Sobald der Herbst auf der Insel Texel einzieht, beginnt eine Zeit der besonderen Gaumenfreuden. Die niederländische Watteninsel lädt dann zur Verkostung ihrer kulinarischen Highlights ein. Seit 2005 ist auf Texel das Weingut De Kroon van Texel beheimatet. Neben Wein und Bier locken frische Austern zum Selbersammeln. Die westfriesische Nordseeinsel Texel gehört zu den beliebtesten Tourismuszielen der nördlichen Niederlande.
Wein vom Watten-Winzerund Bockbierauf Texel
Auf rund drei Hektar Grund produziert Winzer Jan-Jaap Kroon hier jährlich bis zu 6.000 Liter Weißwein, Rosé und Rotwein. Hier erfährt man alles über die Traubensorten, die Weinproduktion und die besonderen Herausforderungen des Weinanbaus auf Texel, inklusive Verkostung.
Neben den edlen Tropfen ist Texel aber auch die Heimat der kräftigen Gerstensäfte. Ganze fünf Brauereien zählt die Insel mittlerweile, die pünktlich zum Herbst mehrere besondere Bockbiere im Programm haben. So trumpft zum Beispiel die Brauerei Texels mit dem „Texels Bock“ auf, das bereits mehrfach Gold als bestes Bockbier der Niederlande erhielt.
Die Brouwerij TX produziert mit dem „TX Steambock“ das weltweit erste Bockbier, das nach Dampfbier-Methode (steam beer) gebraut wird und ein besonderes Röstmalz-Bouquet auszeichnet. Von der Tesselaar Familienbrauerei stammt der ebenfalls prämierte „Slufterbok“. Dann der exklusive “Skeepebock” (dt. Schafbock) der kleinen Brauerei „De Boei” – er ist limitiert und ausschließlich vor Ort vom Fass erhältlich.
Austern zum Selbersammeln
Egal zu welchem Getränk: Als besondere Begleitung gelten im Herbst Texeler Austern. Sie gibt es auf der Insel jedoch nicht nur in speziellen Feinkostläden zu erstehen. Vielmehr kann sie jeder – ausgestattet mit Gummistiefeln und Eimer – direkt vor der Küste selber sammeln gehen. Dieses einmalige Erlebnis ermöglichen rund ums Jahr Ausflüge zu den Texeler Austernbänken. Natürlich inklusive Verkostung und ein paar raffinierter Tipps für ihre Zubereitung.
Schlemmerfestival im Herbst
Wer sich einen Überblick über die kulinarischen Köstlichkeiten der Insel verschaffen möchte, der ist bei Texel Culinar an der richtigen Adresse. Das dreitägige Schlemmerfestival findet alljährich am letzten September-Wochenende auf der Dorpsstraat in De Koog statt. Küchen-Crews aus allen Teilen der Insel präsentieren ihre Kochkunst in Form kleiner Gerichte, die überwiegend aus lokalen Produkten gefertigt sind. Der perfekte Startschuss also für den kulinarischen Insel-Herbst.
Vor 140 Jahren im Herbst reiste Vincent van Gogh ins ländliche Drenthe im Nordosten der Niederlande. Auf speziell markierten Van-Gogh-Routen kann man ihm durch Drenthe nachspüren und seine Motive in Natura bestaunen. Sie führen durch die herbstliche Holland-Idylle unserer Zeit, durch kleine Dörfer, vorbei an ruhig gelegenen Gehöften und durch besondere Natur. Was die Spurensuche aktuell besonders reizvoll macht: Van Gogh’s Gemälde aus und über Drenthe sind gerade im Drents Museum in Assen ausgestellt und wurden faür eigens aus aller Welt hierhergebracht.
20 Werke – zusammengetragen aus aller Welt
Als Vincent van Gogh am 11. September 1883 in den Nordosten seiner Heimat reiste, lagen seine weltberühmten Landschaftsbilder in den leuchtenden Farben der Provence noch in der Zukunft und sollten erst ab 1888 in Südfrankreich entstehen. Wie der Niederländer und spätere Meister der Moderne im Herbst 1883 die ländliche Provinz Drenthe wahrnahm und malte, das zeigt aktuell das Drents Museum in Assen, beschauliche Verwaltungsstadt der nach wie vor ländlichen Provinz. Das Museum stellt gut 20 Werke Van Gogh‘s aus: Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen – alle mit Motiven aus der Region und auf seiner Reise geschaffen. Das Drents Museum hat sie zum 140. Jahrestag der Reise eigens zusammengetragen und präsentiert sie bis 7. Januar 2024.
Weltberühmter Maler, weltberühmte Kollegen
Fast alle Werke kamen als Leihgaben aus aller Welt in die Provinz, so Annemiek Rens, die Kuratorin der Ausstellung. „Sie stammen aus Museen und Privatsammlungen. Die Arbeiten an der Ausstellung dauerten einige Jahre.“ Eigens nach Assen geholt wurden auch die gezeigten renommierten Zeitgenossen, die wie Van Gogh hierher an die Grenze zu Niedersachsen reisten – vor oder nach ihm – um zu malen, um wie er Natur und Menschen zu verewigen.
„Die außergewöhnliche Landschaft und das Licht zogen sie an“, sagt Kuratorin Rens. So etwa den Deutschen Max Liebermann oder die Niederländer Anton Mauve und Herman van der Weele. Der Titel der Ausstellung lautet schlicht „Op reis met Vincent“.
Dabei war der Trip, der bis 5. Dezember 1883, also rund drei Monate, dauerte, für ihn und die Kunstwelt besonders bedeutsam. Das sei der breiten Öffentlichkeit unbekannt, betont die Kuratorin: „Van Gogh entschied sich hier im abgelegenen Drenthe final dazu zu malen.“ Das ist in seinen Briefen aus der Zeit vor Ort an seinen Bruder Theodore nachzulesen. Kopien davon stellt unter anderem das Van Gogh Huis in Nieuw-Amsterdam aus, ein Provinz-Dorf 40 Kilometer südlich vom Drents Museum und ein spezieller Ort auf seiner Reise.
Denn in Nieuw-Amsterdam hatte Van Gogh den Großteil der drei Monate ein Zimmer in einer Herberge bewohnt, machte sich von hier in die Umgebung auf. Eine Reise auf seinen Spuren führt aber am besten erst ins Drents Museum und danach zu Van Gogh’s Zielen in Natura.
Moderne Videokunst zur Einführung
Schon die Einführung in seine Reise im Museum macht Lust, später wie er durchs Land zu streifen. So projiziert im ersten Ausstellungsraum moderne Videokunst bewegte Bilder großflächig auf hohe Wände – fast wie im 3D-Kino: angefangen damit dass Van Gogh als Mann mit Hut, Koffer und Staffelei einen Zug nimmt (zum Ort Hoogeveen), wo er einige Tage bleibt; bis er einige Tage später per Kahn, damals ein übliches Transportmittel für alles Mögliche, weiterreist (nach Nieuw-Amsterdam); um dann mit Staffelei unterm Arm durch die Region zu wandern: durch Wiesen und Weiden, wehendes Gras, durch Heidelandschaft, vorbei an Kanälchen, vereinzelten Häusern und Katen, die sich ins Land zu kauern scheinen, durch kleine Weiler. Bis sein Blick – und der unsrige als Betrachter des Videos – auf einmal zu schwarzem Moor wandert, zu Männer und Frauen, die arbeiten – im Moor genauso wie auf den Feldern.
Erst seine Bilder bewundern, später seinen Spuren folgen
„Op reis met Vincent“ – etwa durch die Landschaft von Drenthe, wie von Van Gogh festgehalten im Aquarell „Landschaft in Rostbraun und Lila“. Er malte in zarten Pinselstrichen eine einsame Gegend mit einer winzigen Hütte und wenigen Bäumchen. Als Farben der Natur dominieren Rostbraun und Lila – jeweils in Nuancen von hell bis dunkel. Das Lila steht für die im Herbst blühende Heide, von der Van Gogh so schwärmte.
Im Hier und Jetzt warten solche Impressionen auf der markierten Van-Gogh-Route „Nieuw begin“ – Neubeginn. Sie führt an Kanälchen, Weiden und Wiesen vorbei, durch Alleen und Haine, wie auch im Video gezeigt. Von Grün bis braun ist die herbstliche Natur gefärbt – und von bunten Tupfern der Heide in Lila bis Pink. Inspirierend-schön prägt sich das alles ein, während es weitergeht auf der Route zu alten Katen und Gehöften, die in den Örtchen Stuifzand und Zwartschaap vom Ende des 17. Jahrhunderts stammen. Auch sie waren für Van Gogh motivierende Vorlagen.
In Zweeloo–auf der Suche nach Max Liebermann
Oder sein Werk „Schafsherde vor kleiner Kirche in Zweeloo“, ein Ziel auf der Route „Symphonie van kleur” (Symphonie der Farben). Van Gogh führte das Kirchlein aus dem 13. Jahrhundert mit Bleistift aus – mit grasenden Schafen und Hirte im Vordergrund. Zweeloo liegt 30 Kilometer südlich vom Drents Museum, bildet heute offiziell laut Euroart die Künstlerkolonie Zweeloo und feiert mit Infotafeln, Straßennamen etc. ihre berühmtesten Künstler: Van Gogh und Liebermann. Ersterer kam 1883 für einen Tag. Seit 1882 schon war Liebermann hier, blieb bis 1883 und schuf etwa „Die Rasenbleiche“. Das Werk in Öl auf Leinwand ist auch Teil der Ausstellung und Leihgabe des Kölner Wallraf-Richartz-Museums. Van Gogh, so schrieb er an Bruder Theo, wollte Liebermann besuchen, traf ihn aber nicht an. So wanderte er weiter und fand das Kirchlein.
Es steht noch am alten Platz im beschaulich-platten Land. Ebenso wie viele urig mit Riet gedeckte Häuser und Scheunen aus alter Zeit, die heute unter Denkmalschutz stehen; einige beherbergen nun Gastronomie, so etwa das feine Restaurant De Aelderstroom mit Wildgarten, in dem sich romantisch verweilen lässt.
In Nieuw-Amsterdam – Zuhause auf Zeit
Dann Van Gogh‘s Aquarell „Zugbrücke in Nieuw-Amsterdam“. Es stellt dar, was der Maestro laut Text zum Bild von seinem Zimmer aus sah: eine Zugbrücke, hinter der Brücke wenige gedrungene Häuser, vor der Brücke eine gebückt gehende Frau. Das Aquarell entstand im Abendlicht, vermittelt Kälte und Einsamkeit.
Und heute? Die Brücke steht als modernere Version immer noch da. Die alten Häuser wichen neueren. Wohl blieb die Herberge, in der einst Van Gogh abstieg, in altholländischer Architektur schön restauriert erhalten. Sein Zimmer gibt es auch noch und ist zu besichtigen. So lässt sich Van Gogh’s Blick original nachverfolgen, sein Feeling damals irgendwie heute nachvollziehen. Zumal auch sein Zimmer noch so möbliert und mit Malutensilien bestückt ist, wie es gewesen sein muss. Die Herberge gehört zum Van Gogh’s Huis, das seit Oktober in neuem Glanz erstrahlt. Es wurde zum 140. Jubiläum renoviert, modernisiert und präsentiert nun gerade auch die Van-Gogh-Briefe an den Bruder zeitgemäß-ansprechend.
Im Moor – Menschen bei der Arbeit
Ganz wichtig war es Van Gogh, Menschen bei der Arbeit festzuhalten, so Kuratorin Rens. „Van Gogh sah ja seine Mission darin, ein Maler für das Leben auf dem Land zu werden.“ Zum Leben in Drenthe gehörte zu seiner Zeit, im Moor zu arbeiten. Es wurde als Brennstoff genutzt, noch nicht als Blumenerde. So entstand in Öl auf Leinwand „Kahn mit Torf“, mit einem Mann und einer Frau beim Beladen des Kahns.
Der Maler stellt beide gebeugt dar, wie von der Arbeit geknechtet. Wobei „sie“ in der dunklen Umgebung mit weißer Mütze und roter Jacke auffällt, während er eine dunkle, gesichtslose Gestalt ist. Menschen, die im Moor von Drenthe arbeiten, finden sich noch immer. Aber deren Mühen gelten nun etwa im Reservat Bargerveen der Renaturierung des Moors.
Die 2.200 Hektar des Reservats sind inzwischen auch Erholungsgebiet mit Wanderwegen. „Das Moor wächst täglich einen Millimeter“, begeistert sich Ludo van Wijk, ein Guide des Reservats. Diese Arbeit im und mit dem Land heute könnte Van Gogh an Drenthe auch gefallen haben.
Die Wanderrouten – zu Fuß, aber auch per Fahrrad – finden sich unter www.besuchdrenthe.de. Unterwegs sind überall an den Routen zur Orientierung Marker mit Van Gogh-Porträt und Richtungspfeilen angebracht.
Für viele interessant, die – noch – keinen Sportboot-Führerschein gemacht haben. Oder diejenigen, die einmal einen ganz unkomplizierten, unkonventionellen Bootsurlaub mit der Familie machen möchten. Da bietet sich Locaboat an – mit seinen 330 Hausbooten, für die es keinen Führerschein braucht. Der Anbieter ist seit gut 40 Jahre tätig, verfügt über entsprechende Expertise im Bootsverleih-Geschäft und ist ansässig in Freiburg. Die Flotte liegt europaweit in schönen Urlaubsparadiesen: in Frankreich zum Beispiel am berühmten Canal du Midi, in Italien an der Lagune von Venedig. Auftakt toller Entdeckungsfahrten durch die Natur, zu historischen Attraktionen und nicht zuletzt zu regionaler Küche am Wasserweg. Insgesamt 200 Routen sind buchbar.
Neue Ziele ab 2024 und Frühbucher-Rabatte
Neu ab 2024 ist der Starthafen in Bernburg an der Saale in Sachsen-Anhalt. Von hier aus starten Hausboot-Crews ihre Entdeckungsreise entlang der Saale durch Sachsen-Anhalt.
Der Locaboat-Ableger mit Basis befindet sich am Fuße des romantischen Schlosses Bernburg. Weitere Schlösser folgen am Weg, schön drapiert in die grünen Hügel. Ebenfalls neu im Programm; der Starthafen Saintes an der Charente in Frankreich.
Am Bootskurs ab Saintes liegen historische Orte, idyllische Landschaften und Lokale à la Francaise. Die Charente fließt verschlungenen daher und führt sogar zum Naturpark Périgord-Limousin. Lukullisch geht die Reise zu regionalem Ziegenkäse und Meeresfrüchten in Rochefort, für Cognac-Freunde zu den einschlägig bekannten Häusern Martell, Remy Martin und Hennessy, aber auch zu weniger bekannten Namen.
Die Boote zu mieten kostet je nach Kategorie ab 1120 Euro pro Woche. Diverse Rabatte sind möglich und kombinierbar. Und ergeben sich aus dem in Kürze erscheinenden Katalog 2024, der sowohl gedruckt als auch digital verfügbar ist.
Die Rabatte. Für Familien fünf Prozent bei einem Kind (unter 18 Jahren); zehn Prozent bei zwei oder mehr Kindern (unter 18 Jahren). – Für Paare zehn Prozent Rabatt bei einer Belegung mit zwei Personen. – Für Gruppen fünf Prozent bei gleichzeitiger Buchung von mindestens zwei Booten. – Rabatt je nach Reisedauer: ab zehn Tagen gestaffelt drei bis zehn Prozent. Die Rabatte können bei Buchung bis 30. November 2023 – kombiniert mit Frühbucherrabatt – bis zu 20 Prozent erreichen. www.locaboat.com. Telefon 0761 207 370
Seine weltberühmten Gemälde im Gelb-Goldton – entstanden in Südfrankreich – sind in Drenthe nicht zu sehen. Doch im Nordosten der Niederlande – in der zu Zeiten Van Gogh’s dunklen und ärmlichen Moorlandschaft – entschied sich der Meister-Maler final dazu zu malen. So ist es durch seine Briefe an seinen Bruder Theo van Gogh belegt. Das macht seine Werke aus seiner Zeit in Drenthe so bedeutsam für das Gesamtkunstwerk des Meisters. Genau diese Bilder zeigt die neue Ausstellung des Drents Museum in Assen, der Provinzhauptstadt von Drenthe.
Ergänzend dazu stellt das Drents Museum Werke von Zeitgenossen Vincent van Gogh’s aus, unter anderem von Anton Mauve und Jacob van Ruisdael. Das geschieht in einer modernen Präsentation und ist ein Genuss nicht nur für Kunstkenner und Van-Gogh-Fans.
Seit 11. September 2023 und noch bis 7. Januar 2024 sind Vincent van Gogh’s Werke aus Drenthe zu sehen – insgesamt mehr als 20 Ölgemälde, Aquarelle und Zeichnungen und zum speziellen Anlass zusammengetragen aus Museen und Privatsammlungen weltweit. Die Bilder zeigen Land und Leute zu seiner Zeit in Drenthe um 1880: Sie arbeiten auf den Feldern und im Moor. Ihre Arbeit ist hart, kärglich sind die Hütten, in denen sie leben. Nach wie vor geht es in der Provinz ländlich zu: mit Wiesen und Wäldern, mit Ackerbau und Viehzucht. Hinzu kommt heute die Renaturierung Hunderter Hektar von abgeerntetem Moor – auf dass hier wieder Moore entstehen.
140. Jahrestag von Vincent’s Reise nach Drenthe
Im packenden Gegensatz dazu steht das Drents Museum im alten palastähnlichen Gemäuer mit seinem zeitlos-modernen Anbau aus Glas. Anlass der Ausstellung ist der 140. Jahrestag von Van Gogh’s Reise in die Moorlandschaft quasi am Ende von Holland – an der Grenze zu Niedersachsen. Am 11. September 1883 nämlich stieg Vincent van Gogh im Ort Hoogeveen aus dem Zug, reiste über Kanäle per Barke weiter und blieb dann Wochen im Örtchen Nieuw-Amsterdam/Veenoord. Bis er nach drei Monaten wieder abreiste – inspiriert und zur Malerkarriere entschlossen.
Perfekt zum Timing der Ausstellung passt der Neuerwerb durch das vergleichsweise kleine Drents Museum – vollzogen im letzten Jahr in New York. Dabei handelt es sich um einen Van Gogh aus seiner Zeit in Drenthe, gemalt in Öl auf Leinwand 1883. Titel des Bildes: Der Unkrautverbrenner – Het Onkruidverbrandertje. Der Kaufpreis: „Einige Millionen” – näher legt man sich im Museum nicht fest.
Websites und wichtige Info:
Das Drents Museum hat die Webadresse: https://drentsmuseum.nl. Weitere Info zu Van Gogh in Drenthe: www.besuchdrenthe.de; der ländliche van Gogh: www.holland.com. Spaziergänge und Radtouren auf seinen Spuren in Drenthe wurden ausgearbeitet, sind übersichtlich markiert und daher einfach nachzuverfolgen. Ansonsten suchen Ausflügler in der Provinz Drenthe Ruhe und die Möglichkeiten, beim Wandern und Radfahren durchs Grüne abzuschalten.
Am 23. März, also heute, öffnet der Traditionsgarten in Holland seine Pforten – heuer bis 14. Mai 2023. In dieser Zeit entfaltet sich hier eine einzigartige Blütenpracht – die natürlich auch wieder vergeht. Daher diese recht kurzen Öffnungsdaten. Tulpen, auch ganz hohe, Narzissen, Krokusse und Hyazinthen – alles blüht nun auf in dezenten Farben, aber auch in Rot, Gelb oder Pink. Es sind Millionen an der Zahl.
Der Keukenhof liegt im Ort Lisse mit knapp 25.000 Einwohnern – in Südholland zwischen Leiden und Haarlem. Die Geschichte des Keukenhof reicht zurück bis ins 15. Jahrhundert. Damals zog Gräfin Jacoba von Bayern (1401-1436) – Tochter von Herzog Wilhelm II. von Straubing-Holland – auf dem Gelände Kräuter und Gemüse. Sie bewohnte das Schloss Teylingen. Später entstand am Garten auch ein Schloss namens Keukenhof – und der Garten drum herum wuchs und wuchs. Bis 1857 der berühmte Gartenarchitekt David Zocher und sein Sohn Louis Paul Zober Hand anlegten: Sie schufen einen Park im Englischen Landschaftsstil. Noch heute folgt der Keukenhof diesem Stil.
Der Ort Lisse hat sich seit dem 17. Jahrhundert sukzessive zur Region der Blumenzwiebel-Züchter entwickelt. Um 1900 siedelte sich die Reichsfachschule der Blumenzwiebel-Zucht an. Heute sind Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen Teil der Universität Wagenigen. Im Keukenhof präsentieren inzwischen 100 solcher Züchter ihren botanischen Katalog. 500 Blumenzüchter stellen zudem in 20 Blumenshows in sepziellen Pavillons Schnittblumen und Topfpflanzen in ihrer Vielfalt aus.
Niederländisches Meer von Blüten
Die jetzt beginnende Frühjahrsausstellung hat ihre Anfänge 1949/1950. Damals schufen Blumenzwiebel-Züchter und Blumen-Exporteure erstmals dieses Schaufenster Niederländischer Blumenzucht, wie sich der Keukenhof auch nennt. So zeigten und zeigen sie das, was von ihnen gezüchtete Blumenzwiebeln in acht Wochen an farbenprächtigen Blüten hervorbringen – von sieben Millionen Blumenzwiebeln spricht der Keukenhof heute. Wahrlich ein Rausch.
Website und wichtige Info:
Der Keukenhof findet sich in Lisse/Südholland und hat in diesem Jahr vom 23. März bis 14. Mai täglich geöffnet – von 8.00 bis 19.30 Uhr. Was jeder sich klar machen sollte: Da Wachstum und Blüte von der oft genug launischen Natur abhängen, lässt sich keine beste Zeit für den Besuch des Keukenhof vorhersagen. Wieviel Zeit sollte man sich nehmen: drei Stunden, sagen die Experten. Der Ticket-Verkauf erfolgt online – mit genauem Zeitfenster an einem bestimmten Tag. www.keukenhof.nl.
Die fünftgrößte Stadt der Niederlande lassen viele Reisende links liegen, jagen auf der Autobahn vorbei nach Norden nach Amsterdam oder gen Westen zur Nordsee. Dabei lohnt es, für zwei, drei Tage nach Eindhoven abzubiegen. Aber nicht – nur – wegen des High Tech Campus vor Ort mit 260 Technologieunternehmen und mehr als 12.500 Ingenieuren, Forschern und Entwicklern und wegen der Technischen Universität mit gut 15.000 Studenten. Vielmehr ist Eindhoven traditionell top bei Design und Kunst – mit Veranstaltungen dazu das ganze Jahr über, gerade auch im Herbst.
So wartet aktuell auf Kurzentschlossene GLOW – das internationale Lichtkunst-Festival. Es dauert bis 19. November, findet heuer zum 17. Mal statt, lockte zuletzt 750.000 Interessierte nach Eindhoven und zählt weltweit damit zur Top fünf solcher Lichtkunst-Events. Zu bestaunen sind 33 Werke bzw. Installationen technisch anspruchsvoller Art von nationalen und internationalen Kreativen.
Museum mit Monster
Die Kunst mit Licht folgt in diesem Jahr dem Motto “Urban Skin” und findet sich draußen an ikonischen Gebäuden und öffentlichen Plätzen der Stadt – etwa am High Tech Campus am Stadtrand im Grünen das Kunstwerk “Monad” der Norwegerin Anastasia Isachsen (Bild oben, Foto Bart van Overbeeke) oder im Zentrum die Installation “Connecting Your Love” der Künstler-Gruppe ASML und unübersehbar installiert am Marktplatz mit seinen vielen Passanten. Hier wartet ein Schwarm leuchtender Schmetterlinge mit High-Tech-Qualitäten: Wer sich in ihrer Umgebung fortbewegt, dessen Bewegungen ahmen die Schmetterlinge auf großen LED-Bildschirmen nach.
Von den 33 Lichtkunstwerken feiern 21 auf der diesjährigen GLOW ihre Weltpremiere, so auch die erste begehbare Lichtkunst-Show. Die ist im Van Abbemuseum für zeitgenössische und moderne Kunst zu bewundern, stellt sich laut Künstlern als Museumsmonster dar und wurde vom französischen Kollektiv Picto Facto gestaltet – unter kreativer Mitarbeit von 20.000 Kindern. Zur Sammlung des Van Abbemuseum gehören und sind neben anderen ausgestellt: der spanische Multikönner der Moderne Pablo Picasso oder die russischen Künstler der Avantgarde Wassily Kandinsky oder El Lissitzky oder mit Jan Sluijters und dem etwas älteren Isaac Israels führende Pioniere der Moderne in Holland.
Energie-Konzept und Audio-Tour
In Zeiten einer Energiekrise setzt auch das Festival auf Einsparen, hat eigens eine Energiebilanz erstellt und schaltet als sichtbares Zeichen die Lichter der Kunstwerke eine Stunde früher aus als sonst – 22 statt 23 Uhr. Und Besucher sollen in der Zeit, die sie beim Kunst-Event verbringen, zu Hause alle Lichter und Geräte ausschalten. “So wünschen es sich die Veranstalter – die Stadt Eindhoven und das Unternehmen Signify, ehemals Philips Lightning”, so Ronald Ramakers, der Festivalleiter. Auch neu: die Audio-Tour. “Wir wollen GLOW vom 3D-zum 4D-Festival machen.”
Dutch Design von alt bis neu
Das GLOW-Festvial schließt sich praktisch nahtlos an die Dutch Design Week – kurz DDW – in Eindhoven an. Die findet alljährlich im Oktober statt – heuer vom 22. bis 30. Oktober. Hier gaben sich mehr als 2600 Designer ihr Stelldichein, und rund 350.000 Besucher sahen sich das Programm in mehr als 100 Locations quer durch die Stadt an. Im Fokus hat sie Design-Arbeiten und Design-Konzepte, Zukunftsfragen bei Netzwerk-Events und anderes mehr.
Die Dutch Design Week gilt auch als Plattform angehender Designer. Zumal es in Eindhoven seit langem eine Design-Akademie gibt. Und bei all dem geht nichts ohne die Firma Philips, den Global Player Koninklijke Philips Electronic N.V. einst mit Hauptsitz und Fertigung in Eindhoven.
Mit Philips kam das Design
Die Firma wurde 1891 gegründet, stellte zunächst Glühlampen her, entwickelte und fertigte später Radios, Funkanlagen, TV-Geräte, CD-Player, Kaffeemaschinen und Rasierapparate und nicht zuletzt Halbleiter. All diese Neuheiten – lange mit hohem Elektrikanteil, im Lauf der Dekaden nach Forschung und Entwicklung mit Elektronik-Features – brachten auch die Kreativität für innovatives Industrie-Design in die Stadt in der Provinz Nordbrabant. Diesen Wurzeln entspringt auch der heutige High Tech Campus. Zwar zog Philips mit Headquarter nach Amsterdam, verlegte die Fertigung in Niederiglohnländer. Aber die Stadt atmet nach wie vor viel Philips, nicht nur durch die in Eindhoven ansässigen Konzern-Unternehmen.
Hippes Leben auf altem Werksgelände
So residiert die Design-Akademie in einem früheren Philips-Gebäude. Oder das weiße Klok-Gebow am sogenannten Strijp-S nahe Stadtzentrum: Es ist heute eine riesige Eventhalle auch zur Dutch Design Week, in der in diesem Jahr Entwickler Baumaterialien aus Recycle-Masse zeigten, wo Forscher die Frage nach dem Supermarkt im Jahr 2050 aufwarfen und junge Industrie-Designer aus Berlin ihren selbst entwickelten First Aid Knot aus Textil zeigten; der hilft dabei, bei Kollabierten den richtigen Fleck zur Herzmassage zu finden.
Das Klok-Gebow al solches steht für Industriearchitektur anno 1928 von Philips, war Fertigungshalle samt Wasserturm mit Uhr dran und ist noch heute von weitem an der Uhr auszumachen.
Neuer Genuss im früheren Maschinenraum
Am Strijp-S stehen weitere Gebäude – früher alles Werksgelände von Philips für die Fertigung etc. Das alles war damals nur für Werksangehörige zugänglich. Heute tummeln sich hier Skater, Müßiggänger mit und ohne Kinderwagen, mit und ohne Fahrrad. Sie steuern die Hallen an, die inzwischen hippe Shops, Büros oder Gastronomiebetriebe beherbergen. Eine Top-Location zum Ausgehen ist das Radio Royaal, früher ein gigantischer Maschinenraum und heute angesagt zum Essen und Trinken. Maschinen und Reste der Transportkrane an den Decken sind teils noch vorhanden und erinnern in ihrem Retro-Look an die harte Maloche früherer Zeiten.
Oder Kazerne – die alte Lager- und Werkstatthalle jenseits des einstigen Philips-Geländes. Sie ist heute eine angesagte Multifunktionshalle mit Gastronomie, mit Ausstellungsflächen für Kunst und Design mitsamt Shop. Im lauschigen Innenhof laden Loungemöbel zum Fachsimpeln und Ausruhen ein.
Websites und weitere Info:
Lichtkunst-Festival. Es dauert bis zum 19. November 2022, also lange genug für Kurzentschlossene https://gloweindhoven.nl
Dutch DesignWeek. Der Termin für 2023 steht noch nicht fest; sie findet aber traditionell im Oktober statt https://ddw.nl
Die Stadt: Bei speziellen Street-Art-Führungen werden die großen Fassaden-Malereien erkundet. Und das Flair von Eindhoven erschließt sich gleich mit. Übernachtungsmöglichkeiten und vieles andere mehr im Web unter www.thisiseindhoven.com
Nach vier Jahren Sanierung und Restaurierung hat das Palast-Museum ab sofort wieder geöffnet. Und ist ein noch spannenderer Zeitzeuge, wie die niederländische Königsfamilie van Oranje ihren Landsitz genoss – für mehr als 300 Jahre.
Die Adresse ist königlich: Paleis Het Loo, Paleispark 1, Apeldoorn. Der einstige Palast liegt 90 Kilometer östlich von Amsterdam, findet sich quasi in jedem Reiseführer. Ebenfalls aufgeführt ist die Veluwe, der Naturpark mit Wäldern und Dünen, in dem das Paleis Het Loo liegt. Die Stadt Apeldoorn aber taucht in manchen Reiseführern nicht mal im Register auf, siehe etwa der neueste englischsprachige Lonely Planet „The Netherlands“. What a pity. – Ebenso schade, dass auch die Info fehlt, dass der einst königliche Palast wieder geöffnet hat. Der Prachtbau ist seit 1984 Museum, war seit Januar 2018 geschlossen, wurde saniert und restauriert. Räumlichkeiten wurden sogar rekonstruiert, im Kellergewölbe Nutzflächen ergänzt – in toto 123 Mio. Euro investiert. Dabei wurde für die Besichtigung ein neues Konzept realisiert – „damit optimieren wir den Palast in seiner Funktion als Museum“, so George Sanders, der Kurator des Paleis Het Loo.
Landsitz der Royals seit 1692
Seit 15. April ist das Paleis der Königsfamilie Oranien wieder für jedermann offen und zeigt seine Historie als Landsitz im neuen Glanz – auf einer Zeitschiene von gut 300 Jahren. Von außen beeindruckt sein eher doch schnörkelloser Bau; seine Ziergärten aber sind Barock pur und ihr Blütenmeer einfach üppig gerade jetzt auch im Frühling. Sein Interieur: Opulenz aus Barock und Rokoko, Empire und Romantik. Der Palast mitten im Grünen war ab 1692 Freizeitdomizil derer van Oranje. Seinen Grundstein legten Willem III. van Oranje, einst Statthalter der Niederlande und späterer König von England, Schottland und Irland, und seine Gattin Mary II.. Willem hatte das Land für den Paleis Het Loo 1684 gekauft; ein Jahr später hatten die Bauarbeiten begonnen, 1692 waren sie beendet.
Das Gebäude steht seither für Pracht und Macht, obschon nicht der königliche Arbeitsplatz; der ist offiziell im Palast Noordeinde in Den Haag. Einzig Wilhelmina – Königin der Niederlande von 1890 bis 1948 und Urgroßmutter des heutigen Königs Willem-Alexander – lebte und arbeitete im Paleis Het Loo, starb hier im Herbst 1962 und war in der Kapelle im Palast aufgebahrt. Ihr Arbeitszimmer ist von eleganter Opulenz und ebenfalls aufpoliert. Wie fast alles im Haus.
Schön aufpolierte Opulenz
Denn in der vier Jahre dauernden Generalüberholung wurden Böden, Decken und Wände saniert, jahrhundertealtes Mobiliar restauriert, das Gold an Säulen und Wänden wieder in früheren Glanz versetzt, wie im Speisezimmer zu bewundern an seinen dicken Säulen, genauso die schweren Lüster und Leuchten in den Arbeits- und Schlafzimmern. Antike Teppiche wurden überholt bzw. wieder an ihrem alten Platz ausgelegt.
Manche hätten zuvor lange Zeit in speziellen Depots geschlummert, sagt Kurator Sanders: „Sie wurden gereinigt und restauriert. Dafür braucht es traditionelle Handwerkskunst, um zum Beispiel bei den antiken Teppichen die Originalfarben wieder hinzubekommen. Überall war spezielle Expertise nötig, ob bei den Möbeln, den Stuckarbeiten, den Böden oder den Wandmalereien.“
Oder die Fensterrahmen. „Wir haben sieben Farbschichten gefunden, dann das Original erarbeitet und wieder hergestellt“ (Sanders). Überdies wurden Bausünden neuerer Zeiten bereinigt, gerade auch durch die Beseitigung von Asbest, der zum Beispiel bei nachträglich eingezogenen Zwischenwänden und –decken verwendet worden war.
Lustbarkeiten mitten im Grünen
Zurück zu den schönen Dingen im Palast. Beim Gang durch die Räume fällt kostbares Porzellan ins Auge – vorzugsweise auch aus Asien. Gemälde schmücken die Wände einzelner Räume und Flure und einer langen Galerie. Kurator Sanders: „Hier hängen nun auch Gemälde, die wir extra hierher geholt haben, weil sie aus den Zeiten von Paleis Het Loo stammen.”
An den Wänden eines Treppenhauses fallen die vielen Jagdtrophäen von kleinen bis großen Hirschgeweihen auf: die Ausbeute königlicher Jagden in den Wäldern der Veluwe gleich vor der Haustür. Zu den Jägern und Trophäensammlern gehörten dereinst König Wilhelm III., der Vater von Königin Wilhelmina, ebenso ihr Gatte Heinrich zu Mecklenburg, genannt Prinz Henrik der Niederlande und einer der diversen deutschen Prinzgemahle im Königshaus Oranje.
Von besagtem Henrik ist ein Jagdzimmer zu sehen, dessen Wände mit Geweihen sozusagen gepflastert sind. Jagen war sichtlich eine seiner Passionen, das Revier vor der Tür ideal dafür – damals wie heute.
Spannender Fokus auf zwei wichtige Epochen
Gewissen Freizeit-Lustbarkeiten gehen die Royals immer noch in Apeldoorn nach – weilen dann aber seit den 1970er Jahren nicht mehr im Paleis Het Loo, sondern nebenan im mittelalterlichen Kasteel Het Oude Loo: erstmals erwähnt 1439 und im Besitz der Oranier seit 1684, als Willem III. das Gelände samt Kasteel erwarb und in Nachbarschaft zum Kasteel seinen Paleis Het Loo errichten ließ. „Wenn die Royals heute hierher kommen – wann sie kommen, wie lange sie kommen -, ist das rein privat“, so Sanders. Öffentlich wurde via Medien am 21. März jedoch folgendes: König Willem-Alexander ließ verkünden, dass er das Kasteel Het Oude Loo vorerst als Unterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine bereitstellt.
Und wieder zurück zum Palast-Museum. Neu ist auch die Art und Weise, es zu erkunden. Dafür haben die Verantwortlichen das Paleis Het Loo entlang zweier Epochen königlicher Nutzung rekonstruiert, also baulich angepasst und entsprechend zwei Routen durchs Haus erstellt, unter denen Besucher wählen können. Beide Routen sind durch fortlaufende Nummerierung der Räumlichkeiten und Markierungen auf dem Boden übersichtlich gestaltet.
Routen Ost und West
Da ist zum einen die Route Ost: die Epoche Willem III., sprich 17. Jahrhundert. Zum anderen die Route West: die Epoche Wilhelmina sprich 19./20. Jahrhundert. Rekonstruktion bzw. bauliche Anpassungen bedeutet angesichts der zwei Routen laut Sanders konkret: „Wir haben das frühere Apartmentsystem innerhalb des Palastes wieder hergestellt.“ Das heißt: Die Apartments bestehen aus Schlafzimmer und Ankleidezimmer, Bad, zudem Salons auch zum Antichambrieren quasi für jedermann. “Und zusätzlich gab es kleine Kabinette, in die nur engste Freunde kamen.“
Königliches Wachstum
So gehen Besucher von Raum zu Raum der jeweiligen Route und bekommen per Audio die Informationen übers königliche Leben vor Ort. So geht es auch zum Kinderzimmer der späteren Königin Juliana, die Großmutter des heutigen Königs. Etwas verblasst, aber nicht sichtbar: die Striche und Zahlen in kleiner Schrift am Türrahmen – auch Königs halten so sichtlich das Wachstum ihrer Kids fest. Gegen Ende der Route West sticht ein Raum hervor, da völlig befreit von barocker Opulenz und stattdessen dezent-elegant möbliert im typischen Stil der 1950/1960er Jahre. Golddekor fehlt völlig, stattdessen Wandmalereien mit viel Natur und einige wenige Jagdtrophäen an der Wand.
Ins Auge fällt auch ein Telefon mit Drehscheibe, ältere Jahrgänge erkennen den Vorgänger von Tastentelefonen und Handys. Das ist das Zimmer von Prinz Bernhard, dem Prinz-Gemahl von Königin Juliana und Opa des heutigen Königs. Bernhard ließ es so einrichten, nutzte es als sein Büro und traf sich hier auch mit Freunden. Kurator Sanders: “Auch er stammte aus Deutschland.”
2032Offizielles Opening
Und wann kommt die offizielle Eröffnung? „2023 – wenn alles fertig ist“, so Sanders und verweist nach draußen, wo Hauptzufahrt und Hauptzugang zum Palast wieder hübsch hergerichtet sind, nachdem von Bauarbeiten und Baufahrzeugen malträtiert. „Und drinnen tut sich noch einiges in den Kellergewölben“ – und ist noch Teil des 123 Mio. Euro teuren Investment.
Hier entstehen nämlich noch 5.000 Quadratmeter Nutzfläche – unter anderem für die Ausstellung von Objekten, die sich bei Tiefbauarbeiten und Ausgrabungen rund um Paleis Het Loo und Kasteel Het Oude Loo gefunden haben. Ein Jugendpaleis mit Interaktivtäten ist noch in Arbeit. Und wenn nächstes Jahr alles fertig ist, wer weiß, vielleicht gibt sich dann König Willem-Alexander die Ehre – vielleicht sogar ganz offiziell.
Websites und weitere Info:
Das Paleis Het Loo präsentiert sich seit 15. April – nach vierjähriger Restaurierung und Sanierung – generalüberholt. Und der Palast lässt sich besser erkunden – per Besichtigung als Audiotour auf den zwei Routen Ost bzw. West. Sie sind geeignet ab zwölf Jahren und zu hören über moderne Technik oder Gratis-App auf dem eigenen Handy. Zudem gibt es eine speziell für Kinder ab sieben Jahre aufgelegte Route West.
Die barocken Gärten und die Nebengebäude, sprich Café etc. waren während der Arbeiten im Palast geöffnet. Beides, also Gemäuer und Gärten, sind nun wieder offen: Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr. Tickets für die jeweilige Route vorab im Internet zu buchen.
Der Ausflug zum Palais Het Loo lässt sich gut kombinieren, etwa mit einem Spaziergang durch den Naturpark der Veluwe und einem Bummel durch das idyllische Apeldoorn mit Altstadt und schönen Parks. www.uitinapeldoorn.nl; www.vvvapeldoorn.nl.
Tipp zum Übernachten in Apeldoorn: das Boutique-Hotel Zenzez Hotel & Lounge im Jugendstilgebäude nahe Oranjepark – ruhig gelegen und doch zentral; Gastgeberin Petra Bangma macht ein 1a-Frühstück www.zenzezhotelandlounge.nl.
De Nollen ist keine Gemeinde, kein Campingplatz, sondern ein Garten Eden der Kreativität. Der Künstler hat Objekte und Landschaft als ein Ganzes gestaltet: Ruud van de Wint. Seine Monumental-Kunst Open Air versteckt sich im hohen Norden Hollands direkt bei Den Helder.
Ein niederländischer Nol kann Diverses sein: eine Knolle bzw. Haufen bzw. Hügel. Beim „De Nollen“ bei Den Helder ist das tiefgestapelt. Denn es ist ein Projekt mit monumentaler Kunst – vereint mit vom Künstler wie natürlich gestalteter Landschaft. „Das Ganze ist ein Gesamtkunstwerk“, schwärmt Rob Siesling, als er mit mir zur Führung durch den De Nollen startet.
Keine Knolle, sondern Monumental-Kunst
Der Garten Eden der Kunst nimmt ein 14 Hektar großes Naturareal ein; Rob Siesling ist einer der Guides, die bei Führungen das Besondere nahebringen. „Daher gibt es nur geführte Touren“, so der Guide, der sich als Natur- und Kunstfreund vorstellt. Das Projekt De Nollen scheint sich fast zu verstecken hier unweit der Küste.
Noch dazu kommt erst ein opulentes Tor aus Cortenstahl im typisch-rostigen Look am Ende eines Pfads durchs Grüne. Das aufwändige Tor signalisiert aber auch: Hier warten größere Schätze. Nämlich meterhohe, abstrakte Skulpturen, die meisten aus besagtem Cortenstahl, einige aus Kupfer – allesamt gut 20 und namenlos, aber nummeriert. Und sonst nur schöne typisch nordholländische Landschaft – auf den ersten Blick wie von der Natur geformt als Dünenland: hier Gras, dort Gebüsch, hier Dünensand, dort Teiche und Bächlein. Doch Kunst und Land hat Reindert Wepko van de Wint – kurz Ruud v. d. Wint (1942-2006) – entworfen und gemacht bzw. bearbeitet und bepflanzt.
Königliche Bewunderin
Auf dass beide zur selbstverständlichen Einheit zusammenfinden; so sein Traum, so nachzulesen auf der Website „Project De Nollen“. Ruud v. d. Wint war Absolvent der Rijks-Akademie für bildende Künste in Amsterdam, war Maler, Bildhauer, Zeichner und Autodidakt als Schweißer und Landschaftsarchitekt. Guide Rob Siesling: „Beim Bau der Skulpturen griff er selbst zum Schweißgerät und fuhr zum Aufbau selbst den Kran. Aber für manches hatte er Helfer.“
Aber wieso so versteckt? „Als Ruud v. d. Wint das Areal 1980 erwarb, war das auch eine Art Rückzug, um seinen Traum zu realisieren.“ Da genoss der Künstler schon internationalen Ruf, war bekannt durch Wandgemälde in der Zweiten Kammer der niederländischen Regierung, hatte ausgestellt auf der Documenta in Kassel, in der Kunsthalle Basel etc. In seiner Heimat waren Werke von ihm im Stedelijk Museum in Amsterdam zu sehen oder im Kröller Müller Museum in Otterlo. Guide Rob Siesling: „Die frühere Königin Beatrix schmückte ihren Arbeitsplatz im Paleis Noordeinde mit seiner Kunst und besuchte ihn sogar im De Nollen.“
Kunst auch der Illusion
Mein Art Walk open Air dauert gut zwei Stunden und beginnt mit Vogel-Gezwitscher und quakenden Fröschen. Und dann kommen drei schmale, runde Säulen mit spitzen Enden in den Blick, ragen zehn Meter aus dem Rasen empor – die Nr. 0185.
Von nahem wird sichtbar, dass das Trio mit Kupferdraht so gleichmäßig umwickelt ist, als wäre der sperrige Draht eine filigrane, flexible Kordel. Was für eine Idee, was für eine Arbeit. Rob Siesling geht zu einem von Gebüsch versteckten Teich: „Stell‘ Dich mal hierher.“ Gesagt, getan. „Siehst Du, wie das Wasser die drei Säulen spiegelt.“
Sechs Säulen sind es nun – als eine von Standort und Sonnenstand abhängige Illusion. Bis sich auf einmal das Wasser nach einer Böe kräuselt, dabei seine drei Säulen verzerrt. Der Wind hat dieses andere Bild gemalt. Rob Siesling: „Das ist Absicht.“ Wie alles hier.
Blickachsen des Maestro
So setzte Ruud v. d. Wint Wasser und Wind interaktiv-gestalterisch ein, ebenso den Wechsel von Licht und Schatten. Dieses Zusammenspiel der Elemente plante er akribisch auf Papier. Und plante ebenso – ganz Landschaftsarchitekt – Blickachsen. Daher fällt automatisch weiter hinten ein grün bewachsener Hügel ins Auge, auf seiner Kuppe eine Art meterhohe Haube aus Cortenstahl. „Mit den optischen Verbindungen setzte er Kunst und Landschaft optimal in Szene“ (Rob Siesling) – und verhilft dem Betrachter zu 1a-Genuss.
So auch bei dem mehr als mannshohen Cortenstahl-Gebilde Nr. 0195. Es erinnert an eine ausgerollte Apfelschale und lässt sich von Hand unerwartet leicht in Schwingung versetzen; so macht der Guide es vor, ich es nach. Andererseits stellte der Künstler das Werk so auf, dass es – siehe oben – gerade auch der Wind bewegt. Der weht an diesem Sommermorgen leicht, genauso leicht schwingt das Werk und beschert meditative Augenblicke.
Die Hügel übrigens sind nicht natürlich entstanden. Sie kaschieren die 24 Bunker aus der einstigen militärischen Nutzung des Areals. Der Künstler bepflanzte auch diese Relikte mit Rasen und Büschen, machte sie unsichtbar und setzte on top mal eine Skulptur, mal nichts. Vereinzelte Bunker schmückte er innen mit seiner Kunst: mal mit orange-roter Wandmalerei, mal mit Wänden ganz in Blau.
Letzteres Werk ist neun Meter hoch und lässt das Blau oben in Weiß enden, als wäre dort ein bewölkter Himmel. „Das sorgt für ein Gefühl, dem Himmel echt nah zu sein.“ So erklärt Ralph Keuning, Direktor des Museums de Fundatie in Zwolle, die Wirkung des blauen Raums auf ihn bei seinem jüngsten Besuch vor Ort und festgehalten von Avrotros-TV.
Labor der Kunst
Das Blau erinnert an das berühmte International Blue des Malers Yves Klein, ist aber wie alles im De Nollen von Ruud v. d. Wint. Das unterscheidet seinen Garten der Kunst von anderen im Land, denn die versammeln oft Skulpturen verschiedener Künstler. Und nur beim De Nollen hat der Künstler selbst die Landschaft designt und angelegt von eigener Hand.
Kunsthistoriker Ralph Keuning nennt das ganze sogar „ein Labor für die Kunst. Und was für ein Erlebnis, hier durchzulaufen“.
Meine Tour rundet zum Ende Oeuvre Nr. 0198 ab: zehn Meter hoch und 14 Meter lang und einst für das Kröller-Müller Museum gedacht.Von weitem erinnert es an eine schwebende Feder. Der Maestro schuf es kunstvoll aus Cortenstahl – mit 25.000 Tonnen Gewicht. Rob Siesling: „Wir nennen es Harmonica. Es lässt sich wie eine leichte Feder bewegen.“ Wirklich? Und wieder gesagt und getan: Gemächlich fangen 25.000 Tonnen an, sich zu drehen – langsam und geräuschlos wie eine Feder, die vom Himmel schwebt.
Wichtig zu wissen und Websites – auch weiterer Art Walks open Air in Holland
Ruud v. d. Wint kaufte das Areal 1980 für einen symbolischen Gulden und investierte Hundertausende Gulden bzw. Euro. An seinem Gesamtkunstwerk De Nollen arbeitete er bis zu seinem Tod 2006, seither halten es seine Söhne Gijs und Ruud hoch (https://projectdenollen.nl).
Die Provinz Nordholland verdankt ihren historischen Windmühlen malerische Impressionen und vieles mehr. Denn ohne die Windmolen gäbe es die Felder, Wälder, Wiesen und anderes mehr im Nordwesten nicht. Noch tut manche ihre Arbeit wie vor Jahrhunderten oder fängt damit bald wieder an. Ein nachhaltiges Trio im Nordwesten Hollands nicht weit vom Meer.
Seit 1663 steht sie hier – die Twuyvermolen: hüben Dörfchen mit Kirchturm, direkt vor der Tür ein Kanälchen, drum herum Grün. So vereint sich die Windmühle mit dem platten Land zur urholländischen Idylle. Die Mühle liegt beim Dörfchen Sint Pancras.
Wie sich von nahem zeigt: Ihre Flügel reichen bis zur Erde, ihr Turm ist achteckig, das Dach, Kappe genannt, ist aus Riet. 15 Meter sei es hoch, sagt Rob Basten. „Für die Größe einer Mühle ist aber die Spannweite zweier Flügel entscheidend. Die ist bei der Twuyvermolen 26,3 Meter.“ Rob und seiner Gattin Suzanne gehört die Windmühle seit 2014. Seit 2016 – nach Restauration mit Denkmalschutzvorgaben – wohnen sie drin. Seit 2017 ist Rob auch der Müller – „mit Prüfung durch die Gilde der Müller und Müllerinnen. Unseren Mühlentyp nennen Kenner Erdholländer als Grundsegler“. Nun ist seine Molen in Absprache mit dem Denkmalschutz auch wohlich nach heutigem Komfort. Die technik der Mühle aber blieb die gleiche.
Die Twuyvermolen schöpfte seit 1663 mit Windkraft Wasser aus dem Boden, hob es ins Kanälchen zum Abtransport. Unzählige sogenannter Poldermolen waren seit 1600 im Einsatz und legten im Zusammenspiel unzähliger Kanälchen und Deiche viel Grund und Boden in Noord-Holland trocken. Ingenieur und Pionier Jan A. Leeghwater machte es möglich. Das abgeschöpfte Wasser floss am Ende in die Nordsee im Westen und die Zuiderzee, heute das Ijsselmeer, im Osten.
Poldermühle zur Landgewinnung
So entstand der fruchtbare Polder – auf das hier Ackerbau und Viehzucht, Dörfer und Städtchen prosperierten. Als ab 1880 neue Maschinen den Job des Windes übernahmen, gingen viele Poldermühlen außer Betrieb. Rob: „1924 auch die Twuyvermolen. Aber bald nimmt sie als nachhaltige Energiequelle unserer Zeit ihre Funktion wieder auf. Ich habe kürzlich die Genehmigung erhalten.“
Die Provinz Noord-Holland zählt noch 160 alte Windmolen – so auch die Groenvelder Molen, die seit 1529 Wasser pumpt und damit die älteste Poldermühle Nordhollands ist.
„Viele haben mehrere hundert Jahre auf dem Buckel und sind als Kulturerbe geschützt“, so Peter Tange, der Vorsitzende der Vereinigung Noord-Hollandse Molenfederatie. Deren Aufgabe, so der pensionierte Direktor einer Technikschule: „Wir sorgen für den Erhalt der alten Windmühlen. Wir beraten bei der Restaurierung und helfen beim Verkauf. Bei Generationswechseln der Müller und Müllerinnen suchen wir Fachkräfte für diese Arbeit und managen die Schulungen, damit die Mühlen fachgerecht laufen.“
Kinetische Energie bringt Kraft
Seit Jahrhunderten nutzt der Mensch Wind und seine kinetische Energie für alle möglichen Kraftakte. Auch in Noord-Holland war sie vielfältig im Einsatz, die Mühlen je nach Job speziell ausgelegt. Experte Tange: „Die einen mahlten Getreide oder Senfkörner und hatten Mahlsteine, die der Wind antrieb. Die anderen pressten Öl oder Fasern, aus denen Papier entsteht. Der Wind bewegte die Pressen. Und so weiter.“ Bis auch hier neue Techniken die Windkraft ablösten.
Kornmühle seit 1772
Doch manche alten Kraftprotzen schaffen nach wie vor wie anno dazumal. Und ihre Besatzungen lassen einen dabei an bestimmten Tagen und gegen geringes Entgelt zusehen. Drei solcher Mühlen liegen im Westen fast nebeneinander. Die eine ist die Korenmolen Kijkduin.
Sie steht seit 1772 im Nordsee-Ort Schoorl am Molenweg zwischen Bäumen. „Ihr Vorgänger datierte von 1570 und brannte ab – wie so viele Mühlen“, sagt Fred Prins, einer der drei Müller der Kijkduin und seit 1998 an Bord. „Das Mauerwerk ist original von 1772, ebenso die verbauten Hölzer. Die Mühlsteine zum Mahlen sind 130 Jahre alt.“
Der Mühlenladen bietet Roggenmehl, Vollkornmehl etc. feil – alles selbst produziert. Zum Job von Müller Fred gehört es, stetig die Mahlsteine zu säubern und zu schärfen.
Und er muss als Getreide-Müller wissen, wie die Windkraft und ihre Übersetzung zum Mahlen zusammengehen. „Dafür braucht es Windstärke vier bis sieben Beaufort.“ Darüber sei Schluss – „sonst drehen die Steine zu schnell, die Mehlqualität leidet“.
Beaufort ist die für Wind übliche Maßeinheit: Ab vier bis sieben weht eine Brise mäßig bis steif. Ab acht wird‘s stürmisch, bis bei zwölf ein Orkan tobt. Und weht es zum Mahlen zu wenig bzw. zu viel? „Trotzdem lassen wir die Flügel drehen, das sieht so romantisch aus.“
Anders als Windturbinen
Oberste Regel: „Dreht sich was, muss ein Müller da sein. Unsere alten Windmühlen sind ja keine Windturbinen“. Und meint damit ihre High-Tech-Nachfolger. Die gut 100 Meter hohen Kolosse aus Stahl nutzen Nordhollands Winde on- und offshore und erzeugen damit grünen Strom. Ob sie es aber wie ihre charmanten Vorgänger auf wertvolle Gemälde schaffen wie die Windmolen von Claude Monet, Jan Brueghel d. Ä. und Rembrandt van Rijn?
Seit rund 1776 sägt De Eenhoorn bei Haarlem am Ufer des Spaarne Holz. Außen ist sie schwarz, innen zweckmäßig fürs Zerteilen von Baumstämmen. Zum Team gehört Joyce Beneker, im Hauptberuf Pharmazeutin. Als Müllerin ist sie eine Freiwillige und ebenso von der Gilde zertifiziert. „Mühlen sind mein Kindheitstraum. Es ist toll, wenn sich die Flügel drehen. Aber wenn die Säge arbeitet – das ist phantastisch.“ Gesägt werden zum Beispiel Eichen und Ulmen. Joyce: „Die Stämme dürfen drei bis fünf Meter lang sein und 50 bis 80 Zentimeter dick. Wir sägen für Privatleute und Firmen, zum Beispiel Möbelbauer.“ Gegen Bezahlung an den Eigentümer der Mühle, die Gemeinde Haarlem.
Müllerin Joyce: „Das Geld fließt in den Erhalt der Mühle. Ihr Unterhalt ist teuer. Und eine Sanierung kostet schnell zig tausend Euro.“ Zu Joyce‘ Arbeit gehört immer auch das Segelsetzen: „Fürs Sägen braucht es die Power der Segel.“ Dafür klettert sie je Flügel, also vier Mal, 13 Meter hinauf und setzt jeweils ein zehn Meter langes Tuch. Alles ist harte Arbeit. Genauso der Transport der Stämme quasi bis unters Messer. Die Säge muss eingestellt, die Sägeblätter müssen geschliffen werden. „Und alles erfordert Sorgfalt und Vorsicht. Denn wir arbeiten mit scharfem Gerät und schwerem Holz.“
Nachhaltige Energiebilanz
Die Twuyvermolen soll bis 2022 wieder ans Kanalnetz des staatlichen Wassermanagements zur Trockenhaltung des Polders gehen, hofft Eigner und Müller Rob. „Dafür braucht unser Kanal wieder den Zufluss ans Kanalnetz der Polder. Der wurde nach Außerbetriebsstellung verschlossen.“ Kosten der Öffnung: „420 000 Euro. Das ganze wird als nachhaltiges Projekt gefördert. Die Förderung habe ich beantragt.“ Als reaktivierte Poldermühle wird sie dann eine der CO2-lastigen Motorpumpen ablösen – zugunsten der Energiebilanz des ganzen Landes.
Etwas Abenteuer in Holland gefällig. Denn bis vor knapp 100 Jahren dienten zig Forts zur Verteidigung des Landes. Inzwischen aber sind sie Museen, Outdoor-Idyll oder Hotel oder irgendwie beides.
Ab sofort steht auf der Insel Pampus wieder ein Glockenturm – am Ort seines Vorgängers. Den hatten 1895 Soldaten des Forts, das auf dem Eiland liegt, errichtet. Der alte war zwölf Meter hoch, der neue misst rund vier Meter.
Das Fort heißt Pampus wie die Insel und die Untiefe Pampus hier im IJ-Meer vor dem Hafenörtchen Muiden. Genau auf der Untiefe hatten die Soldaten Insel und Fort um 1890 angelegt und nicht nur mit zwei Kanonen von Krupp bestückt. „Die Glocke warnte bei Nebel, nun ist sie symbolisch“, so Tom van Nouhuys, der Direktor der Stichting Fort-Eiland Pampus und als solcher auch ihr „General“ – im Sinne von Manager. Denn Pampus ist seit 1933 außer Dienst gestellt, die Stiftung seit rund 40 Jahren Eigentümerin von Fort und Insel.
Heuer bewirtschaften die Stiftung und Team das Ganze als Museum und Naturidyll samt Café und Restaurant – ab sofort mit Möglichkeiten für zahlende Gäste zu nächtigen. In Zelten mit Blick aufs IJ-Meer. Und sogar im neuen Häuschen, auf dem der Turm für die Glcoke steht. Tom hat die Haustür geöffnet – und siehe da: ein gemütliches Zimmer mit Doppelbett in Naturholz, mit Holzdielen, Tisch und Sessel. Mehr Platz ist nicht, das Haus ist derart mini. „Lekker, oder?“ so Tom eher feststellend als fragend; ergänzt lachend: „Unsere Luxussuite.“
Abenteuerlich zelten auf Fort Pampus
So in den neuen Zelten am Ufer. „Ich habe hier schon mit meinen zwei kleinen Söhnen gezeltet. Die fanden das nachts einsam und dunkel.“
Etwas Abenteuer darf also noch sein auf der Insel mit Fort, inzwischen eben anders. So etwa auch beim Bird-Watching mit Vogelkundler Dick. Er und seine Kollegen wachen über Pampus, denn das Fort-Eiland ist inzwischen ein wahres Vogelparadies. Die Schar wird behutsam in speziellen Vogelkächern gefangen, gezählt, beringt und wieder in die Freiheit entlassen. So bringt zum Beispiel Dick auch regionalen Schulklassen und Besuchern auch aus der Ferne die vielen neuen Bewohner des Eiland-Forts näher, zeigt ihnen den einen oder anderen sogar vorsichtig.
Da nun Paradies für Vögel, patroullieren nun Vogelkundler wie Dick
Einst Verteidigungslinie – nun Unesco Welterbe
Umgewidmet wurden zig Forts, von denen Holland mal über 100 hatte. Sie gingen a.D. und sind nun, soweit erhalten, in neuer öffentlicher Mission aktiv, ob als Museum oder gar Hotel. Einst bildeten die Forts mit Deichen, Schleusen etc. die Festungsgürtel Stelling van Amsterdam sowie Nieuwe Hollandse Waterlinie; letztere reichte von Pampus bis in die südliche Provinz Brabant. Strategie damals: Gebiete bei Gefahr zu fluten – mit so viel Wasser, dass es für den Feind zu Fuß zu tief war, aber für Boote zu flach. Als 1920/30 das Flugzeug kam, waren die alten Strategien überholt, die Forts auch. Sie wurden privatisiert, kamen unter Denkmalschutz und sind sogar Unesco-Welterbe: die Stelling Amsterdam seit 1996, die Nieuwe Hollandse Waterlinie seit diesem Sommer 2021.
Alter Festungungsring – die Stelling van Amsterdam mit Zig Forts
Als Hotel dient zum Beispiel das frühere Fort aan de Nekkerweg in Zuidoostbeemster eine halbe Autostunde nördlich von Muiden. Es entstand 1913 und ist 2012 auferstanden als Fort Ressort Beemster – unter Denkmal-Auflagen.
Fort Resort Beemster – nun Boutique-Hotel und sehr fein
Das Viersternehaus hat innen 17 Gästezimmer, ein Spa mit allem Pipapo und ein feines Restaurant.
Essen, Trinken und Wohnen im Fort Ressort Beemster
Aber draußen geht der Blick von der Hotelterrasse nicht auf die schönen Polder, sondern die alte Schutzmauer, die eine schicke Bar kaschiert. Und das Gras auf dem Flachdach tarnt nun eher Saunen oder Cocktail-Sause. Zu den Gästezimmern führt ein schmaler Flur mit schweren Türen. Dahinter die Zimmer – anfangs für die Soldaten, später für Kriegsgefangene, dann für politische Delinquenten. Da stellen sich bei allem elegant-komfortablen Interieur Bilder und Gedanken ein zu dem, was einst war.
Fort Bakkerskil – errichtet anno 1880 in Brabant – ist ein Bed & Breakfast; seine Inn-Keeper Marco und Hanny. Der fast südlichste Posten der Nieuwe Waterlinie liegt schön ländlich bei Nieuwendijk; hin führen enge Sträßchen ohne Licht, die bei Nacht noch enger erscheinen.
Fort Bakkerskil: Einst abgelegener Posten zu Verteidigung, nun Bed & Breakfast-IdylleFort Bakkerskil in Nieuwendijk – so war es früher
Die letzten Meter geht’s zu Fuß über einen Steg – erst auf eine Terrasse. „Fuchs und Hase sagen sich hier gute Nacht“, begrüßt mich Hanny. Auf einem Tisch liegt ein Buch mit alten Fotos, auf denen Militär am Steg patrouilliert. Nun reiht sich hier Hobbygerät auf: Kajaks, um auf den Kanälchen zu cruisen; Fietsen für eine Tour etwa zum Biesbosch-Museum. Zu Fuß geht’s durch Wiesen und Weiden und auf alten Spuren der Militärs zur Papsluis, die einst half, das Land zu fluten.
Fort Giessen bietet viel Outdoor-Abenteuer
Fort Giessen stammt ebenso von rund 1880, ist nahe Bakkerskil im Ort Giessen und dient nun dank seiner zwölf Hektar Grünfläche auch als Naturkunde-Hotspot.
Floss fahren in Fort Giessen mit Fort-Wächter Hans
Fort-Wächter Hans van Tilborg: „Wir haben viele Schulklassen und Familien. Auf unseren Feldsafaris erklären wir das Fort und seine Historie. Draußen erkunden wir Kräuter, Tiere und Vögel. Wir haben sogar Eulen.“
Fort bei Vechten: Einstiger Kanonen-Plan mit Schussskizze
Hans gehört zum ehrenamtlichen Team, das auch fürs neue Floss mit Seilzug über die Gracht gesorgt hat: „Das ist lustig und auch Team-Building, wenn die Kids sich übers Wasser ziehen.“ Die Reihe der Forts mit neuer Mission ließe sich fortsetzen: etwa Fort bij Vechten bei Utrecht – nun Museum mit interaktivem Park; oder Fort Altena bei Werkendam, nun Brasserie mit Infopunkt.
Fort-Eiland Pampus aus der Vogelperspektive
Oder eben Pampus. Was das Fort-Eiland speziell macht, ist seine Lage im Meer. Seine Besucher setzen per Boots-Shuttle ab dem Hafenörtchen Muiden in 15 Minuten über. Die Insel ist klein – 205 Meter mal 164 Meter -, das Fort ein steinerner Koloss. Sein Hauptkomplex ist 86 Meter mal 49 Meter. Drumherum verläuft ein drei Etagen tiefer Graben. Erst geht es hinüber, dann hinauf und hinab auf eigens für Besucher installierten Stegen und Stufen.
So gelangt man auch aufs Flachdach – mit zwei augenfälligen Rundungen. Tom: „Hier standen die Krupp-Kanonen.“ Befeuert von unten – von den dienstbaren Soldaten in den Kellergewölben. Dort unten in den Gewölben waren auch die Räume, in denen Offiziere See- und Landkarten sichteten, in denen Gefreite Kohle in Öfen schaufelten, in denen das Kanonenpulver trocken gehalten wurde. Dorthin geht es über Stegen und Stufen hinunter. Hier außerdem nackte Arrestzellen, dort karge Schlafräume. Hier alte und neue Fotos, dort alte Bauskizzen und neue Schautafeln. Und alles ist zu besichtigen.
Ballonfahrt in 3D
Das Licht im Innern ist gedimmt, macht alles gespenstisch. Da kommt der für Klein und Groß sehenswerte 3D-Film gerade recht, der auch hier unten läuft: Der führt wie auf einer Ballonfahrt über die Gebiete der Festungsgürtel und erklärt, wie das ganze einst funktionierte; das alles ab und an unterlegt mit Kanonendonner – natürlich keinem echten.
Bereits seit 1996 ist der Festungsgürtel von Amsterdam als Unesco-Welterbe ausgezeichnet – mit seinen 96 Forts und Sperrzonen, mit Schössern und sechs Festungen als Teil der Holländischen Wasserverteidigungslinie. Seit diesem Sommer schmückt nun auch die Holländische Verteidigungslinie in den Provinzen Nordholland, Utrecht, Gelderland und Nordbrabant die Auszeichnung als Unesco-Welterbe.