwoodplantation.com; www.frogmoreplantation.com; https//deltamusicmuseum.com; https://aftonvillagardens.com, https://themyrtles.com

Details zum Trail, der sich dem Erbe der einstigen Sklaven widmet: www.explorelouisiana.com/african-american-heritage-trail. Neu wurde ein Trail aufgelegt, der sich dem Kampf gegen die Rassentrennung in Louisiana widmet: www.louisianacivilrightstrail.com

Das Städtchen St. Francisville Einst Zentrum großer Plantagen und der Slaverei, ist St. Francisville heute ein Wohnort so richtig auf dem Land in grüner Idylle. Als touristisches Zentrum hat der Ort mit 1.600 Einwohnern gute Anbindung nach New Orleans (knapp zwei Auto-Stunden) und Baton Rouge (30 Auto-Minuten) und zu den dortigen Flughäfen. Der 1809 gegründete Ort liegt direkt am Mississippi River und dehnt sich auf gut vier Kilometer Länge als typischer Straßenort aus. Im historischen Zentrum warten adrett restaurierte Häuschen mit Läden und Boutiquen und laden zum Flanieren ein. Alles wirkt gemütlich-ländlich – außer dem großen Schulkomplex mit den weitläufigen Sportarenen. St. Francisville gilt als gute Wohnadresse, bietet Ruhe, gute Luft und hügelige Landschaft. Es gibt Golfplätze und Jagdmöglichkeiten, zudem Möglichkeiten zu reiten und biken. www.visitstfrancisvillela.com

Tip vor Ort fürs schnelle Lunch: das Magnolia Café www.magnoliacafe.net

Tip vor Ort für Fine Dining: das The Saint Restaurant im St. Francisville Inn & Spa in der viktorianischen Villa von 1880 www.stfrancisvilleinn.com

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Boutique-Hotel mit Restaurant im St. Francisville Inn
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Die Myrtles Plantage in St. Francisville

Tip vor Ort für legeres Lunch und Dinner: das Restaurant 1796 in The Myrtles, auch mit einer großen Auswahl an Cocktails – mit Liebe und Professionaliätät gerührt, gemixt und geschüttelt

Das Städtchen Ferriday Der Ort mit 3.500 Einwohnern liegt weiter nördlich am HW 84. Seine Nähe zum Mississippi River und die Eisenbahn machten Ferriday schon früh zum Verkehrsknotenpunkt im Nordosten von Louisiana State. Das ist er auch heute. Rund um den Ortskern liegen riesige Plantagen wie schon früher.. Hier verläuft zudem ein wichtiger “Grenzverkehr” zum Nachbarstaat Mississippi und seiner hübschen Stadt Natchez. www.explorelouisiana.com/vidalia/Ferryday

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