Texas Heritage Vineyard Owner Susan Johnson - Foto Ulrike Wirtz

Texas Hill Country – ein Road-Trip zu Weinen

Die deutsche Historie ist die eine Besonderheit des Hill Country im Südwesten des Lone Star State. Die andere: Die schöne Hügellandschaft entwickelt sich zu einer großen Weinregion der USA. Ihr offizieller Name: Texas Hill Country AVA. Hier gehen Verkostungen heimischer Tropfen Hand in Hand mit Landschaftsidylle. Ein kleiner Roadtrip. (alle Fotos Ulrike Wirtz)

Der Rosé glitzert im Weinglas. „Das ist unser Lizzie Rose. Zu 100 Prozent aus der Malbec Traube – alle aus unserem Weinberg. Ein Top-Wein unseres Texas Heritage Vineyard“, so Susan Johnson (Foto oben). Sie ist die Inhaberin des Weinbaubetriebs fünf Auto-Kilometer östlich vom Städtchen Fredericksburg am US Highway 290. Obschon Highway genannt und auch mal mehrspurig, ist der Verkehr relaxt – passend zur malerischen sanft-welligen Hügellandschaft, die ihren Namen Hill Country deshalb führt. Nun der erste Schluck des farblich leicht hellrosa Tropfens. Der auf der Zunge kühl-fruchtige Frische entfaltet. Dezent-süß am Gaumen schmeckt. Samtig durch die Kehle rinnt. „Unser Lizzie Rose 2021. 30 Dollar die Flasche.“

Der Rosé Malbec vom Texas Heritage Vineyard erfreut de Gaumen Foto Ulrike Wirtz
Der Rosé Malbec vom Texas Heritage Vineyard erfreut die Gaumen

Verkostet wird der gut mundende Tropfen im weiß gehaltenen Tasting Room des Texas Heritage Vineyard (VY), einer von rund 100 Weinbaubetrieben im Südwesten des Lone Star State. Mit dem Glas in der Hand löst sich das Klischee zu Texas auf, dass den US-Staat nur große Ranches und Cowboys prägen. Susan lächelt, gießt einen Probierschluck nach. „Unser Lizzie Rose wurde 2021 als bester texanischer Rosé beim Houston Rodeo geehrt.“ Houston: Millionen-Metropole 370 Kilometer östlich von Fredericksburg. „Das Rodeo ist berühmter jährlicher Wettkampf- und Viehzüchter-Event, lockt mehr als zwei Millionen Besucher an und wurde 1931 erstmals ausgetragen.“ Soll auch heißen: „Im riesigen US-Staat gehen Ranch-Kultur und Weinanbau gut zusammen“ (Susan).

Rosé vom Feinsten vom Texas Heritage Vineyard

Man erfährt von Winzerin Susan auch, dass sie bis 2013 gute Tropfen nur konsumierte und im gleichen Jahr mit ihrem Gatten Billy anfing, im Hill Country Rebstöcke anzubauen. „Da wollten wir an sich iaufhören zu arbeiten. Stattdessen habe ich noch am College Önologie studiert und mithilfe eines Experten selbst als Winemaker begonnen. Den Posten hat nun seit 2024 Tyler Buddemeyer inne“ – ein Texaner Mitte 30 aus Houston. Was der Rosè-Verkoster dann bemerkt: dass die Trauben des Lizzie Rosé Malbec nur einige Schritte vom Tasting Room wachsen. Nur einige Schritte zur Terrasse hinter dem Tasting Room – und schon kann der Blick dorthin schweifen, wo Trauben des Texas Heritage VY gedeihen: Reihe um Reihe Rebstöcke, hier und da Wiesen und Weiden und in der Ferne noch mehr davon. Auch von benachbarten Weinbauern.

Erst seit 2014 als Weinbauer dabei, doch anerkannt in der Branche Texas der Heritage Vineyard und prämierte Weine Foto Ulrike Wirtz.
Erst seit 2014 als Weinbauer dabei, doch schon anerkannt, wie prämierte Weine des Texas Heritage Vineyard zeigen

Das Areal ist Teil des Hill Country und gehört zum offiziellen Weinanbaugebiet Texas Hill Country AVA. Das Kürzel steht für American Viticultural Area und erfasst die anerkannten US-Weinbaugebiete, auch die weltberühmten AVAs in Kalifornien mit Nappa und Sonoma an der Spitze und mit 154 AVAs insgesamt in Kalifornien. Texas hat acht AVAs, eine davon die Texas Hill Country AVA.

Die  Texas HIll Country AVA ist eine von acht offiziellen Weinanbaugebieten in Texas Foto Ulrike Wirtz
Die Texas HIll Country AVA ist eine von acht offiziellen Weinanbaugebieten in Texas

Die wurde 1991 offiziell begründet, hat diese rund 100 Weinbauern und wuchs mit gut neun Mio. Acres gleich 300 Hektar bebauter Rebfläche zur zweitgrößten US-AVA nach Fläche heran. „Wohlgemerkt nach Fläche. Verglichen mit Bekanntheit und Ruf von Nappa und Sonoma gerade auch international läuft Texas unterm Radar, auch die Texas Hill Country AVA“, so Benedicte Rhyne, gebürtig aus der Provence, Master-Önologin der Universität de Bourgogne in Dijon und seit 2002 als Winemaker in Fredericksburg tätig – nach Stationen in Frankreich, Neuseeland und Sonoma.

Pioniere setzen auf Qualität statt Menge

Doch gerade auch im Hill Country tat und tut sich einiges, was Entwicklung und Bekanntheit pusht. „Wir als jüngere Winzergeneration setzen seit über einer Dekade mehr auf Qualität als Menge. In der Texas Hill Country AVA wurde gute Pionierarbeit geleistet“, betont Expertin Benedicte. Und ist selbst einer der Pioniere vor Ort, war unter anderem von 2014 bis 2024 Winemaker der Kuhlman Cellars, ebenso gelegen am US 290 östlich von Fredericksburg. Den Weinbaubetrieb baute sie von null mit auf, nennt ihn als kleineren Winzer Boutique-Winery, fährt fort: „Unsere Weine werden meist direkt bei den Winzern getrunken und stehen regional bzw. Texas-weit auf den Weinlisten guter Restaurants. Das ist gut so, spricht sich herum und lockt immer mehr Gäste an, die wegen unserer Weine anreisen. Sogar aus der Ferne.“

Im texanischen Hill Country gehen die Uhren oft langsam - das entspannt Foto Ulrike Wirtz
Im Hill Country gehen die Uhren oft noch althergebracht-langsam – das entspannt

So kommt es, dass nach Aufbaujahren im Gebiet der Texas Hill Country AVA folgendes gut zusammenkommt: ein Road-Trip zur Weinverkostung durch relaxendes Natur-Ambiente. Dafür reicht schon der US 290 gen Osten (290 East) ab Fredericksburg, weil allein hier am Weg schon etliche Weinbaubetriebe und Tasting Rooms warten. Darum auch Fredericksburg: Das Städtchen mit 10.000 Einwohnern liegt zentral in der Texas Hill Country AVA und ist mit guter Infrastruktur bei Lokalen und Unterkünften ein bequemer Standort. Von hier sind die Entfernungen nicht nur gemessen am großen Texas klein. Siehe zum Beispiel folgende drei Ziele, die einen Stop wert sind, weil sie als Topadressen gelten: ab Fredericksburg  zum Texas Heritage VY sechs Kilometer; von hier zu den Kuhlman Cellars weitere 24 Kilometer; dazwischen die Becker Vineyards, gegründet 1992 und einer der ältesten Weinbauern in der AVA.

Schön cruisen und gut verkosten am US 290

Auf der Route über den US 290 East cruist das Auto gemächlich vorbei an Weiden, Wiesen und Rebstöcken. Vorbei an Gattern mit Toren, durch die es zu einer der Farmen geht, mit Gebäuden fern der Straße irgendwo im Grünen. Darunter auch solche Farmen, die sich nicht dem Wein widmen, sondern Äpfel und vor allem Pfirsiche anbauen als US-weit nachgefragte Spezialität der Region. An manchem Zaun oder scheunenartigem Gebäude hängen daher Schilder: Peaches, Apples. Über all dem fast kitschig schön der texanisch-blaue Himmel. Zudem offensichtlich: Rinder-Ranches mit massenhaft Viehzucht sind im Hill Country selten, Trucks und Traktoren dagegen oft Begleiter. Aber auch Motorbikes und Radfahrer, die „for fun“ unterwegs sind. Beide Arten Bikes tragen jedenfalls oftmals Gepäck, das auf einen längeren Road-Trip schließen lässt.

Eine Art Pfälzer Weinstraße

Die Weinanbieter unterwegs weisen kleinere Schilder am Weg aus: etwa Hye Meadow Winery oder William Chris Vinyard, Siboney Vinyard oder schlicht 290 Vinery. Und und und, auch Texas Heritage VY, Kuhlman Cellars oder Becker Vineyards. Alles in allem macht die Route in der Tat den Eindruck, als wäre der US 290 eine Art Pfälzer Weinstraße. So bewerben ihn nämlich die zuständigen Wein- und Touristikorganisationen. Und wieso Pfalz: weil die ersten deutschen Siedler in der Region 1845 in Scharen aus den grünen Hügeln der Pfalz nach New Braunfels emigrierten und später auch nach Fredricksburg zogen. Ersterer Ort gegründet 1845 von Prinz zu Solms aus der Pfalz, letzterer ein Jahr später von Otfried Hans Freiherr von Meusebach aus Dillenburg, der sich in USA John O. nannte und auf den Prinzen, auch genannt Texas-Carl, in gleicher Funktion folgte: Die zwei organisierten offiziell die Emigration der Pfälzer nach Texas.

Benedicte Rhyne - Französin,mit Master in Önologie, war eine Dekade Wunemaker der Kuhlman Cellars Foto Ulrike Wirtz
Benedicte Rhyne – Französin, Master in Önologie und eine Dekade Winemaker der Kuhlman Cellars in der Texas Hill Country AVA

An Wochenenden herrscht auf dem US 290 oft Hochbetrieb, auch in den Tasting Rooms, warnen Einheimische und stellen für Tage unter der Woche spürbar weniger Verkehr in Aussicht. Aber Achtung: Montags haben viele Tasting Rooms Ruhetag. Doch die Fahrt an diesem Sonntag im Mai gestaltet sich entspannt. Unser Ziel nach dem Texas Heritage VY: die  Kuhlman Cellars, ein gutes Jahrzehnt Benedictes Wirkungsstätte. Auch hier wieder viel Natur und quasi mittendrin ein modernes Gebäude ohne Pomp und Schnörkel. Es hat innen die Räumlichkeiten für Verkostungen und Bistro-Küche, draußen eine große Terrasse mit Tischen zum Verweilen und auf der Wiese bis zu den Rebstöcken weitere Tische. Auch hier lässt sich wieder schön entspannt probieren und plaudern.

Mineralische Böden, trockene Hitze, guttuende Höhenlage

Master-Önologin Benedicte ist ganz in ihrem Element, wenn sie über Wein spricht. „AVAs stehen für den Anbau gewisser Trauben auf bestimmten Böden und ein bestimmtes Klima. Auf dass Weintrinker einen bestimmten Stil und Geschmack erwarten können“, so Benedicte. Das heißt fürs Hill Country: „Es hat mineralische Lehmböden, auch anteilig Sand und das Sediment von Flüssen. Es gibt zudem Terroir kalkhaltiger Böden mit hoher Mineralität. Die hiesige Hitze ist eher trocken, das Klima im Winter kühler. Wir können Hagel und Frost haben. Wir liegen ja höher auf bis zu 800 Meter.“ Benedictes Traubenauswahl als Winemaker bei Kuhlman: „Der White Estate Grown ist ein Mix aus 70 Prozent Marsanne und 30 Prozent Roussanne. Beide Trauben sind Varianten aus dem französischen Rhone-Tal und werden in Stahlbehältern gekeltert.“

Ein weißer Topwein der Kuhlman Cellars - noch gewinzert Foto Ulrike Wirtz
Ein weißer Topwein der Kuhlman Cellars, gewinzert von Benedicte Rhyne

Blass-gelblich ist die Farbe dieses Weißen, geschmacklich kommt leicht Zitrus mit Noten von Birne und Ananas auf den Gaumen. Vollmundig, leicht, und von texanischer Sonne am besagten texanisch-blauen Himmel verwöhnt. Und die Roten: „Das sind Blends mediterraner Trauben. Mauvais, Grenache, Tempranillo, Malbec, Sangiovese usw.. Mediterrane Trauben wachsen auf den Böden und im Klima des Hill Country sehr gut.“ Im Geschmack seien die Rotweine leicht, samtig. „Aber ein Blend mit Cabernet Sauvignon, Tempranillio und Malbec kann auch stärker Tanin enthalten.“ Benedicte gießt den weißen Estate White nach, nimmt selbst einen Probierschluck: „Mild, sanft, fruchtig.“

Inzwischen führt die Önologin mit französischen Wurzeln ihren eigenen Weinbaubetrieb nahe Fredericksburg, betreibt ihn mit ihrem Gatten Richy und berät auch weiterhin andere Winzer. „Wir haben Rhyne Wines 2023 offiziell gegründet.“ Während quasi parallel bei den Kuhlman Cellars der Eigentümer wechselte. Bei Rhyne Wines als so jungem Betrieb sei die Auswahl noch entsprechend klein. „Unsere Trauben wachsen in der Texas Hill Country AVA und in der High Plains AVA im nördlichen Texas.“ Einen eigenen Tasting Room hat Benedicte noch nicht, verkauft online; aktuell ihren Grenache Rosè für 34 Dollar sowie einen L‘ éclipse Merlot für stolze 106 Dollar.

Becker Vineyards – einer der ältesten und größten Winzer vor Ort

Recht jung sind im Vergleich zu Weinbauern an der Pfälzer Weinstraße selbst die Becker VY – sind aber anders als Rhyne Wines und selbst der Texas Heritage VY einer der frühen Winzer in der Texas Hill Country AVA. Am großen Gebäude steht Becker Est.1992, also ein Jahr später gegründet als die Texas Hill Country AVA. Becker liegt nicht direkt am US 290, sondern direkt um die Ecke an der Becker Farms Road. Hier liegen Weinfelder, große Parkflächen und ein großes Gebäude, zu dem auch eine große überdachte Terrasse gehört. Drinnen warten diverse Tasting Rooms. Tyler Long ist der Koordinator der diversen Tasting Rooms von Becker VYs, steht am Eingang des riesigen Gebäudes an der Becker Farms Road und erwartet den Gast. „Wir sind nicht nur alt, sondern auch groß“, bemerkt er und zeigt über das ganze Areal.

Becker Vineyards-draussen Scheune nach deutschem Stil,,  drinnen Weinparadies-Foto Ulrike Wirtz
Becker Vineyards – draussen Scheune nach deutschem Stil, drinnen Riesenauswahl ihrer guten Tropfen

In der Tat. Allein das Gebäude, in dem auch die Verkostungen stattfinden: erbaut im Stil einer alten deutschen Scheune und das mit den Dimensionen eines Amtsgebäudes, mit hohen Decken, Haupt- und Nebenräumen, Kellern, in denen Weinfässer lagern und Stahltanks stehen und offenem Kamin in der großen Eingangshalle. Die Dimensionen passen zur Größe eigener Anbauflächen: 66 acres gleich 26 Hektar. „Und wir kaufen Trauben noch bei rund 15 Weinbauern in der AVA zu.“ Die von Becker verarbeiteten Traubensorten: elf an der Zahl wie etwa Cabernet Sauvignon, Malbec, Merlot, Syrah, Viognier, Chardonnay oder Sauvignon Blanc. Zudem verfügen sie über 74 Tanks zum Fermentieren und mehr als 5.500 Fässer zum Altern der Weine. Koordinator Tyler: „Wir sind der Winemaker in Texas, der die meisten französischen und amerikanischen Fässer aus Weißeiche einkauft.“

Becker Vineyards_Wein und Texas gehen gut zusammen - nicht nur_beim Roten Foto Ulrike Wirtz
In Texas gehen Wein und Ranger gut zusammen – nicht nur als Roter der Becker Vineyards

Pioniere seien auch sie gewesen, betont Tyler. „Becker war der erste im Hill Country, der die Viognier-Traube anbaute. Das war 1996.“ Und meint mit Pionieren die Gründer-Familie: der Arzt Dr. Richard Becker und Gattin Bunny aus San Antonio, Stadt in Süd-Texas. Das Duo hatte in der Gegend bei Fredericksburg nach einer alten Holzhütte als Wochenenddomizil gesucht, war dabei auf den Geschmack gekommen, sich dank Böden und Klima als Weinbauer und Winzer zu betätigen. Zuvor waren die Beckers in Sachen Önologie-Expertise vor allem in Frankreich unterwegs gewesen und hatten auch Lavendel mitgebracht, den sie an ihrem neuen Weinbaubetrieb anpflanzten. Weitläufige Lavendelflächen zieren nach wie vor den Besitz.

Topqualitäten heißen Estate Wine

Die Weinspezialitäten der Becker VYs, die Wein-Manager Tyler besonders erwähnt: „Unser Sauvignon Blanc – von fruchtig bis trocken. Und an Roten große im Geschmack eichenlastige Weine im Bordeaux- und Rhone-Stil. Wir sind der größte Producer in Texas und verkaufen unsere Weine in ganz USA.“ Das bedeutet auch: „Wir ziehen Estate-Topqualitäten an Sauvigon Blanc und Petite Syrah.“ Und verkaufen rund 80.000 Kisten Wein.

Rebstöcke der Becker Vinyards - und sie kaufen Trauben bei Nachbarn dazu Foto Ulrike Wirtz
Eigene Rebstöcke der Becker Vinyards – und sie kaufen Trauben bei Nachbarn dazu

Viel kleiner ist da ist der Texas Heritage VY, den Susan und Billy gegründet haben. Sie bauen ihre Estate Wines aktuell auf den eigenen 15 Acres gleich sechs Hektar Fäche aus. Auch sie kaufen weitere Trauben zu – aber nicht in dem Maße. An Weißen machen sie Weine etwa von Viognier und Albarrino. An Roten zum Beispiel von Bouschet, Merlot, Cabernet Sauvignon. „Alles in allem kommen wir auf aktuell 5.000 Kisten Wein“, sagt Susan und stößt darauf mit ihrem feinen Rosé Malbec an.

Wichtige Websites und weitere Info   

Umfangreiche Info zum Ort und seiner Umgebung, zu Attraktionen, Aktivitäten und Historie, zur Auswahl an Lokalen und Unterkünften bietet das Fredericksburg Visitor Information Center; per Web sowie direkt vor Ort. www.visitfredericksburgTX.com

Anreise Fredericksburg: Das Einfallstor zur Weinregion ist für Gäste aus der Ferne Houston und sein internationaler Airport G. Bush Intercontinental. Direktflüge ab Frankfurt mit Lufthansa und United Airlines. Von Houston sind es 320 Kilometer per Auto nach New Braunfels, die „Großstadt“ im Hill Country mit 100.000 Einwohnern. Näher als Houston, aber derzeit kein Nonstopflug ab Deutschland, ist San Antonio. Von hier bis New Braunfels im Auto: 110 Kilometer.

Ab New Braunfels: 70 Auto-Kilometer gen Norden via US 281 bis Johnson City, wechseln zum US 290 West, nun 50 Kilometer bis Fredericksburg. Die oben beschriebene Weintour ab Fredericksburg folgt dem US 290 East, also in umgekehrter Richtung gen Osten.

Websites der Winzer und ihrer Weinbaubetriebe oben: www.texasheritagevineyard.com. www.kuhlmancellars.com. www.rhynewines.com. www.beckervineyards.com. Übersicht über die Texas Hill Country AVA: https://texashillcountrywineries.org

Extratipp Unterkunft – das Trueheart Hotel und seine gemütlich-eleganten Cottages. Jedes Cottage beherbergt ein Gästezimmer in Parterre und je nach Bauweise ein weiteres im ersten Stock. Alle sind elegant-gemütlich möbliert, die Bäder extragroß mit allen Annehmlichkeiten inklusive kuscheligem Bademantel. Alle Gäste können im lauschigen Garten am großen Kaminfeuer relaxen. Highlight zum Frühstück: ein Picknickkorb mit frischen Bisquits, Obst und Saft; der Korb steht morgens vor die Tür.  

Hübsch und gepflegt - das True Heart Hotel in Fredericksburg Foto Ulrike Wirtz
Hübsch, gepflegt, gemütlich – das True Heart Hotel in Fredericksburg
Das True Heart Hotel ist drinnen und draußen idyllisch Foto Ulrike Wirtz
Seine Cottages sind einzelne Gästezimmer, Kamin und Garten sind für alle da Fotos Ulrike Wirtz

Extratipp Restaurant – Sage Restaurant & Lounge Fisch und Fleisch vom Feinsten. Weinkarte exzellent. Service gut. www.sage-tx.com

Gutes texanisches Rind direkt vor Ort gezogen - serviert  im Restaurant Sage in Fredericksburg Foto Ulrike Wirtz
Gutes texanisches Rind direkt vor Ort gezogen – serviert im Restaurant Sage in Fredericksburg
Relaxt und gediegen - die Atmosphäre im Restaurant Sage Foto Ulrike Wirtz.
Relaxt und gediegen – die Atmosphäre im Restaurant Sage Fotos Ulrike Wirtz

Natur Special – Enchanted Rock State Natural Area und sein Gipfel. Das Areal liegt auf knapp 600 Höhenmeter, seine Spitze ragt nochmals 130 Meter empor als breiter Monolith. Den gilt es zu erklettern, gute Schuhe vorausgesetzt, Klettererfahrung nicht nötig. Allerdings nicht nur bei extremer Hitze immer genug Wasser mitführen. Der Ausblick übers Hill Country belohnt die Kraxelei, für die man eineinhalb bis zwei Stunden einplanen sollte. Sportliche sind schneller. Wer sich davor scheut: Im Gebiet rund um den Enchanted Rock lässt sich schön wandern.  www.tpwd.texas.gov/state-parks/enchanted-rock

Enchanted Rock im Bluetenmeer TX Foto Ulrike Wirtz
Eine Klettertour auf den Enchanted Rock im Texas Hill Country ist Kult Foto Ulrike Wirtz

Stopp in Sachen US-Historie: Am US 290 an der Route von New Braunfels nach Fredericksburg bzw. in umgekehrter Fahrtrichtung kommt der Ort Stonewall – die Heimat des 36. US-Präsidenten Lyndon B. Johnson. Stonewall war sein Geburtsort, hier steht seine Ranch. Hier lebte Johnson vor und nach seiner Amtszeit. Heute ist die Ranch Museum und Bibliothek und Teil des National Historical Park zum Gedenken an den 36. Präsidenten. https://wwwnps.gov/lyjo

Hill Country Texas oder Pfalz - Foto Ulrike Wirtz

Lone Star State – von Wein, Wurst und Texas-Carl

Der US-Bundesstaat Texas steht bei vielen für große Ranches in weiten Steppen, Ölfelder bis in den Golf von Mexiko und für die Houston Mission Control der NASA und ihre Weltraum-Missionen. Dabei wartet mitten im Lone-Star-State – so genannt wegen des einen Sterns in seiner Flagge – das Texas Hill Country, in dem grüne Hügel übers Land rollen wie in der Pfalz. Wohin es deutsche Immigranten aus der Pfalz ab 1845 in Scharen zog. Die pflegen seither mal mehr, mal weniger ihr Erbe. Der Weinbau nimmt jedenfalls zu im texanischen Hill Country – siehe Beitrag zum Teaxs Hill Country und seinen Weinen. (Alle Fotos unten Ulrike Wirtz)

New Braunfels begrüßt Besucher mit einem Flaggenmeer Foto Ulrike Wirtz
New Braunfels begrüßt Besucher mit einem Flaggenmeer

Fehler passieren – so wie das Versehen im Sophienburg Museum and Archives in New Braunfels. Die Stadt mit 100.000 Einwohnern liegt mitten in Texas, Staat im Mittleren Westen der USA. Das Sophienburg, gegründet 1933, hegt und pflegt Tausende Memorabilien zu den deutschen Gründer-Familien der Region. Deren Herkunft erkennen heutige Reisende schon daran, dass Ortsnamen so deutsch klingen: Boerne, Fredericksburg, Gruene und eben New Braunfels. Was es mit letzterem Ort zum Beispiel auf sich hat: Die Stadt heißt nach dem Deutschen aus der Pfalz, der Siedlern aus seiner Region im 19. Jahrhundert den Weg nach Central Texas ebnete – ins Land der rollenden grünen Hügel ähnlich denen der Pfalz. Friedrich …Carl … Prinz zu Solms-Braunfels sein Name.

Drei Millionen Texaner deutscher Abstammung

Und wie das Museum zu seinem Namen Sophienburg kam: Es heißt nach der Gattin Sophie des selbigen Prinzen. Der lebte in Rheinland-Pfalz auf Schloss Rheingrafenstein, war mit weiteren Adelshäusern verwandt und reiste im Juli 1844 nach Texas, um vor Ort Land zur Ansiedlung für Einwanderer aus seiner Heimat zu organisieren und zu kaufen. Aus diesen Immigranten wurden bis heute drei Millionen Texaner, die als Deutsche qua Abstammung zählen.

New Braunfels und sein Sophienburg Musikinstrumente deutscher Siedler Foto Ulrike Wirtz
New Braunfels und sein Sophienburg Museum zeigt Musikinstrumente früher deutscher Siedler

Das und vieles mehr wird im Museum Sophienburg mit alten Fotos, Dokumenten und neuen Infotafeln erklärt. Und dokumentiert auch mit Mobiliar und Kleidung anno dazumal made in Germany. Ebenso ausgestellt: etwa Kegel und Kugeln aus Holz und Musikinstrumente , alle mitgebracht vom einstigen Zuhause.

Mainzer Adelsverein und Texas-Carl

Und der Fehler? Den ersten Raum der Ausstellung schmückt prominent an seinem Eingang ein Gemälde der deutschen Fahne. Ihre Streifen: Schwarz, Rot, Gold in der Reihenfolge von links nach rechts. Jedoch verlaufen die Streifen von oben nach unten statt quer, wie es der deutschen Flagge entspricht und schon im 19. Jahrhundert entsprach, als Menschen zuhauf aus der Pfalz nach Texas umzogen. Auf den Fehler hingewiesen, reagiert Keva Hoffmann-Boardman peinlich berührt. Verständlich. Schließlich ist sie die Kuratorin des Sophienburg Museums und auch zuständig für Lernprogramme zum Thema: „Ist es wirklich falsch, wenn die Streifen hochkant stehen?“

Der Gast. „Das ist so, als hänge die US-Flagge mit ihren Stars and Strips oder eine Abbildung davon hochkant. Dann fänden sich die Sterne unten links statt oben links. Und ihre Streifen verliefen vertikal statt horizontal. Die Kuratorin: „Okay. Dabei sind wir immer so akkurat, wenn es um unsere deutsche Historie geht.“ Und verweist auf ihre eigene Herkunft: „Du siehst, ein Teil meines Nachnamens ist Deutsch. Meine Großmutter war die dritte Generation pfälzischer Immigranten hier im Hill Country und sprach noch Deutsch. Selbst meine Eltern sprechen noch deutsch. Ich leider nicht mehr“, so Keva Hoffmann-Boardman.

Prins Solms neben der falsch aufgehängten deutschen Flagge Foto Ulrike Wirtz
Prinz Solms – neben der falsch hängenden deutschen Flagge

Wie die deutsche Geschichte in Texas begann, erzählt das Museum Sophienburg en Detail: Friedrich …Carl … Prinz zu Solms-Braunfels und weitere Adlige seines Umfelds taten sich für den Zweck der Immigration in den US-Staat im mittleren Südwesten zusammen und gründeten den „Verein zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas“, kurz „Mainzer Adelsverein“.

Das geschah 1842 in Biebrich am Rhein. In der Sache war man so erfolgreich, dass binnen kurzer Zeit Hunderte Pfälzer ins Hill Country umzogen, das mit seinen Hügeln und Flüssen – dem schmaleren Comal River und dem breiten Guadalupe River – so an die alte Heimat-Idylle erinnert. Das Gefühl stellt sich auch schnell bei dem ein, der heute als Tourist in diese Hügellandschaft von Texas reist. Die Idylle an Rhein, Mosel und Saar lässt grüßen. Doch zurück in den Sommer 1844. Seither weilte der Prinz höchstpersönlich vor Ort in der neuen Heimat und war so extrem rührig, dass er den Spitznamen Texas-Carl bekam.

Neues Zuhause mitten in Texas

Selbiger gründete dann am 21. März 1845 den Ort New Braunfels, gelegen auf rund 200 Meter an den Ufern des Comal River. Im Dezember 1945 kehrte Texas Carl zurück an den Rhein, heiratete besagte Sophie. Sein Nachfolger vor Ort in Texas wurde Otfried Hans Freiherr von Meusebach und gründete im Mai 1846 den Ort Fredericksburg und benannte den nach Prinz Friedrich von Preußen. Fredericksburg liegt rund 120 Kilometer nordwestlich von New Braunfels, zählt heute 11.000 Einwohnern und schmiegt sich buchstäblich auf 516 Meter in die Hügel im Hill Country. Dort warten Wein und Weinstraße ähnlich der in der Pfalz – siehe Teil 2 (folgt).

Kultiviertes Deutschtum schöne Zeitreise

Doch zunächst steht New Braunfels an – wie bei den einstigen Einwanderern. In der Stadt pflegen die einstigen Pfälzer ihr Erbe im Museum und im Hier und Jetzt des täglichen Lebens: architektonisch, kulturell auch bei der Sprache und lukullisch. Somit treffen Besucher unweigerlich auf Deutschtum, angefangen bei den Ortsnamen. Oder bei den Siedlernamen, zu denen es im historischen Distrikt von Braunfels um die Straßen Comal Avenue (Ave) und East Mill Street (St) noch deren einstige Häuser gibt.

New Braunfels Schöner Wohnen im Historic District  Foto Ulrike Wirtz
New Braunfels steht für sehr schönes Wohnen im Historic District

Heute ist hier überwiegend Wohngebiet mit Einfamilienhäusern: meist hübsche Holzhäuser umgeben von Blumenrabatten, Hecken und Laubbäumen – alles entlang schmaler Straßen, die sanft bergauf und bergab führen. Es sieht gemütlich aus und ist es auch, da kaum Betrieb herrscht. So können sich die alten Häuser hervortun, obschon sie klein bemessen sind, auch bei Fenstern und Haustüren. Sie haben also so gar nichts vom typischen Südstaaten-Stil nach griechisch-römischem Vorbild, sondern könnten so auch in Denkmal geschützten Dörfern an Ahr und Rhein stehen.

Hier wie da wurden sie von Pfälzern – hier als Siedler – in Fachwerk-Bauweise errichtet wie typisch zur Mitte des 19. Jahrhunderts in Good Old Germany. In der neuen Heimat heißt die Bauweise Timber Framing und wird im Museum anhand einer Musterwand anschaulich erklärt. Im historischen Teil von New Braunfels informieren Hinweisschilder an einzelnen Häusern, wie mit ihnen alles anfing. Als da wäre das

Bescheidene Anfänge In New Braunfels im Historic District - erste Siedler-Häuser wie das vom später berühmten   Botaniker LIndheimer Foto Ulrike Wirtz
Zeitzeugen In New Braunfels im heutigen Historic District – original alte Häuser früher deutscher Siedler wie das vom später berühmten Botaniker LIndheimer

Haus Nr. 491 in der Comal Ave, ein schlichter Bau in grau-blauer Farbgebung. Hier war um 1852 Ferdinand Lindheimer zu Hause, der als der Entdecker überhaupt der texanischen Botanik gilt und dem zu Ehren die Stadt New Braunfels 1928 nahe seinem Wohnhaus eine grüne Oase gewidmet hat: den Lindheimer Plaza mit Bäumen und Bänken und seit 2014 anerkannt als Lone Star Legacy Park. Diese Einstufung verleiht der Staat Texas als höchste Ehrung einer solchen Gedenkstätte und ehrt damit prominente Bürger, denen bereits lokal besondere Ehre erteilt wird.

Fachwerk-Bauweise wie in der Pfalz

Dann das Hohmann House an der 273 East Mill St, das durch spätere Anbauten und eine Veranda mit Säulen im Südstaatenstil nur noch wenig vom einst deutschen Baustil erkennen lässt. Es könnte sich aber auch am britisch-viktorianischen Stil orientieren, dem im späten 19. Jahrhundert etliche Zugereiste frönten. Wieder eher alt-pfälzisch kommt das Guessow House an der 234 Comal St daher: ein Haus in Weiß mit braunen Holztüren und Fensterläden und genauso vorstellbar an der pfälzischen Weinstraße.

Das hatte ein gewisser Gustav Schmidt anno 1865 für 100 Dollar gekauft und im folgenden Jahr für das Vierfache weiterverkauft. Wie geschäftstüchtig. Das Haus heißt heute aber nach Wilhelm Guessow, der das Haus 1881 erwarb. Wer die Übersichtskarte zur alten Downtown durchgeht, stößt immer wieder auf Deutsche aus den frühen Jahren im Hill Country; so etwa ein Joseph Klein mit Haus von 1852 (135 North Market St) oder ein Heinrich Voelker mit Haus von 1872 (424 Comal Ave). Die Liste ließe sich fortsetzen, die Zeitreise wie durch historische deutsche Idylle auch.

Krause’s Café ist gastronomisch alles – nur kein Café

Diese Reise geht in Downtown in Krause’s Café & Biergarten weiter, mit seinen Anfängen 1938. Ein Plakat draußen zeigt, was unter anderem zu erwarten ist: nämlich Masskrug-Stemmen mit Krügen made in Germany – das über den Sommer. Die Ankündigung könnte schon wegen ihrer Optik mit den Originalkrügen auch irgendwo in Bayern aushängen.

Deutsches Erbe in New Braunfels - daran erinnert das Mural bei Krause's Café Foto Ulrike Wirtz
Noch mehr deutsches Erbe in New Braunfels – daran erinnert das Wandgemälde draußen bei Krause’s Café

Die hohe Wand schon draußen am Eingang schmückt ein groß dimensioniertes Wandgemälde mit dem Spruch „Gemütlichkeit zur Ewigkeit“ und dazu ein Mann in weißer Metzgerschürze, der Würste im Bündel in der Hand hält. Drinnen geht es stilistisch mit alemannischer Bierzelt-Atmosphäre weiter, denn die Gäste sitzen an den typisch deutschen Biergartentischen und -bänken.

Bierzelt-Atmosphäre und Jäger Schnitzel

So setzt es sich lukullisch fort: Die Karte bietet eine Munich Platter, bedeutet Sauerkraut, Schweinerippe und Würstchen nach bayerischer Art. Des Weiteren steht im O-Ton zu lesen: Jäger bzw. Wiener Schnitzel (letzteres vom Kalb); Schweinshaxe und German Meatball (deutsche Frikadelle) mit Spätzle. Der Spruch über den zig Bier-Zapfhähnen der Theke lautet „In New Braunfels ist das Leben schön“. Und unter den angekündigten 80 plus Biersorten aus den Hähnen reicht die Auswahl von Bitburger über Paulaner bis Warsteiner.

Viel Tradition, gute Bierzelt-Atmosphäre in Krause's Café Foto Ulrike Wirtz
Germanische Tradition in nicht zu deftiger Bierzelt-Atmosphäre – dafür steht Krause’s Café in Downtown New Braunfels

Aber ehe es zu viel wird der gepflegten Deutschtümelei, gezapft wird auch Bud Light, ein US-weit verbreitetes Bier, oder Revolver Rewind, ein in Texas für Texas gebrautes Pils nach deutscher Manier, oder Yellow Rose, ein IPA-Bier mit viel Hopfen, also eher bitter und blond in der Farbe. Zu essen gibt es überdies noch Burger und Grilled Ribeye handcut von texanischen Rindern.

Mehr als deutsches Back to the Roots 

Indes steht das Hill Country für noch mehr Fakten und Feeling, im Lone Star State unterwegs zu sein. Das zeigt sich an texanischen Autokennzeichen vor Krause’s Café oder Aufklebern auf Autos pro Trump bzw. mit der Aussage, dass Texas ein roter, also republikanischer Staat bleiben soll. Das ist er seit langem, und der Wunsch dieser Texaner ging mit Trump’s Wiederwahl im November 2024 in Erfüllung.

Trump-Fans gibt's auch in New Braunsfels Foto Ulrike Wirtz
Trump-Fans gibt’s überall – auch in New Braunsfels

Das Flair vom Staat großer Ranches in weiten Prärien transportieren auch Leute mit Western-Stiefel und Cowboy-Hut auf den Asphaltstraßen. Und auch auf Plakaten kommender Life Acts bei Krause’s etwa für den Country-Western-Sänger Monte Good oder Reggae- und Rock-Interpret Rich Lockhart lassen sich beide Protagonisten mit Cowboy-Hut abbilden.

Metzgerei-Handwerk in 6. Generation

Deutsche Fleischwaren sind zwar auch die Spezialität der 1845Texas Meat Company und das seit 1845. Jedoch habe die Metzgerei ihre Produktpalette inzwischen nach texanischem Geschmack erweitert, betont Brandon Dietert, aktuell Vice President der 1845Meat Company und in direkter Linie ein Nachfahre der einen von zwei Gründerfamilien des Betriebs. „Wir waren zugleich Mitbegründer von New Braunfels – zeitgleich mit Texas-Carl“. Seinen Ritt durch die Tradition macht Brandon verständlicherweise mit einem gewissen Stolz. „Dietert – das sind wir als die eine Gründer-Familie der Metzgerei. Die andere waren Verwandte von uns, die Familie Tays. Unsere Vorfahren kamen auf einem kleinen Segelschiff nach hier. Drei Monate dauerte ihre Reise.“ Beide Familien sind auch heute Inhaber der Company mit genau 180-jähriger Tradition in 2025.

Noch immer Metzger-Handwerker üben die Nachfahren erster Familien in New Braunfels aus Foto Ulrike Wirtz
Seit 1845 üben die Nachfahren erster deutscher Familien in New Braunfels das Metzger-Handwerk aus

Brandon Dietert spricht von sich und seiner Familie als „Texas-Germans. Ich bin in sechster Generation direkter Nachfahre der Gründer. Meine Kinder also 7. Generation. Unsere Familie kam mütterlicherseits aus der Pfalz, väterlicherseits aus Norddeutschland“. Seine Großeltern und Eltern seien noch traditionell im Sinn ihrer Herkunft gewesen. Brandon: „Sie sprachen Deutsch miteinander und wollten die Tradition fortgesetzt wissen. Deutsch sprechen noch etliche Texas-Germans. Wie auch mein Großvater. Er war 90 und hat mich nie wirklich akzeptiert, da ich nicht Deutsch lernen wollte“. Ergänzt in Deutsch mit US-Akzent: „Verstehen kann ich Deutsch schon.“ Fährt wieder in seiner landessprache fort: „Meine Kinder lernen es in der Schule und lesen es gut. Aber wirklich sprechen können sie Deutsch auch nicht.“ 

Altdeutsche Rezepturen modernisiert mit würziger Schärfe

Brandon kommt auf den Betrieb zu sprechen: „Wir fertigen teils nach unseren alten deutschen Rezepten. Nämlich geräucherte Würste, Schinken und Bratwurst. So wie es unsere Eltern, Großeltern usw. taten.“ Aber schon die 5. Generation – seine Eltern – hätten die Ware weiterentwickelt. Konkret: „Sie nahmen die gleiche Würze, aber mehr davon. Wir heute stellen auch Würste mit scharfen Jalapeno her. Passend zum mexikanischen Einfluss in Texas.“ Schließlich habe texanischer Grund und Boden einst der Nachbarnation Mexiko gehört. Und heute leben viele Mexikaner samt ihrer Lieblingsgerichte im Lone Star State. „Zudem fügen wir heute unseren alten Rezepturen neue angesagte Geschmäcker hinzu, Schärfe etwa durch schwarze und grüne Pfefferkörner. Und bald starten wir mit Dry Aged Salami wie aus Italien.“ Was sie natürlich seit langem auch anbieten: „An Thanksgiving Truthahn. Ein Muss zum Erntedankfest“, betont Brandon. „Da sind wir ganz amerikanisch.“

Süße Verführungen in der 2Tarts Bakery

Die Unterhaltung findet statt in der 2Tarts Bakery in Downtown New Braunfels. Hier trifft man sich. Einige sagen sogar, hier sei der eigentliche Mittelpunkt von Downtown entstanden. Jedenfalls ist von hier vieles gut fußläufig erreichbar. So sind es von der Bäckerei 300 Meter zu Fuß zu Krause‘s Café und zum Brauntex Performing Arts Theatre; desgleichen zum Restaurant Huisache Grill, das mit modern-leichter Küche und internationaler Weinkarte sehr zu empfehlen ist, und zum Historic Schmitz Hotel, dessen Name ähnlich dem Namen Krause deutscher nicht sein könnte. Zum Farmer’s Market im Stadtzentrum sind es 400 Meter zu Fuß, zum Lindheimer Haus an der Comal Ave einen knappen Kilometer. Die 2Tarts Bakery brummt. Die Warteschlang ist lang. Man kommt einfach ins Gespräch.

In der 2Tarts Bakery warten viele süße Verführungen Foto Ulrike Wirtz
In der 2Tarts Bakery warten viele süße Verführungen

Die Bäckerei gehört den zwei Schwestern Ashley und April, früher Weilbacher und beide gut 40 Jahre alt. Ashley Landerman: Köchin und Patissière mit Diplom der irischen Ballymaloe Cookery School und aus dem US-TV bekannt als Preisträgerin in Back- und Kochsendungen. April Ryan: studierte Künstlerin, verantwortliche Hochzeitskuchen-Planerin, als solche auch preisgekrönt und als Geschäftsfrau ehrenamtliche Lobbyistin für kleinere Betriebe wie den eigenen.

New Braunfels - eine der zwei Chefinnen des 2Tarts, ist April Ryan Foto Ulrike Wirtz
April Ryan ist eine der zwei Chefinnen des 2Tarts

Das Duo arbeitet mit einem Team von gut 30 Teilzeit-Kräften. Und untertreibt mit dem Namen Bakery – Bäckerei. Denn deren Kuchen, Teilchen, Nachtische, deren französische Eclair und Macaron, elsässische Tarte Tatin mit Apfel, Scones nach irischem Rezept und Hochzeitskuchen – alles ist süße Verführung und traditionelles Konditorhandwerk mit viel französischem Touch.

Alles frisch in den Backofen

April: „Wir wollten von Anfang an nicht „deutsch“ backen, sondern europäisch.“ Daher auch der französische Name 2Tarts für den Betrieb, gegründet 2010. Man arbeite mit hoher Qualität und nur mit frischen im Gegensatz zu nicht prozessierten Zutaten. „From Scratch“, sagt April und ergänzt. „Da arbeiten wir ganz anders als hierzulande die typischen Brot- und Kuchenfabriken.“ Die Philosophie beider Schwestern: „Wir machen alles von null selbst, arbeiten nur mit Bio-Mehl, frischen Eiern und jeder Menge frischer Butter“ (April). Und alles beziehen sie aus der Region, auch die Pecan-Nüsse für den für den Staat typischen Texan Pecan Pie. Der darf im Angebot nicht fehlen – und schmeckt köstlich.

Früher schon mal Ghost Town

Mit den Geschicken und Geschichten deutschstämmiger Familien aus den frühen Jahren hört es an der Peripherie von New Braunfels nicht auf. Zum Beispiel Gruene, 1850 gegründet als selbständiger Ort, heute ein Teil von New Braunfels und von 1950 bis in die 1970er Jahre zur Ghost Town geschrumpft. Einige alte Gebäude blieben erhalten, wurden restauriert und beherbergen nun auch Restaurants und Shops. Und zeugen von der Zeit, nachdem eine deutsche Familie Grüne 1845 hierher gezogen war, in eine Gegend, wo es noch nichts gab außer Land und Guadalupe River. Sie machten nach und nach mit Baumwolle Geld. Der Ort wuchs. Das Haus der Gründerfamilie überlebte und ist heute als Gruene Mansion Inn ein Hotel.

Das Gruene Mansion Inn war einst Wohnhaus der Gründerfamilie Gruene Foto Ulrike Wirtz
Das Gruene Mansion Inn war einst Wohnhaus der Gründerfamilie Gruene

Heute ist Gruene vor allem auch bekannt und gut frequentiert wegen seiner Dance Hall. Deren Bauherr war Heinrich Grüne, später genannt Henry Gruene. Er ließ sie 1878 errichten. Auch sie überlebte das Auf, Ab und Auf des Orts und gilt heute als eine der ältesten ihrer Art. Ihr Gebäude aus Holz mit Zinkdach erinnert in Größe und Bauart an eine groß dimensionierte Scheune. Eine Tür schwingt leicht quietschend auf und zu. Und im Rhythmus, wie die Tür auf- und zugeht, ist Musik von Violine, Gitarre und Klavier mal mehr, mal weniger laut zu hören.

In der Gruene Hall wird seit 1878 getanzt Foto Ulrike Wirtz
In der Gruene Hall wird seit 1878 getanzt

Ihr Dance Floor sind alte Holzbohlen, auf denen sich Western-Boots mit normalen Schuhen, die mit Eisen beschlagen sind, ein kräftiges Klack-Klack-Duell liefern, egal ob darin die Füße von Männer oder Frauen stecken. Der Traditionstanz heißt Two-Steps. Sich vorzustellen, dass es so seit 150 Jahren geht – wow.

Klack klack fast täglich

Gedränge herrscht zwar nicht an diesem beliebigen frühen Donnerstagnachmittag. Aber der Tanzboden ist gut gefüllt. „Fast täglich ist hier Tanz. Da kommen Einheimische und Touristen hin“, erzählt später Margy vom B&B Historic Kuebler Waldrip Haus. Von hier sind es 15 Minuten im Auto zur Tanzhalle. „Gruene ist immer ein Tipp von uns für unsere Gäste.“ Ein Blick in die Annalen der Dance Hall zeigt: Hier traten und treten internationale Berühmtheiten auf, Country-Stars, darunter Garth Brooks und der jüngst verstorbene Kris Kristofferson.

Den Ort Gruene gründeten Deutsche 1850, ein Schild weist den Weg heute zur Grillwurst  Foto Ulrike Wirtz
Den Ort Gruene gründeten Deutsche 1850, ein Schild weist den Weg heute zur Grillwurst

Auch die US-Rockband ZZ Top gab sich 2019 die Ehre, mit ihren texanischen Wurzeln in Houston, Millionenmetropole mit dem Flughafen G. Bush Intercontinental drei Autostunden entfernt. Aktuell steht Lyle Lovett, Ex-Gatte von Julia Roberts, auf der Bühne. Das deutsche Erbe manifestiert sich unübersehbar an der Werbung eines Imbiss, die deutsche gegrillte Wurst verheißt.

Ohne Pferd und Kutsche

Wie einst die Gruenes zog es auch die ersten Besitzer des heutigen B&B Kuebler Waldrip Haus in die Abgeschiedenheit außerhalb der neuen Stadt. Doch das sollte sich kaum ändern, der Besitz liegt nach wie vor abgelegen. Daher stellt sich hier ein Gefühl ein, wie es einst einmal gewesen sein muss. Wie es per Pferd oder Pferdekutsche oder zu Fuß nach New Braunfels ging – damals wie heute rund zehn Kilometer. Nur dass man heute im Auto bequem über asphaltierte Straßen fährt und in zehn Minuten in New Braunfels ist. Was angelegen bedeutet: Das Kuebler Waldrip Haus liegt inmitten von 18.000 Quadratmeter Weiden und Wiesen, hat nur einen Nachbarn sichtlich da hinten. Am Weg hierher zeigte sich nur an Gattern und Zäunen, dass sich irgendwo weitere Anwesen verbergen.

Hier checkt also gut ein, wer es so einsam mag. Margy ist die Hausherrin des B&B, zählt rund 80 Lenze und setzt sich gern zum einen und anderen Plausch zu den Gästen, erzählt von den Anfängen ihres Kuebler Waldrip Hauses, während unter blauem Himmel auf der Terrasse am Haupthaus gefrühstückt wird. „Das Haupthaus ist 1870 aus Limestone und schweren Hölzern gebaut worden. Haus und Land gehörten ab 1870 bis 1974 erst Andreas und Katherine Pape, dann Willie und Olga Kraft. Beide Familien sind auch deutscher Herkunft. Wir haben 1974 die Immobilie gekauft.“ Wir, das waren sie und ihr Gatte Larry Waldrip. „Mein Mann ist verstorben“, so Margy. „Nun führe ich das B&B mit unserem Sohn Darrell. Deutsche Gäste wissen wegen der Namen sofort, dass unsere Familien Kuebler und Waldrip auch aus Deutschland kamen. Die Waldrips sollen aus Westfalen stammen.“

Mit spanischem Erbe

Aber Margy hat sich eher weniger dafür  interessiert – „sondern mehr fürs Spanische, zumal Texas einst Teil von Mexiko war. Später wurden wir zur Republic of Texas mit der langen Grenze zu Mexiko. Seit 1845 sind wir der 28. Staat der United States of America. Deutsch spreche ich nicht, aber Spanisch. Ich habe die Sprache sogar unterrichtet. Ich war Lehrerin.“ Bis sie in den Ruhestand ging und das Kuebler Waldrip Haus zum B&B machte. Das war 1987.

Rustikales Wohnen im B&B Kuebler Waldrip Haus außerhalb von New Braunfels Foto Ulrike Wirtz
Rustikales Wohnen im B&B Kuebler Waldrip Haus außerhalb von New Braunfels

Heuer hat ihr Betrieb zehn Gästezimmer, verteilt auf drei Gebäude im rustikalen Stil: das im Jahr 2000 neu erbaute Haus plus das Haupthaus von 1870 plus das dritte von anno 1847. Letzteres ist aus Holz, hat drinnen alte Dielen, die beim Betreten knarzen, und draußen eine geräumige, überdachte Veranda.

Schul-Zeit zum Faulenzen

Es dient als Ferienwohnung für Familien, hat moderne Bäder und eine voll ausgerüstete Küche mit allem Pipapo. Noch dazu hat das Holzhaus von 1847 eine besondere Geschichte. Denn es wurde als Schulhaus erbaut, die Schüler der ersten Siedler drin unterrichtet. Hinzu komme noch etwas, erzählt Margy. „Die Schule stand früher woanders, war zuletzt zu alt und klein geworden und stand 1990 zum Verkauf. Wir haben das einstige Schulhaus erworben und es aufwändig per LKW zu uns transportieren lassen.“

Gäste wohnen im Kuebler Waldrip Haus auch in einem einstigen Schulhaus Foto Ulrike Wirtz
Gäste wohnen im Kuebler Waldrip Haus auch in diesem einstigen Schulhaus

Doch genug der neuen und alten Geschichten. Vor der Veranda werfen Laubbäume angenehme Schatten und lassen einen in einem Schaukelstuhl von anno dazumal versinken und schön faul vor sich hindösen.

Wichtige Websites und Infos

Allgemeine Informationen zu New Braunfels und Umgebung unter https://visitnbtx.com. Zur Erkundung von New Braunfels Historic District auch zu Fuß https://walkingtournewbraunfels.com. Details zu Krause’s Café https://krausescafe.com. Zum Metzgereibetrieb mit 180jähriger Tradition https://1845Meat.com. Zur Konditorei der Schwestern April und Ashley www.2tarts.com. Zum Ort Gruene, einst eine Ghost Town, unter https://gruenetexas.com. Speziell zur Tanzhalle Gruene Hall von 1872 https://gruenehall.com. Zum ruhig gelegenen B&B Kuebler Waldrip Haus www.kueblerwaldrip.com

Extra-Tipps zum Essen: Huisache Grill and Wine Bar, die internationale Tropfen, auch deutsche, und natürlich texanische serviert. Die Wine-List ist sehr gut sortiert. Seine Küche beschreibt das Restaurant mit 30 Jahren Tradition selbst zurecht als kreativ und bezieht seine Zutaten aus der Region. Köstlich sind seine frischen gegrillten Forellen, sein Spinatsalat oder die klassischen Sandwiches modern-leicht interpretiert. Steaks gibt es natürlich auch. Das Restaurant im kleinen alten Gebäude aus den 1930er Jahren mit Bar, Kamin und Terrassenbetrieb hat zeitlos-gemütliches Flair mit angenehm-intimer Atmosphäre drinnen wie draußen. https://huisachegrill.com

Feine Kücheim alten Gebäude - der Huisache Grill in New Braunfels Foto Ulrike Wirtz

Gristmill River Restaurant & Bar, gegründet 1977 und in Gruene direkt am Ufer des Guadalupe River gelegen. Seine Location: die Überbleibsel einer Baumwoll-Mühle von 1878. Sein Erkennungszeichen: der alte Wasserturm. Flair und Kochstil: leicht rustikal – von großer Steak-Auswahl über frischen Fisch und Burger bis zu Salaten. Durch die Lage und seine Bauart wirkt es klein und verwinkelt, ist aber sehr groß. An Getränken gibt es Biere und Weine, auch aus Texas, aber gerade auch Sangria und Margarita. https://gristmillrestaurant.com

Gruene - das Restaurant  Gristmill  tischt am Ufer des Guadalope auf Foto Ulrike Wirtz.
Gruene – das Restaurant Gristmill tischt am Ufer des Guadalope River Leckeres auf Foto Ulrike Wirtz
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Südstaaten-Küste – Teil 2- Louisiana zwischen Sumpf, Marsch und Meer

Der Südstaat war im Südwesten bis zur Golf-Küste einst teilweise Niemands-Land. Heute gefallen am Weg hierher historische Gemäuer und Garten-Zauber. In alten Tanzhallen steppt der Bär, und wer will, tanzt mit. Sümpfe und Marschen sorgen für Begegnungen mit Alligatoren – sicher vom Boot aus. Und am Meer warten Sandstrände ohne Bettenburgen und Beach Boulevards. Ein Road-Trip als Rundkurs mit Rekord.

Erst kurz nach Norden, dann gen Westen

Die Sonne ist untergegangen am Lake Pontchartrain an diesem Mai-Abend. Der See dehnt sich von New Orleans nord-westlich aus. Und sein Wasser droht bei Hurrikans New Orleans im Südosten des Sees zu überfluten, so dass sechs Meter hohe Deiche errichtet wurden. 2005 vergebens, als Hurrikan Katrina Deiche brechen ließ und New Orleans von Flutwellen des Lake Pontchartrain getroffen wurde.

Typisch an Bayou, See und Meer - Häuser auf Stelzen Foto-Ulrike Wirtz_3720.jpg
Typisch an Bayous, Seen und Golf-Ufern – Häuser auf Stelzen, um den Flutwellen zu trotzen Foto Ulrike Wirtz

An dem Mai-Abend ist aber kaum Wind, es sind noch Wochen bis zur Hurrikan-Saison, und am nordöstlichen Seeufer schwappt das Wasser leicht gegen die steinerne Befestigung. Einige Boote sind auf dem Wasser unterwegs. Das ist schön anzusehen vom Logenplatz: der Balkon des Restaurants Rips on the Lake, gelegen am nordöstlichen Ufer im Städtchen Mandeville. Als Sun-Downer gibt‘s Cocktails, vielleicht Vodka Gimlet oder Rips Hurricane, aber dann doch lieber einen Sauvignon Blanc.

# New Orleans – IS 10 West, Pontchartrain Causeway North, LA 1087 East – Mandeville – 50 KM

Der See und Mandeville ist der erste Stopp des Road-Trips mit Rundkurs durch Louisianas Südwesten bis zur Küste des Golfs von Mexiko. Der Trip führt wegen Lake Pontchartrain erst kurz gen Norden – mit Start in New Orleans. In der ikonischen Südstaaten-Metropole stimmte der Trip mit angesagten Musts ein: blaue Stunden mit Jazz und Blues-Musik, mit Entdeckungstouren tagsüber durch das dann ruhige Amüsierviertel French Quarter und seiner berühmten Bourbon Street und illustren alten Häusern im Viertel. Und dazu der absolute Kontrast: der seit dem Civil War (1861-1865) angesagte Garden District von New Orleans mit schattigen Alleen und Villen in alter Südstaaten-Pracht, die unter Denkmalschutz stehen. Einige stammen noch aus dem frühen 19. Jahrhundert, von vor dem Krieg also, und sind schön restauriert. Sehr empfehlenswert: eine Tour mit Guide.

Ultimative Seebrücke

Danach geht es auf dem Weg nach Südwest erst über den Lake Pontchartrain. Es gibt zwei Optionen bei der Route – eine über die Interstate IS 10 East am östlichen Seeufer vorbei und am Ende des Sees links ab auf die IS 12 West. Die zweite Option folgt geradeaus gen Norden dem Lake Pontchartrain Causeway – und ist unsere Wahl, da als Rekordstrecke ultimativ für Road-Trip-Fans. Denn der Causeway ist eine Seebrücke und 38,442 Kilometer (23,75 Meilen) lang, führt die ganze Distanz immer nur über Wasser und ist damit die längste Seebrücke ihrer Art in der Welt. So nachzulesen etwa im Guinness-Buch der Rekorde.

Zum Vergleich: Aktuell entsteht im Ostsee-Bad Prerow eine 720 Meter lange Seebrücke, ist damit die längste über die Ostsee. Oder man stelle sich eine 40 Kilometer lange Brücke über den Bodensee vor. Der hat jedoch nur 536 Quadratkilometer Fläche. Lake Pontchartrain, der vom Mississippi River gespeist wird, misst mit 1839 Quadratkilometer gut das Dreifache. Die Autofahrt über diese Brücke ist mein persönlicher Rekord, da bisher nicht 40 Kilometer im Auto nur über Wasser gefahren. Den Trip begleitet noch dazu das Gefühl, als gleite der Wagen auf dem Wasser dahin wie ein Boot.

Das Gefühl stellt sich ein, weil die Wasseroberfläche zum Greifen nah scheint, da die Brücke so niedrig ist. Und da auch ihre Gelände so niedrig sind, verstellen sie kaum den Blick aufs Wasser. Als i-Tüpfelchen führt die Brücke in der Mitte über den riesigen See, d.h. rechts und links, vorne und hinten vom Auto nichts als Wasser. Kilometer für Kilometer. Nun danach am Abend stellt sich dank Logenplatz eigentlich Entspannung ein. Die Rekordbrücke ist aber am Horizont an Autolichtern erkennbar. Die wirken wie eine Prozession Glühwürmchen, aber mit Lücken je nach Abstand der Autos. Die Lücken werden größer je später der Abend. Bei dem Anblick stellt sich kurz erneut das mulmige Gefühl von der eigenen Fahrt wieder ein.

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Nachts mehr Fata Morgana als Rekordhalter – die längste Seebrücke der Welt über den Lake Pontchartrain Foto Ulrike Wirtz

Gut, dass jetzt Kellner Billie gedünsteten grünen Spargel zu frischer See-Forelle serviert. Der Gang davor war Krebssuppe auf Basis von Senf-Sahnesauce. Derweil kommt Roslyn F. Prieto, die Restaurant-Chefin, auf einige Worte an den Tisch, fragt, ob es schmeckt, erzählt von den Anfängen ihres Lokals.

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Das Rips on The Lake serviert Meeresgetier fangfrisch – hier seine Shrimps Foto Ulrike Wirtz

Zeigt dann in Richtung Brücke. „Die siehst Du im Dunkeln nicht ohne Autos.“ Und weiter: „Manchem unserer Gäste ist die lange Fahrt nur über Wasser nicht angenehm. Sie kommen daher lieber den längeren Weg am östlichen Seeufer entlang. Wie früher.“ Sie meint vor 1956, da wurde die Brücke über die Seemitte erbaut. Roslyn hat ihr Lokal im Jahr 2000 übernommen. „Anfangs bin ich auch nicht gern über den See gefahren. Nun bin ich dran gewöhnt. Und wohin fahrt Ihr als nächstes?“ Ich: „Durch den Südwesten.“ Sie: „Ihr sucht bestimmt nach dem Niemandsland. Da seid Ihr selbst nahe der Golf-Küste auch heute ziemlich allein.“

Noman‘s Land – das Areal lag Anfang des 19. Jahrhunderts zwischen Louisiana und Texas. Hier herrschte Gesetzlosigkeit, was Piraten und windiges Volk anzog. Der Grund für fehlende Regeln waren Streitigkeiten über die Aufteilung des Areals zwischen den USA und Spanien, beide damals die Herrscher in der Region. Die reichte der Länge nach von der heutigen Stadt Shreveport im Binnenland bis zur Golf-Küste im Süden. 1821 beendeten die Kontrahenten den Zustand per Vertrag. Roslyn: „Nun gingen immer mehr europäische Siedler dorthin. Aber die Küste und die Region davor blieben weiterhin fast menschenleer. Da ist es noch wie früher.“ Und meint natürlich nicht die Gesetzlosigkeit, sondern die Natur der Marschen und Sümpfe und die einsame Meeresküste.

# Mandeville – US 190 South, IS 12 East – Honey Island Swamp Tours Crawford Landing – 40 KM

Doch erst locken Marsch- und Sumpfland nahe Lake Pontchartrain. Auch hier ist viel typische Flora und Fauna alter Zeiten zu sehen, weil viel Naturschutz einzog und das, obschon unter Land und Wasser bis hin zum Meer und unter dem Meeresboden Öl gefördert wird. Mit dem Schutz der Natur kam das lizensierte Geschäft für Bootstouren mit Guides durch Sümpfe und Marschen und sind ideale Exkursionen.

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In den Sümpfen fährt man sicherer im Boot mit Captain, hier von Veranstalter Honey Island Swamp Tours Foto Ulrike Wirtz

Ein Anbieter seit 1982: Dr. Wagner’s Honey Islands Swamp Tours in Slidell, ein Nachbarort von Mandeville. Bei Dr. Wagner ist die nächste Generation am Ruder, Paul und Brenda Trahan. Paul: „Wir folgen dem ökologischen Ansatz von Dr. Wagner. Er war Geologe und Naturschützer. Die Boote heute sind aus leichtem Aluminium und flach wie eine Flunder und befahren die seichten Gewässer schonend.“

 Früher menschenfeindliche Wildnis, heute Naturparadies

Während er erzählt, legt Paul mit 15, 16 Leuten an Bord ab, erklärt, dass er zunächst ein Stück über den Pearl River fährt, dann abbiegt in kleinere verzweigte Wasserläufe. „Ihr wisst es wahrscheinlich – die Wasserläufe der Südstaaten heißen Bayous. Die sind überall im Süden von Louisiana. Dazwischen liegen Asphaltstraßen – mal breiter, mal schmal, aber breit genug für ein Auto. Captain Paul danach eher rhetorisch: „Könnt Ihr Euch das frühe Leben hier vorstellen?“ Erst das der First Nations der Indianer, später der Europäer. „Alligatoren, Schlangen, giftige Pflanzen, Sümpfe und kaum Wege. Es war tropisch-heiß, Regen fiel en Masse. Und überall Mücken.“ Dass es heute genügend Straßen gibt, ist auch der Ölindustrie geschuldet, die gute Infrastruktur brauchte.

Dösende Alligatoren

Unterwegs im Boot stellt sich zunehmend als angenehm heraus, dass die Swamp-Tour von der sicheren Position eines Profiboots mit Guide stattfindet. Denn in den Bayous ist alles dicht bewachsen, Ufer sind nicht mehr erkennbar, stattdessen Wasser, Sumpf und Marsch.

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In den Bayous herrscht oft eine Stille, die man zu hören glaubt Foto Ulrike Wirtz

Da bleibt die Orientierung für Fremde schnell auf der Strecke. Und schon blinzelt einen ein Alligator aus wachsamen Augen an. Dabei scheint er zu dösen. Sie leben hier dank des hohen Süßwassergehalts (fresh water). Ebenso Schildkröten, von denen manche stoisch in der Morgensonne auf Baumstämmen ruhen. Nutrias paddeln vorbei. Am Himmel ziehen Vögel aller Art, auch Pelikane, ihre Bahnen. Auch Adler und Eulen sind heimisch. Im Wasser zeigen sich Seelilien im Naturschauspiel in ihrer exotischen Pracht. Bizarr wirken die Sumpf-Zypressen – wegen ihrer fürs nasse Umfeld entwickelten Wurzeln, die wie tote Baumstümpfe aus dem Wasser ragen.

Versteckt leben im Bayou

Dass Sehenswertes aufs Boot und seine Gäste zukommt, merkt man daran, dass der Kapitän den Motor drosselt, bis es lautlos nur noch im Schneckentempo weitergeht. Und so taucht auf einmal ein Häuschen auf hohen Stelzen auf, mit kleinem Bootssteg und Terrasse. Und das mitten im Outback. „Hier wohnten früher sogar Familien mit Kindern, die per Boot zur Schule gebracht wurden“, erklärt Captain Paul. „Heute sind das Wochenenddomizile und gehören meist noch den früheren Siedlerfamilien. Die halten daran fest. Daher können hier Fremde kaum etwas kaufen.“ Früher hier leben hieß kein Strom, Telefon oder TV, bis sich das mit Generatoren und Mobilfunk änderte. „Viele Häuser gibt es in den Bayous aber sowieso nicht.“ Und manche sind sichtlich Ruinen, zerstört durch Hurrikans, wie Paul erklärt.

# Honey Island Swamp Tours – US 190, US 11, Bayou Lane – Restaurant Palemettos on the Bayou – 10 KM

Mit dem Boot ginge es gut weiter zum Lunch im angesagten Palmettos on the Bayou in Slidell. Es liegt im Grünen direkt am Bayou Bonfuca – und hat einen Anleger, da oft Locals den Weg übers Wasser nehmen. Zumal Boote reguläres Verkehrsmittel sind. Wir nehmen das Auto wie viele andere das tun. Der Parkplatz ist gut besucht, das Lokal auch. Es ist in der Tradition der Südstaaten aus Holz und mit diversen Terrassen gebaut. Auf seinen Tischen drinnen liegen feine Stoffservietten.

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Das Restaurant Palmettos on the Bayou serviert fein drinnen und casual draußen Foto Ulrike Wirtz

Die Terrassen haben Böden in rustikalen Holzbohlen und sind ebenso rustikal möbliert. Hier wird casual serviert, ob Lunch, Dinner und am Wochenende Jazz-Brunch. Die Speisekarte führt gegrillte Austern, Fisch fangfrisch oder Rib-Eye, ebenso in Öl frittierten Alligator, sprich fried. Alligator ist typisch in Louisianas Küche, ebenso fried, ob Fleisch oder Gemüse. Ebenso typisch: „pan tossed“ – sprich in der Pfanne Gebackenes.

# Restaurant Palemettos – IS 12 West, IS 10 West, links ab HW 90 Süd – Lafayette – 240 KM

Mit der nächsten Etappe geht es auf einen langen Schlag in den Südwest und das fast immer geradeaus bis zur Stadt Lafayette. Sie hat 120.000 Einwohner, eine Universität mit Campus-Idylle und rund 19.000 Studenten. Am Weg war Baton Rouge, Louisianas Hauptstadt mit 227.000 Einwohnern und alles andere als verträumt wie Lafayette , links liegen geblieben. In Lafayette reist es sich gerade auch auf den Spuren der Acadians, die frühen Siedler mit französischer Abstammung.

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Lafayettes Uni-Campus nach den Graduation-Tagen – etwas Spaß in rotem Talar darf nun sein Foto Ulrike Wirtz

Überall begegnet einem daher der Begriff Acadians. Mit ihnen haben denn auch noch heute Sprache, Kochstil und Kultur viel zu tun. Die ersten Acadians kamen um 1750 in die Region – nach weiten Umwegen, waren sie doch zuerst ins heutige kanadische Nova Scotia emigriert, von dort in die Karibik oder zur Ost-Küste der USA umgezogen und kamen erst danach in Louisianas Südwesten.

Lafayette und die Acadians

Die Acadians fanden hier eine Welt von Bayous, Sümpfen und Marschen vor – ähnlich wie die Siedler im Südosten von Louisiana, wo unser Road-Trip startete. 1820 wurde die Stadt Lafayette gegründet, anfangs unter dem Namen Vermilionville und umgetauft in Lafayette 1823. Das geschah in Erinnerung an den französischen Ahnen  Marquis de la Fayette: dereinst Held der amerikanischen und französischen Revolution und in USA dem General George Washington zu Diensten, der erste Präsident der USA von 1789 bis 1797. Lafayette war Knotenpunkt für Eisenbahn und Handel und Ausgangspunkt vieler Acadians, die weiterzogen ins Noman’s Land, nachdem es gesetzlich geregeltes Terrain wurde.

Kulturelles Erbe

Die University of Louisiana at Lafayette entstand 1898. Ihre Gebäude und ihr Park stammen teils noch aus diesen Anfängen und geben dem Campus eine ansprechend alt-ehrwürdige Atmosphäre. Heuer ist Sonntag, Campus und Park sind fast menschenleer. Betrieb ist dagegen in Downtown mit dem Architektur-Mix aus ansehnlich-alten Gemäuern neben einigen wenigen gesichtslosen Bürohäusern. Große alte Bäume spenden Schatten. Das Wall Street Journal wählte kürzlich Lafayette zur Happiest City in America, das Gallup Institut zur Most Optimistic City. Das ist nachvollziehbar, ist das Flanieren angenehm, die Lokalszene ansprechend und die Auswahl an Boutiquen vielfältig. Ein spezieller Anziehungspunkt ehrt die frühen Siedler: das Acadiana Center for the Arts – kurz ACA – in der Vermilion Street im modernen Glasbau.

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Das Bild The Empress (Öl auf Leinwand) ist eine Leihgabe der Jonathan Ferrara Gallery für das Acadian Center of Arts in Lafayette Foto Ulrike Wirtz

Es ist Location für Meetings, Ausstellungen und Festivals und dient zugleich als Kunst-Galerie, um Maler auch aus der Region zu fördern. Es wird als Non-Profit-Organisation getragen von acht Landkreisen im Südwesten, darunter Parish Acadia und Parish Vermilion (Parish ist so etwas wie ein Landkreis in Deutschland). Ausgestellt sind zeitgenössische Keramiken und Malereien, oft mit Bezug zur afrikanisch-französisch-spanischen Tradition in Louisiana. Dazu passt, dass in Lafayette an fast jeder Ecke das typische Französisch des Staats zu hören ist, wie schon in New Orleans. Und wie schon dort ist dem gesprochenen Wort mit deutschem Schulfranzösisch kaum zu folgen.

# Lafayette – HW 90 South – Vermilionville, Fisher Road – 20 KM

Der alte Name Vermilionville lebt heute fort 15 Autominuten südlich von Lafayette: im anschaulichen Open-Air-Museum namens Vermilionville. Es wurde 1990 als Kopie eines historischen Orts der frühen Acadians am Bayou Vermilion erbaut, um die früheren Lebensumstände der Siedler zu zeigen.

Historisches Dorf mit Tanzpalast

Das geschieht mit original alten Häuschen bzw. hübschen Nachbauten und mit typischen originalen Möbeln. Mit Fotos und Infotafeln, zum Beispiel zu den früheren Baustoffen Schlamm, Moss und Zypressenholz. Mit traditioneller Kleidung, Kochutensilien und Geräten, auch von früheren Fallenstellern, die im Sumpf ihrer Arbeit nachgingen, und von Bootsbauern, die die nötigen Fortbewegungsmittel für die Bayous fertigten.

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Vermilionville bildet die neue Welt für die Siedler im 19. Jahrhundert ab – hier ein Webstuhl Foto Ulrike Wirtz

Das Vermilionville informiert, dass weitere Siedlergruppen in die Region zogen: Briten, Deutsche und einstige Sklaven afrikanischer Herkunft, die sich seit ihrer Befreiung durch den Bürgerkrieg ab 1865 an den Bayous im Südwesten niederließen.

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Vermilionville – der einstige Austritt war mit drei Sitzen nicht intim, aber effizient Foto Ulrike Wirtz

Le Bal du Dimanche

Und was ist da los im hallenartigen Gebäude? Seine Türen gehen ab und an auf, Musik ertönt, wird laut und wieder leise, wenn die Türen wieder zufallen. Performance Center steht am Eingang. Drinnen wird getanzt – „wie früher immer an Sonntagen. Come on, do it“, ruft ein Herr im Vorbeitanzen dem Neuankömmling zu. Alt und Jung schieben sich im Paartanz über das hölzerne Parkett. Andere steppen allein für sich umher – klack, klack, klack. Wer will, tanzt mit. Das mehr oder weniger gekonnte Treiben folgt der Musik von Fideln – live gespielt von einem Duo. Auf Plakaten ist zu lesen, wer bei nächsten Events auftritt: Namen, die unsereins nicht kennt. Die Events heißen traditionell-glamourös Le Bal du Dimanche,  auch der Ball an diesem Sonntag im Mai. Aber statt Robe tun es heuer auch Jeans und T-Shirt.

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Vermilionville – das idyllisches Schulhaus erinnert an harte Zeiten Foto Ulrike Wirtz

Die Musiker demnächst spielen, wie Fotos des Programms zeigen, außer Geige auch Akkordeon – auch das in Tradition der aus Europa stammenden Arcadians. Und ganz anders als die Tradition des Blues, Gospel und Soul in den Südstaaten: das kulturelle Erbe der einst versklavten African Americans. Deren Musik lässt sich gut auf dem Mississippi Blues Trail von Louisiana bis in den östlichen Nachbarstaat Mississippi genießen, also nicht nur in Musik-Venues in New Orleans. Aber nicht zu verwechseln mit dem African American Heritage Trail: Der befasst sich mit dem Leid und Leben der Sklaven. Aber das sind andere Geschichten und Orte (siehe dazu Lebensart-Reise vom yxyx und vom xyxy)

# Vermilionville – HW 90 South (Richtung Morgan City) – New Iberia – 40 KM

Das nächste Ziel ist südlich von Vermilionville und Lafayette das Städtchen New Iberia, gegründet 1765. Hier lässt sich bequem durch mehr als 100 Millionen Jahre Erdgeschichte reisen, nämlich in den Rip van Winkle Gardens mit Villa: das Joseph Jefferson House; und am Lake Peigneur: ein See, der bei einem desaströsen Unfall 1980 auf einmal verschwand. Daran erinnert heute ein aus dem See ragender Kamin. Jeder kann auf diese Zeitreise gehen, da Garten, Villa und See gegen Eintritt offenstehen – anders als früher, als Villa, Jagdgründe und See ein in der Wildnis verstecktes Prachtdomizil für die Ferien waren.

Von der Wildnis zur Idylle

Doch der Reihe nach. Vor rund 165 Mio. Jahren: entstand ein Salt Dome im Innern der Erde nahe New Iberia, so offizielle geologische Zahlen. Hinzu kamen See und Eiland und das alles in Einsamkeit. 1870: Damals baute Joseph Jefferson – der bekannteste Comedian seiner Zeit, weit gereist und verliebt ins Jagen – auf der Insel eine Villa von viktorianischer Opulenz und nutzte sie einige Monate im Jahr vor allem für sein Hobby. Bis heute ist hier alles Idylle. Wie zu Jeffersons Zeiten ruht seine Villa inmitten alter Eichen, thront im ansonsten flachen Land ganz ungewöhnlich auf einer kleinen Anhöhe – wegen des Salz-Doms.

Villa Jefferson im Rip Van Winkel Gardens Foto-Ulrike-Wirtz_8281
Die Villa Jefferson stand am Beginn der berühmten Rip Van Winkel Gardens Foto Ulrike Wirtz

Im Haus umgab sich Jefferson mit französischen Empire-Möbeln. „Die sind original aus seiner Zeit. Und hier die Tapeten – sie sind auch original und von Hand gemalt“, so Guide Madeleine bei der Tour durch das Anwesen. Unter dem schattigen Vordach der Villa mit Terrasse laden auch heute Schaukelstühle antiker Art zum Relaxen ein. Madeleine: „Hier tauschte Jefferson mit Gästen Anekdoten von der Jagd oder von seinem Künstlerleben aus. – And so on.“ Viele Jahrzehnte später seien innerhalb des Salz-Doms Minen und ihre Höhlen entstanden, um das Salz abzubauen. „Der Abbau endete 1980. Mit der Jagd war es seit den 1950er Jahren vorbei“ (Madeleine).

Stattdessen entstand auf dem Areal 1950 nämlich ein Zaubergarten, der die Villa auch heute auf mehr als 800 Acres (rund 323 Hektar) umgibt, angelegt vom späteren Eigentümer John Lyle Bayless Junior. Und benannt nach der Erzählung von US-Schriftsteller Washington Irving über einen Bauern namens Rip Van Winkle, der sich aus England emigrierend in den Bergen von New York State sieht und in einen Zauberschlaf fällt und nach 20 Jahren erwacht – nun als freier Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika. Selbiger Joseph Jefferson spielte den Rip Van Winkle als seine Paraderolle in einer Adaption für Schauspielbühnen.

Zurück zu John Lyle Bayless Junior. Der baute in seinem feinen Garten auch ein gläsernes Konservatorium. Madelaine: „Darin wuchsen seinerzeit mehr als 3000 exotisch-tropische Pflanzenspezies.“ Im Garten, besser Park stolzieren heute Pfaue umher, spreizen ihr prächtiges Federkleid, ohne sich vor Jägern fürchten zu müssen. Blumenrabatte, Hecken, Rasen und Bäume – alles ist kunstvoll angelegt.

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Mit Kunstwerken gekonnt gestaltet – die Rip Van Winkle Gardens sind einfach schön Foto Ulrike Wirtz

Skulpturen sind mit Sichtachsen gekonnt in Szene gesetzt. Ein japanisches Teehaus ist zu bewundern, ebenso ein altes Schulgebäude, alte Unterkünfte von Personal der Mine und eine Scheune für alte Kutschen, genannt das Acadian Carriage House. Der Garten reicht bis ans Seeufer. An einer Stelle ragt dann eben besagter Kamin trotz Wellen unübersehbar aus dem See empor.

Aus dem Desaster zu neuer Idylle

Madeleine klärt auf: Dass nämlich der Kamin zu einem von Bayless Junior neu erbauten Haus gehörte. Dass ein Bohr-Rigg der Firma Texaco auf dem See fahrend einen Teil der Mine der Diamond Crystal  Salt Company versehentlich rammte und zwar derart, dass sich ein Loch mit Vakuumeffekt auftat, so dass ein Sog entstand und alles in seiner Nähe in die Tiefe saugte bzw. einstürzen ließ. Dass der See sich in Kettenreaktion des Sogs komplett in die unterirdischen Öffnungen ergoss, dass Boote nun ohne Wasser unterm Kiel trocken fielen, auf dem Boden des Sees zerschellten und das Haus von Bayless Junior in den Krater stürzte, ebenso das Konservatorium.

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Nur ein Kamin blieb – sonst ist vom Desaster nichts mehr zu sehen Foto Ulrike Wirtz

Nach dem Desaster musste der Verursacher den leeren See wieder füllen lassen – zum heute 3.000 Acres (1.200 Hektar) großen Gewässer. Der See trägt viel zur heutigen Idylle bei, jedenfalls oberflächlich betrachtet.

# New Iberia – HW 90 West, HW 14 nach Abbeville, dann HW 82 West – Cameron  – 180 KM

Hinter New Iberia tun sich erneut Bayous, Sümpfe und immer mehr Marschland auf, je näher das Meer kommt. Folgte man nun dem HW 90 East, kämen die Städtchen Houma und Morgan City, wo Werften Schiffe und Bohrinseln bauen, wo von kleinen Marinas Flotten von Shrimp-Fischern ausschwärmen und ebenso Bootstouren durch die Flora und Fauna starten, Alligatoren inklusive (siehe Lebensart-Reise vom 7. Dezember 2023).

Unser Roadtrip folgt aber dem HW 82 West, der auf gut 200 Kilometer an der Golf-Küste vorbeigeht, bis Texas beginnt. Hier war einst das Noman’s Land, von dem Roslyn sprach. Und beschert immer noch eine Einsamkeit und dazu einen scheinbar nicht endenden wollenden Weitblick. Marschland liegt auf der einen Seite des HW 82 West, auf der anderen Straßenseite das Meer. Louisianas Sandstrände hier im Südwesten heißen Constance Beach, Little Florida Beach oder Holly Beach.

Und weit und breit keine Bettenburgen und Beach Boulevards wie andernorts so oft an der Golf-Küste. Wohl gibt es einen kleinen Store, um Beach Toys auszuleihen und etwas für den täglichen Bedarf einzukaufen wie etwa am Holly Beach.

Die Fahrt durch das einstige Noman‘s Land ist mangels Einsamkeit und Verkehr sogar so beschaulich, dass sich die bange Frage stellt: Wieviel Sprit ist im Tank? Der Blick auf die Tanknadel beruhigt, der Tank ist fast voll. Wasser- und Essensvorräte sollten auch immer reichlich an Bord sein. Wie erst mögen sich anno 1821 die Siedler auf ihrer Reise hierher in ihre neue Heimat gefühlt haben. Heute liegen am Weg ab und an Häuschen auf den typischen Stelzen, um damit den Flutwellen bei tropischen Stürmen und den noch stärkeren Hurrikans zu trotzen.

Das Örtchen Pecan Islands

Dann kommt auf einmal eine Ortschaft namens Pecan Islands, zählt laut Ortsschild 300 Einwohner und ist auch Adresse des Rockefeller Wildlife Refuge. In dem Naturschutzgebiet sind Stege ausgelegt, um trockenen Fußes Flora und Fauna bestaunen zu können. Es darf – kontrolliert – gejagt und gefischt werden. Für dieses Wildlife Refuge stiftete der Industrie-Magnat Rockefeller 1919 dem Bundesstaat Louisiana 86.000 Acres (35.000 Hektar). 1955 begann die Organisation des Wildlife Refuge, für den Naturschutz am Ort in Marschen und an Küsten wissenschaftlich zu forschen, tut das nach wie vor und kooperiert dabei zum Wohl der Region auch mit vor Ort tätigen Mineralöl-Gesellschaft. Das und vieles mehr ist auf der Website des Rockefeller Wildlife Refuge nachzulesen.

Das Örtchen Cameron

Der nächste Ort kommt 24 Kilometer weiter, heißt Cameron und hat 315 Einwohner. Gut doppelt so viele Menschen lebten in Cameron, bevor die Hurrikans Rita 2005 und Ike 2008 die Küste malträtierten. Die Region ist als Cameron Parish zusammengefasst, zählt in toto 5600 Bürger und ist damit der menschenleerste Parish in Louisiana. Bei so wenig Volk lässt sich mit einiger Phantasie ausmalen, wie sich Piraten in den Gegenden einst gut verstecken konnten und wie Trapper unbeobachtet ihre Fallen stellten; Museum Vermilionville und manche Western lassen grüßen. Bis ab 1821 Gesetze Einzug hielten und die Landvermesser kamen, um als Vorhut für die nunmehr beginnende Besiedlung Kilometer für Kilometer Grund und Boden und Wasser zu vermessen.

# Cameron – LA 27 West, genannt Creole Nature Trail – bis Holly Beach – 17 KM

Heute gelten Law & Order selbst für Details, wie ich von Shalisa erfahre. Sie steht an einem Bayou nicht weit von Holly Beach, hat einen Käscher in der einen Hand und eine lange Leine mit einem Köder in der anderen.

Shalisa beim Crabbing Foto Ulrike Wirtz_8700.jpg
Shalisa ködert Blaukrebse mit rohen Hähnchenkeulen Foto Ulrike Wirtz

Sie sieht meinen neugierigen Blick: „Das ist eine rohe Hähnchenkeule. Sie ist ein guter Köder, um Blaukrebse zu fangen.“ Blue Crabs – dafür sei Fangsaison von Mai bis Oktober. „Du brauchst aber eine Lizenz dafür. Die musst Du dabei haben. Hier wird nämlich kontrolliert.“ Das heißt auch: So einsam ist es doch nicht. Lizenzen benötigen auch diejenigen, die zur Entenjagd oder zum Fischen von anderem Getier in der Gegend unterwegs sind. Und woher kommt Shalisa? „Ich bin aus Texas und arbeite jetzt in Lake Charles. Aber nicht bei einer Ölraffinerie, wie das viele hier tun. Die sind hier wichtige Arbeitgeber.“

Holly Beach – LA 108 North, LA 378, US 171 South, US 90, LA 385 South – Lake Charles 100 KM

Lake Charles liegt am gleichnamigen See, zählt 85.000 Einwohner, ist damit die größte Stadt der Region und hat Hotels für jeden Geldbeutel. Daher ist Lake Charles auch der Pit-Stopp zum Übernachten auf dem Rundkurs über Lafayette zurück nach New Orleans, wo der Road-Trip begann. Als Highlights in Lake Charles gelten das Hotel L’ Auberge wegen seiner schick-teuren Suiten und seines Casinos, die historische Downtown unter anderem wegen der Life-Music-Kneipe The Panorama Music House und die Uferpromenade des Sees mit den hübschen Villen.

Lake Charles- das Luxushotel L' Auberge mit Casino Foto Ulrike Wirtz_8807.jpg
Lake Charles- das Hotel L‘ Auberge bietet Luxus und Glücksspiel im Casino Foto Ulrike Wirtz

Ein weiteres Highlight und das nicht nur für Fans alter Vinyl-Schallplatten findet sich genau neben dem Panorama Music House und heißt The Panorama Music Exchange. Der Laden ist nämlich eine wahre Fundgrube für alte Vinyl-Platten in ihren Originalhüllen von Top-Acts aus alten Zeiten. Schmeißt Bam Arceneaux den Laden, spielt er ab und an den DJ, legt in alter Manier auf dem Plattenspieler frühe Meister des Pop und Soul auf, ob Beatles oder Jimi Hendrix. Buy, Sell and Trade sei das Motto, sagt Bam und stöbern erwünscht. „Of course“, sagt Bam.

Lake Charles - Laden für Vinyl-Schallplatten - Bam mit Queen-Platte Foto Ulrike Wirtz
Lake Charles‘ verstecktes Kleinod – der Laden für alte Vinyl-Schallplatten; Bam ist sein bester Verkäufer und DJ und stolz auf seine Queens-LP A Night at the Opera

Sunset am Holly Beach

Vorher stehen noch Holly Beach und der Sonnenuntergang in Einsamkeit an. Fürs Bierchen ist im Cooler vorgesorgt. Nur was ist das? Am Strand verlaufen im beige-farbigen Sand mehrere Reifenspuren von Autos. Und tatsächlich – ein, zwei Vehikel fahren irgendwo weiter entfernt über den Holly Beach. Shalisa: „Das darf hier jeder. Besser gesagt, es ist nach wie vor nicht verboten.“

Weitere Info und wichtige Websites

Die offizielle Website für Reisen durch Louisiana finden sich unter www.explorelouisiana.com – auch mit Info zu Regionen und Städten wie Lafayette, Lake Charles oder New Iberia. Mehr zur Seebrücke Lake Pontchartrain Causeway www.worldatlas.com. Zur Bootstour in den Bayous bei Slidell www.honeyislandswamp.com. In und um Lafayette: die Kulturstätte Acadian Center for the Arts https://acadiancenterforthearts.org; die University of Louisiana Lafayette https://louisiana.edu; das Open-Air-Museum Vermilionville, auch die Tanzhalle https:// bayouvermiliondistric.org. In New Iberia: Rip Van Winkle Gardens und Joseph Jefferson Villa https://ripvanwinklegardens.com. Das Parish Cameron https://visitcameronparish.org. Das Rockefeller Wildlife Refuge www.wlf.louisiana. In und um Lake Charles: www.visitlakecharles.org; auch mit Info zum Louisiana Creole Nature Trail und zu den Stränden Holly Beach oder Little Florida Beach. Details zum Hotel L‘ Auberge Lake Charles: https://llakecharles.com.

Die Restaurant-Tipps: Rips on the Lake www.ripsonthelake.com. Palmettos on the Bayou www.palmettosonthebayou.com

Cajun und Creole Beide Begriffe begegnen einem immer wieder in Louisiana. Beide finden sich auch auf Speisekarten in vielen Restaurants des Südstaats. Das Wort Cajuns bedeutet Arcadians auf Französisch – siehe oben – und steht für die frühen Siedler mit prägender Rolle für Louisiana. Die spielen sie mit ihrer Herkunft aus Frankreich und ihrem Umweg über die Karibik bis heute bei Louisiana-typischen Speisen, vor allem Gumbo: ein mit dunklem Mehl angedickter Eintopf wahlweise mit Fleisch, Shrimps oder Alligator – und immer mit Gemüse. Und Po‘ Boys, die traditionellen Sandwiches und meist riesig. Zur Cajun-Küche gehören auch Würste mit Innenleben von Schwein oder Huhn – genannt Boudoins.

Dazu gesellte sich einst und gesellt sich bis heute die kreolische Küche mit ihren afrikanischen und karibischen Gewürzen und dem Gemüse Okra. Diese lukullische Richtung geht gerade auch auf die Herkunft der früheren Sklaven aus Westafrika zurück.

Biloxi Beach Foto Ulrike Wirtz

Auf Küstensafari am Golf – Teil 1 – Mississippi

Die drei US-Südstaaten liegen hintereinander, sind alle drei Anrainer des Golfs von Mexiko. Doch ihre Uferregionen könnten unterschiedlicher kaum sein. Und was noch besonders ist: Wo sonst reihen sich in USA gleich drei Staaten auf so kurzer Distanz aneinander, wie das an Mississippis Golf-Küste der Fall ist. 

Kurz und abwechslungsreich

Mississippis Golf-Küste ist per Auto gut 80 Meilen sprich gut 130 Kilometer lang – und schon beginnt im Westen Louisiana, im Osten Alabama. So nahe kommen sich drei US-Staaten selten. Bei klarer Sicht reicht der Blick vielleicht in beide Richtungen so weit von Biloxis Leuchtturm aus.

Biloxi ist eine Kleinstadt an Mississippis Golf-Küste und bekannt für einige ambitionierte Projekte wie typisch für Metropolen. Nämlich renommierte Museen für Kunst und Geschichte und eine große Präsidenten-Bibliothek zu Jefferson Davis, der einzige Präsident der Konföderierten Staaten und aktiv  im Bürgerkrieg der Nordstaaten gegen die Konföderierten, die am Sklavenhandel festhalten wollten. In der Stadt gibt es ein Dutzend Casinos und das Biloxi Visitors Center mit Museum im Stil eines Antebellum Mansion, diese pompösen Herrenhäusern der Südstaaten aus der Hochzeit der Sklaverei vor 1865.

Dabei wurde das Visitors Center erst 2011 erbaut. Dabei ist Biloxi ein Städtchen mit gerade mal 50.000 Einwohnern und gefällt bei allen Ambitionen weiterhin durch seine angenehme Atmosphäre einer Kleinstadt am Meer. Genauer gesagt am Mississippi Sound, so heißt der Golf hier, und seine Küste wird auch Secret Coast genannt.

Mississippi - Beschauliches Biloxi Huhn am Weg Foto Ulrike Wirtz
Auch so beschaulich ist es in und um Biloxi Foto Ulrike Wirtz

Es geht beschaulich zu, auch weil es selbst das Umland, die Metropol-Region Gulfport-Biloxi, auf nur knapp 500.000 Einwohner bringt. Mitsamt weiterer Städtchen mit Badeort-Idylle: Bay St. Louis (9.000 Einwohner), Pass Christian (6. 000) oder Ocean Springs (18.500) und alle eng beieinander an der ohnehin kurzen Küste. Das Flair kommt sichtlich auch dadurch, dass die Ufer an vielen Meilen nicht bebaut sind. Das gilt gerade am Beach Boulevard in und um Biloxi, so der Name der Straße am Ufer entlang. Hier reihen sich keine Apartment-Blocks aneinander wie in anderen Staaten des Südens.

Villa am-Beach Boulevard in Billoxi mit Golf-Cart Foto Ulrike Wirtz
Villa mit Meeresblick und Golf Cart als Straßenvehikel – auch das ist Southern Lifestyle Foto Ulrike Wirtz

Auch stehen nicht reihenweise Lokale und Buden am Ufer, bevor man den Sandstrand und die Fluten sieht. Mit dem relaxten Vibe geht es in der Historischen Downtown von Biloxi weiter. Hier haben zwar Hurrikans wie andernorts auch manche der typischen Südstaaten-Gebäude des frühen 19. Jahrhunderts zerstört.

Manche blieben erhalten und sind schön restauriert wie das Clemens House von 1846, heute Biloxis ältestes Haus in der historischen Downtown, oder das Creole Cottage, ein Holzhaus von 1830. Beide sind Stopps der Historic Walking Tour. Die führt auch zu schmucken Bauten aus der Zeit nach 1900, etwa die Old Biloxi Library, erbaut 1924, oder das einstige Post- und Gerichtsgebäude von 1905. Beide sind Vertreter des einst angesagten Spanish Colonial Revival Style mit monumentalem Charakter. Dagegen ist der gerade mal 20 Meter hohe Leuchtturm von Biloxi bescheiden, steht aber wie gemalt in Alleinlage am Meer und bietet sich als Ausguck an.

Biloxi Lighthouse Foto_Ulrike_Wirtz
Seit 1848 schützt der Leuchtturm von Biloxi die Seefahrt auf dem Golf von Mexiko Foto Ulrike Wirtz

Nur reicht es dann doch nicht bis zu den Staatsgrenzen im Osten und Westen – dafür sei es immer zu diesig, sagt später Kate im Biloxi Visitors Center: „Und warum überhaupt den Blick in die Ferne schweifen lassen?“ Stimmt – gerade auch nachdem die 57 Stufen der engen Wendeltreppe zur Turmspitze des Biloxi Lighthouse geschafft sind, nachdem außen der Rundlauf betreten und aus der Vogelperspektive die Lage quasi vor der Haustür gepeilt ist.

So sind Richtung Meer Silhouetten der bisher nicht überspülten fünf Barrier Islands zu sehen, die als Teil der Gulf Islands National Seashore geschützt und Mississippis Küste vorgelagert sind. Darunter Ship Island, das von Biloxi per Boots-Shuttle nach Fahrplan für Tagesausflüge gut erreichbar ist. Ship Island hat minimalste Infrastruktur, eine Ranger Station und sonst unberührte Natur mit Sanddünen. Erlaubt sind baden und hiken, schnorcheln und Vögel beobachten; und noch übers Fort Massachusetts kraxeln, seit 1812 eine Festung zur Verteidigung, nun Denkmal und offen zur Besichtigung.

Blick zurück aufs Festland. Unten am Leuchtturm vorbei verläuft der breite Strand mit weiß glitzerndem Sand und verheißt relaxte Stunden am Wasser unter der heißen Sonne des Südens. Der Strand sieht aus wie von der Natur geschaffen, wurde aber auf 25 Meilen Länge, also fast 50 Kilometer, künstlich angelegt. Das geschah in den 1950er Jahren, um Touristen an Mississippis Küste zu locken. Schon das war ambitioniert und ist gelungen, da Gäste aus nah und fern kommen und nun mehr als Meer und Sandstrand vorfinden.

Zum Beispiel auch ein Dutzend Golfplätze im Umkreis, designt teils von weltweiten Koryphäen im Metier wie Tom Fazio (Fallen Oak Golf Club) oder Jack Nicklaus (Grand Bear Golf Course). Und das Glücksspiel. Das erlaubt der Staat Mississippi seit den 1990ern – in Biloxi heute in zwölf Casinos, etwa das Treasure Bay Casino & Hotel und das Golden Nugget. Alle sind bestückt mit Slot-Maschinen, Roulette- und Black-Jack-Tischen und geöffnet 24/7. Trotzdem lässt nicht Las Vegas grüßen, Metropole des Glücksspiels im Wüsten-Staat Nevada.

Denn das Spiel läuft in Mississippi in viel kleineren Dimensionen ab, sichtlich auch baulich. Casinos und ihre Hotels sind nämlich nur einige der wenigen schmalen High-Riser auf der Uferseite des Beach Boulvard und wachsen weder im Stil noch bei der Bettenzahl in den Himmel wie in Las Vegas.

Biloxi - das Casino Harrah's  Foto Ulrike Wirtz
Biloxis Casinos sind viel kleiner als ihre Partner in Las Vegas, etwa das Harrah’s Foto Ulrike Wirtz

Wer nicht gambeln will, lässt die Spielhallen sowieso am Weg, dem Beach Boulevard, liegen und kommt automatisch zu den ambitionierten Museen von Biloxi. Der Beach Boulevard ist übrigens zugleich der berühmte Highway 90, der die Staaten Louisiana, Mississippi und Alabama an der Küste vorbei verbindet, und eher gemütlich zu fahren ist.

Biloxis Museen liegen auf der dem Meer abgewandten Seite des Beach Boulevard, versteckt hinter grünen Hecken und umrahmt von den  typischen alten Baumriesen der Südstaaten, den Live Oaks. Angefangen beim Biloxi Visitors Center mit dem Museum zur Region. Multi-Media-Exponate, Filme, alte Dokumente und Fotos erzählen, dass Biloxi 1717 als eine der ersten Städte weißer Siedler von den Franzosen gegründet wurde und benannt ist nach den bis dato hier beheimateten Biloxi-Indianern; dass der Leuchtturm seit 1848 über das maritime Geschehen im Golf und seinen Buchten wacht; dass in den Gewässern Fischer traditionell leckeres Sea Food, auch Austern und Shrimps, fangen bzw. ernten. Zu dem Thema hält das Maritime & Seafood Industry Museum vier Kilometer weiter viel mehr spannende Exponate vor.

Große präsidiale Gedenkstätte

Für den einzigen Präsidenten der einstigen Konföderierten US-Staaten wurde in Biloxi die Jefferson Davis Presidential Library and Museum errichtet. Sie widmet sich dem Bürgerkrieg, dem Civil War, von 1861 bis 1865 und fokussiert sich auf die Seite der Konföderierten Staaten des Südens, die den Sklavenhandel damals noch ausbauen wollten. Die Nordstaaten, die Unionisten, dagegen wollten die Sklaverei ganz abschaffen, haben den Civil War bekanntlich gewonnen und die Sklaven befreit. Doch für African Americans galten im Süden lange noch immer keine gleichen Civil Rights. 

Der Kampf darum erreichte hundert Jahre später seinen Höhepunkt, auch in Biloxi. Hier verbot man ihnen die Nutzung der Strände. Dagegen demonstrierten Schwarze und Weiße gemeinsam bei den „Civil Rights Wade-Ins“ von 1959 bis 1963 am Strand direkt an Biloxis Leuchtturm. Daran erinnert hier ein offizieller Historischer Marker, sprich eine Info-Tafel, und wirkt eher weniger ambitioniert.

Biloxi Civil-Rights-Wade-ins Foto_Ulrike_Wirtz
Erinnert an Biloxi bis in die 1960er Jahre, als Meer und Strand für die Nachfahren einstiger Sklaven verboten waren und sie um die gleichen Bürgerrechte kämpften Foto Ulrike Wirtz

So scheint es jedenfalls im Angesicht der Presidential Library für Jefferson Davis. Denn deren pompöser Komplex erscheint für die Kleinstadt mit Strandleben irgendwie überdimensioniert. Drinnen erinnern nicht nur, aber auch teils heroenhafte Darstellungen auf Ölgemälden an Davis und seine konföderierte Truppe. Der Bibliotheks-Shop verkauft Literatur, außerdem Bleistifte, Becher und Flaggen mit Motiv ähnlich dem einstiger konföderierter Banner. Nicht zu verwechseln mit der neuen offiziellen Bundesstaatsflagge von Mississippi mit Magnolien-Abbildung, die sich der Staat Mississippi Anfang 2021 verordnete.

Dass die präsidiale Bibliothek in Biloxi steht: Jefferson Davis hat im Ort nach dem Bürgerkrieg und seiner Niederlage gelebt. Seine frühere Villa liegt auf dem Areal der Bibliothek, ist bei Touren zu besichtigen und hieß und heißt wegen ihres Meerblicks Beauvoir. Sie wirkt jedoch bescheiden gemessen am Bibliotheksgebäude und bescheiden auch gemessen an den Antebellum Mansions, von denen sich noch viele original alte im Binnenland befinden. Das gesamte Areal der Gedenkstätte gehört zur Organisation The Mississippi Division – Sons of Confederate Veterans, die als konservativ gilt, und wird auch von ihr gemanagt.

Biloxi Jefferson-Davis-Library Foto Ulrike_Wirtz
Opulente Bibliothek für Jefferson Davis, einziger Präsident der Konföderierten Südstaaten Foto Ulrike Wirtz

In ganz anderer Sache ambitioniert: das Ohr-O’ Keefe Museum of Art, das 1989 am Beach Boulevard entstand. Initiiert hat es die im Ort ansässige Politiker-Familie Jerry O’ Keefe und mit Sponsoring-Events finanziert. Heraus kam ein Campus aus fünf Gebäuden: von außen in glänzendem Metall verkleidet, jedes in anderer teils abstrakter Form und selbst schon Kunst.

Ohr-O' Keefe Museum on Biloxi Foto Ulrike Wirtz
Selbst ein Kunstwerk – das Ohr-O‘ Keefe Museum von Architektur-Ikone Frank Gehry Foto Ulrike Wirtz

Ihr Architekt ist der weltberühmte Frank Gehry, der zum Werk sagte, dass die Gebäude mit den Bäumen tanzten. Er meinte die alten Live Oaks rundum auf dem Museumsgelände. Das Äußere des Museums ist schon so faszinierend, nur nicht darüber die Kunst drinnen vergessen: die Keramikarbeiten von George E. Ohr (1857-1918) und wechselnde Ausstellungen anderer Künstler. Ohr war ein Bürger von Biloxi und Vertreter der abstrakten Moderne, schuf bunte, aber auch graue,  schwarze, braune und nicht nur abstrakte Gebilde. Ohr galt als exzentrisch und bildete in seiner Töpferwerkstatt Laien aus. Das geschieht heute auch am Campus im Licht durchfluten Center für Töpfer-Klassen.

Und immer auch die typischen Baumikonen der Live Oaks

Ein anderes Kunstgenre wird im Walter Anderson Museum  of Art, kurz WAMA, gefeiert. Auch Walter war ein Bürger der Region. Sein Museum liegt zwei Meilen den HW 90-Beach Boulevard östlich im verträumten Ocean Springs jenseits der Biloxi Bay Bridge, die Hurrikan Katrina 2005 genauso zerstörte wie vieles andere im Ort. Seither blühte Ocean Springs, so genannt nach Quellen und offiziell gegründet 1843, wieder auf – mitsamt reparierter Brücke. Seinen Quellen verdankt der Ort den Namen und früh schon Touristen. Zur Idylle gehören natürlich Live Oaks, die Skulpturen gleich wachsen und gedeihen, und kleine Straßen mit Häusern in Cottage-Größe mit üppigen Blumenrabatten. Ocean Springs pflegt seit langem seinen Ruf als Ort für Künstler und Kunst mit Galerien und natürlich mit dem WAMA.

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Das Walter Anderson Museum feiert den Meister feiner Aquarelle, ein Sohn des idyllischen Ortes Foto Ulrike Wirtz

Architektonisch wirkt das Museum von außen wie eine Art modernes Cottage, hat innen hallenartige Räume mit hohen Decken und widmet sich der Kunst insbesondere von Walter Inglis Anderson (1903-1965). Daneben wird Töpfer- und Malkunst von Walters Brüdern Peter (1901-1984) und James (1907-1998) ausgestellt. Doch Walter steht im Fokus mit seinen berühmten Aquarellzeichnungen, mit seinen als meisterlich geltenden Wandmalereien, deren Motive die indianische Kunst der Ureinwohner von Ocean Springs aufleben lassen. Der Maestro schuf Kunst auch aus Linoleum, aus Stein und Holz. Pflanzen und Vögel in fast abstrakter Form liebte er als Motive und malte sie in den für ihn typischen Pastell-Tönen.

Walter_Anderson_Pelikane-in-Pastell Foto Ulrike Wirtz
Fauna und Flora der Golf-Küste von Mississippi bescherten Walter Anderson viele Motive Foto Ulrike Wirtz

Guide Anthony betont bei seiner Führung, wie krank Walter in seiner Karriere wurde, welch‘ wirtschaftliche Misserfolge ihn plagten und wie er seine besten Jahre auch als Künstler in Ocean Springs erlebte. „Seinen künstlerischen Garten Eden fand er vor dem Ort im Meer“, sagt Guide Anthony, „nämlich auf dem Barrier Island namens Horn Island mit Dünen, Pinienbäumen, Lagunen und mit Getier von Enten über Alligatoren bis zu Manatees. Walter Anderson besuchte das Eiland zwischen 1946 bis 1965 und brachte dort Gesehenes auf die Leinwand.“ Die zwölf Meilen hin nach Horn Island und wieder zurück habe Walter im Ruderboot zurückgelegt. „Sehr hier an der Decke, hier hängt sein letztes Boot. Und er liebte die be- und verzaubernden Sunsets auf Horn Island.“

Eine gute Idee, um den Tag ausklingen zu lassen. Zumal Horn Island auch heute Naturidylle ist. Aber hin- und zurück rudern – nee. Lieber in Biloxi am Strand im Sand sitzen und genießen, wie die Sonne im Meer versinkt.

Websites und weitere wichtige Info

Hinter Biloxis Küste liegt die Kessler Air Force Base. Landeinwärts kommen Bayous, so heißen die verträumten Wasserwege.

Bayous im Hinterland der Südstaaten-Küste Foto Ulrike Wirtz
Solche romantischen Bayous gehören zum Hinterland der Südstaaten-Küste Foto Ulrike Wirtz

Mehr zu Küste, Lokalen, Casinos und Downtown: coastalmississippi.com; zu Gastro-Hot Spot Ocean Springs: downtownoceansprings.com

Bootstouren in die Sümpfe und vorbei an der Golf-Küste von Waveland bis Pascagoula: visitmississippi.org

Tagestour nach Ship Island: msshipisland.com; shrimp-fishing: biloxishrimpcom.com; angeln: fishingbooker.com 

Mehr Info zu: Maritim-Museum: maritimemuseum.org; Presidential Library und Villa: visitbeauvoir.org; den zwei Kunstmuseen Ohr-O‘ Keefe: georgeohr.org sowie Walter Anderson: walterandersonmuseum.org

Extratipps: Frühstück vom Greenhouse Biloxi angesagtes Frühstücks-Paradies mit Eier-Gerichten, Säften oder Avocado-Toast – alles frisch, alles Bio, alles to go: biscuits.com. Lunch in Lucy’s Retired Surfers Bar Üppige Burger, kaltes Bier, angesagte Live-Musik und Killer-Cocktails wie Shark Attack. Dazu lässt sich gut mit den Füßen im Sand direkt am Golf-Ufer abhängen: lucysurf.com.

Lucy's Retired Surfers Bar Foto Ulrike Wirtz
Lucy’s Retired Surfers Bar ist natürlich nicht nur was für Wassersportler Foto Ulrike Wirtz
Lucy's Lunch Foto Ulrike Wirtz
Und hier gibt es zum Lunch zum Beispiel Tuna, frisch und fein Foto Ulrike Wirtz

Dinner im Bacchus on the Bayou Das Restaurant liegt im Hinterland von Ocean Springs an einem Bayou. Das Ambiente: modern-schick. Das Essen: Steaks und Seafood, auch Catch of the Day. Die Preise: nichts, was den Geldbeutel sprengt. Lecker: Kotelett mit Grünkohl! Empfehlenswert: Combo heimischer Austern von roh bis überbacken www.bacchusbayou.com

Das Restaurant Bacchus Bayou am Wasser landeinwärts Foto Ulrike Wirtz
Das Restaurant Bacchus Bayou liegt landeinwärts an einem Bayou Foto Ulrike Wirtz
Ocean_Springs_Bacchus_Oyster_Combo Foto Ulrike Wirtz
Ebenfalls frisch und fein – die Austern-Combo im Bacchus Bayou Foto Ulrike Wirtz

Übernachten Es gibt die ganze Bandbreite – von Casino-Hotels bis zum luxuriösen Boutique-Hotel Roost Ocean Springs im historischen Gemäuer inmitten alter Eichen: roostoceansprings.com. Schon speziell und sehr gefällig: das Beatnik Hotel in Ocean Springs, bestehend aus vier Zimmern in vier individuell-modernen Cabins mit viel Komfort, auch Regendusche drinnen und draußen: thehotelbeatnik.com

Beatnik innen Foto Ulrike Wirtz
Das Beatnik nennt sich Hotel und Motel – aber egal, seine Zimmer sind stylish-schön Foto Ulrike Wirtz
Dösender Alligator im Bayou - aber Abstand wahren Foto Ulrike Wirtz _30125_jog

US-Staat Louisiana – Jenseits von New Orleans

Die Südstaaten-Metropole New Orleans steht für Amüsement in Musikkneipen des Jazz, Blues und Soul vor allem im French Quarter, dem Hort alt-französischer Kolonialarchitektur. Das zu erleben ist die eine Seite von Louisiana. Wer nur ein, eineinhalb Stunden rausfährt aus der Stadt in den Südwesten, lernt ganz andere Seiten kennen, die Leben und Flair im Südstaat mit ausmachen.  Hier wartet das Maritime. Hier stellt sich auch heraus, woher bestenfalls die Shrimps auf den großen Sandwiches, den Po‘boys, in New Orleans kommen.

Fischer Rodney’s Garten Eden – Wasser von salzig bis süß

Rodney P. Olander zeigt auf das Profi-Boot vor uns. „Es ist speziell fürs Shrimp-Fischen, das erkennst Du an seinen Aufbauten“, sagt der groß gewachsene Mann mit grauem Mehrtagebart. Wir stehen in der Marina von Morgan City. Hierher führt der US-Highway (HW) 90, die Haupt-Verbindungsstrasse durch Louisiana State an New Orleans vorbei gen Westen.

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Louisiana begrenzt im Süden der Golf von Mexiko, im Osten der Mississippi State, Texas im Westen und Arkansas im Norden Foto Explore-Louisiana

Der HW 90 eröffnet vor allem aber auch den Zugang zum Süden mit den großen Flussdeltas und Sümpfen in Louisiana, bis tief im Süden das Meer, der Golf von Mexiko, beginnt. Ab New Orleans dauert es eineinhalb Autostunden bis zum Städtchen Houma und 30 weitere Minuten im Auto bis zum noch kleineren Städtchen Morgan City. An den Stegen seiner Marina liegen Profi-Boote, aber auch Motor- und Segelboote fürs Privatvergnügen.

Ein malerischer Anblick und typisch im tiefen Süden, wo freie Natur und Süßwasser-Gefilde das Leben prägen – bis zum Meer. Die Region südlich des HW 90 heißt Cajun Coast – nach den französischen Siedlern, die Louisiana nach ihrem König Louis benannten. Das Land ist ab Meer salzige Marsch, geht über in Bayous, diese Wasserwege von breit bis schmal, und in Sümpfe, die Swamps.

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Rodney und Familie sind Brown-Shrimp-Fischer in vierter Generation – tief in Süd-Louisiana Foto Ulrike Wirtz

Das Süßwasser kommt vom Atchafalaya River, der durchs Binnenland mäandert, bis er ins Meer mündet. Was für ein Unterschied zum Big Easy in New Orleans. Im Meer und in der salzigen Marsch gedeiht Sea-Food aller Art, auch braune Shrimps in großen Mengen. Sie sind eine Spezialität von Rodney, selbst Shrimp-Fischer seit gut 45 Jahren. „Mein Großvater hat angefangen. Nun sind wir Shrimp-Fischer in vierter Generation im St. Mary Parish an der Cajun Coast“. Parish steht im Südstaat für County, eine Verwaltungseinheit ähnlich den deutschen Landkreisen. Die Fläche im Parish besteht zu gut einem Drittel aus Wasser. Das Shrimp-Fischen ist hierzulande traditionell Sache von Familienbetrieben mit Abnehmern bis New Orleans und darüber hinaus – ob Restaurants oder Geschäfte für den Verzehr zu Hause.

Brown Shrimps am Dock David Chauvin's - die Spezialität der Cajun Coast in Louisianas Süden Foto Ulrike Wirtz_3596.JPG
Brown-Shrimps von der Cajun Coast. Die Küste heißt nach den französischen Siedlern, den Cajuns Foto Ulrike Wirtz

Hier wie da munden die Shrimps als Cocktail oder gegrillt oder frittiert auf 15 bzw. 30 Zentimeter langen Sandwiches, die in Louisiana traditionell Po’boys heißen. Rodney ist in seinem Element: „Wir fischen nicht nur, sondern schälen unsere Fänge an eigenen Docks, frieren sie teils ein und verkaufen frisch ab eigenem Dock. So verfahren einige Fischer hier.“ Der Mann um die Sechzig macht eine kurze Pause, fährt fort, nun fast verärgert: „Früher war das Hauptproblem für uns Fischer die Hurrikans und ihre Zerstörungen durch Wind und Wasser. Das letzte Mal Hurrikan Ida im August 2021.“

Der zerstörte Fischereigründe, Boote, Ausrüstung, Docks. „Unser Hauptproblem nun sind Wettbewerber aus Thailand, Indien, Ecuador oder China. „Die werfen ihre Shrimps en Masse zu Dumping-Preisen auf unsere Märkte. Folglich müssen wir Locals auch die Preise senken. Aber von den niedrigen Preisen können wir nicht existieren.“ Viele hätten aufgegeben. Rodney: „Wer weiß das schon in New Orleans.“ Seine treuen Abnehmer wüssten es schon. Die Zahl der beantragten Lizenzen zum Shrimp-Fischen sei von 10.000 im Jahr 2000 auf nur noch 4.000 in 2023 gesunken. „Und das im Staat Louisiana. Wir stellen mit 850 Millionen Pfund Seafood aus heimischen Gewässern pro Jahr die zweitgrößte Fischerei-Industrie der USA und sind ein wichtiger Arbeitgeber“ (Rodney).

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Prägt Louisiana’s Süden – Wasser von salzig im Golf von Mexiko bis süß in den Bayous Foto Ulrike Wirtz

Denn die Gefilde für Meeresgetier sind fruchtbar und riesig in Louisiana. So ist die Küste gut 12.000 Kilometer lang und damit die drittlängste Meeresküste der USA. Die Länge resultiert daraus, dass die Küstenlinie am Golf von Mexiko so kurvig vorbeiführt. Davon sind die wenigsten Kilometer endlos scheinende Sandstrände, vielmehr zerklüftetes Marschland und somit ein Top-Biotop für Shrimps und auch Austern. Ob der Importlage bei Shrimps sei nun aber nicht mehr alles Idylle, so Rodney. Daher betätige er sich bei der Louisiana Shrimp Task Force, die vorstellig wird fürs Anliegen von Baton Rouge, Hauptstadt von Louisiana State, bis Washington DC, Hauptstadt der USA. „Am US-Markt für Shrimps hält Louisiana einen Anteil von 25 Prozent“, hat Rodney aktuelle Zahlen parat. „Aber die Importe aus dem Ausland übertreffen die Nachfrage. Das drückt die Preise. Wenn die Politik einen Mindestpreis festlegte, da wäre uns geholfen.“   


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Captain Caviar’s Garten Edenmit Alligatoren, Adlern und Atchafalaya River

In der maritimen Welt in Louisianas Süden betätigt sich auch Captain Caviar und vermittelt mit stetem Lächeln unter grauem Rauschebart, seinen Job mehr als Hobby zu sehen. Er lebt und arbeitet im östlichen Nachbar-Parish Terrebonne. Der ist ebenfalls ein Teil der Cajun Coast, ebenso Shrimp- und Auster-Region und auch Ort der Kaviar-Produktion von Captain Caviar. Auch hier prägen Meer, Marschland, Bayous und Sümpfe die Art zu leben, wobei Terrebonne gar zu 50 Prozent aus Wasser besteht – als Teil der Flussdeltas von Atchafalaya und Mississippi River.

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Captain Caviar rauscht durch den Atchafalaya River und die Gewässer unzähliger Bayous Foto Ulrike Wirtz

Captain Caviar tourt mit der Miss S, ein Sieben-Meter-Flachbodenboot aus Aluminium, durch seine Cajun Coast, an Bord zahlende Gäste aus nah und fern, maximal fünf pro Tour. Sein Boot liegt in Idlewild nahe Houma, Verwaltungssitz des Parish Terrebonne und teils noch im Wiederaufbau, weil Hurrikan Ida viele Schäden hinterließ. Houmas Downtown lohnt den Abstecher schon wegen seiner filmreifen Architektur der 1950er Jahre. Hier finden sich Gebäude für Verwaltung, Gericht und Anwaltsbüros, die in adretten Villen residieren. Zum Verweilen laden Shops und Boutiquen ein, Lokale und das Café Downtown Jeaux,  das am frühen Morgen regelrecht überlaufen ist von Frühstücksgästen.

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Busy und adrett – im Städtchen Houma sitzt die Verwaltung des Terrebonne Parish Foto Ulrike Wirtz

Das Städtchen, gegründet 1834, profitierte schon früh von seiner zentralen Lage, wurde daher im Lauf des 19. Jahrhunderts Standort von Fabriken, die das Zuckerrohr der Plantagen landeinwärts verarbeiteten, und von Sägemühlen, die das Holz der Wälder zum Weiterverkauf zurechtstutzten. Austern wurden in der Region in einer Menge geerntet, dass Houma Ende des 19. Jahrhunderts größter Hafen zur Austern-Verschiffung war.

Captain Caviars genaues Revier ist das Atchafalaya-Delta – dort, wo die salzige Marsch ins größte Süßwasser-Sumpfgebiet der USA übergegangen ist. Der Kapitän fährt zur Einführung der Tour mit dem Finger über die Landkarte. „Wir fahren erst Bayous, dann den Atchafalaya und retour. Und Vorsicht. Im Süßwasser leben keine leckeren Shrimps, aber Alligatoren. Die mögen es ja süß“, sagt er schelmisch lächelnd, löst die Leinen des Boots, legt ab und erzählt weiter: Der Fluss Atchafalaya bildet ein eigenes Delta, das wiederum Teil des westlichen Mississippi-Deltas ist, weltweit das siebtgrößte Flussdelta.

Hurrikan-erprobte Brücke hinter Houma, Süd-Louisiana Foto Ulrike Wirtz_3696.JPG
Hurrikan-erprobte Brücke hinter Houma, Süd-Louisiana Foto Ulrike Wirtz

Den Namen bekam der Atchafalaya River von den First Nations. Die spezielle Flora im Atchafalaya Delta sind neben seinem Gebüsch-Dickicht seine Zypressen-Wälder. „Einzelne Zypressen sind bis zu 1000 Jahre alt. Mit etwas Glück sehen wir auch Bald Eagles.“ Der Kapitän kennt sein Revier, steuert nämlich auf eine Baumgruppe zu, hält dazu Distanz und zeigt auf eine ausladende Baumkrone. Mittig thront ein Adlernest mit zwei Jungen, wie der Blick durch das Fernglas zeigt. Die strecken ihre Köpfchen den fütternden Eltern entgegen. Der Kapitän zeigt sich darüber so begeistert wie seine Gäste – „wie ein Wunder“ -, dreht langsam ab, späht immer wieder rechts und links ins Dickicht, hält dann auf umgekippte Baumstämme zu, die im Wasser schwojen.

Auch hier hält er Abstand. „Seht Ihr den Alligator auf dem einen Stamm. Der döst. Den erkennt Ihr an der Erhebung, seinem Nasenhöcker.“ Mit Fernglas sieht selbst das ungeübte Auge das Reptil und – oha – seine Länge. „Gut zwei Meter“, meint der Kenner, „also besser nicht schwimmen gehen.“ Fleisch und Häute der „Gators“ seien auch traditionell ein Produkt der Region – „früher durfte sie jedermann fangen und verarbeiten. Heute ist das nur noch lizensierten Alligator-Farmen erlaubt“. Eine ist die Greenwood Gator Farm in Gibson südlich von Houma, die bei Touren den unblutigen Teil ihres Geschäfts zeigt.

In der Gator Farm Greenwood einen Mini-Alligator kuscheln - Guide Kevin assistiert  Foto Ulrike Wirtz
In der Gator Farm Greenwood einen Mini-Alligator kuscheln – Guide Kevin assistiert Foto Ulrike Wirtz

Der Bootsführer fährt weiter, hinein in eine Schleuse, welche die Miss S samt Passagieren einen Meter nach oben trägt. Hier ist augenfällig, dass Wasser und Land zwar so aussehen wie nur von der Natur gemacht. Doch hat auch der Mensch Hand angelegt, Schleusen, Wehre, Deiche, Kanäle, Pumpen etc. gebaut: „Damit die Füße trocken bleiben bis New Orleans und darüber hinaus, wenn unsere tropischen Stürme und Hurrikans das Wasser steigen lassen“ (der Kapitän). Nach der Schleuse gibt er Gas, sagt: „Führen wir den Fluss weiter hinauf, gingen die Sümpfe über in trockenes Land mit Plantagen. Wir biegen hier ab in den Bayou.“ Dem folgt die Miss S auf Kilometer. Sein Verlauf ist mal einige Bootslängen breit, mal vielleicht gerade mal zwei Meter. Alles scheint unbewohnt.

Bis ein Holzhaus auftaucht – im Dickicht auf Stelzen im Wasser stehend. Wie romantisch und irgendwie auch ungut-einsam.

Auch wenn etliche Meter weiter ein an Bäumen vertäutes Hausboot mit Terrasse auftaucht. Der Kapitän: „Es gibt nicht viele Häuser hier. Teils sind sie privat nur für die Ferien. Teils leben Familien hier seit Generationen. Die separate Hütte ist typisch – wegen Brandgefahr. Da steht nämlich der eigene Generator. Der produziert Strom für Herd, Mobiltelefon und TV. Für Dauerbewohner geht es per Boot zur Schule, Arbeit usw.“ Ein weiteres Haus kommt näher und entpuppt sich als Ruine – zerfetzt von einem Hurrikan, der übers Atchafalaya-Gebiet zog. Zurück in Idlewild meint Captain Caviar: „Stay safe.“ Ein guter Abschied.

Hausboot in einem der vielen Bayous Foto Ulrike Wirtz_3091.JPG
Wohnen in einem der Bayous – ein Hausboot und im Dickicht versteckt eine Hütte daneben mit dem Generator Foto Ulrike Wirtz

Mr. Charlie – ein Symbol für noch mehr Früchte aus dem Meer

Am den Wasserwegen liegen ab und an kleinere Werften und die eine oder andere moderne Fertigungshalle, wo sichtlich Equipment für Ölbohrungen hergestellt wird. Sie stehen für den weiteren wichtigen Wirtschaftszweig in Louisiana: Erdöl und Erdgas. Beides liegt unter dem Meeresboden des Golfs, wird mit Bohr-Plattformen hoch befördert und per Pipelines an Land verbracht. Ein alter Vertreter der Branche ist Mr. Charlie: eine Bohr-Plattform, erbaut 1954, im eigentlichen Job seit 1986 außer Dienst und vertäut zwischen Morgan City und Houma. Heute nutzen Petro-Firmen die Plattform für Sicherheitstrainings zur Arbeit auf See. Ansonsten ist sie gegen Eintritt zu besichtigen. Mr. Charlie – was für ein Moloch: 5000 Tonnen schwer, bis zu 15 Meter hohe Aufbauten plus Beine, die unter Wasser auf 13 Meter ausgefahren wurden.

Mr. Charlie - ausgemustert und nun Museum. Die Bohr-Plattform diente der Suche nach Öl Foto Ulrike Wirtz_2889.JPG
Mr. Charlie – einst Bohr-Plattform zur Ölsuche, nun auch Museum; hier Teile der Bohrtechnik Foto Ulrike Wirtz

Virgil Allen kennt die Plattform in- und auswendig und stellt sich als altgedienter Sicherheits- und Umweltingenieur vor: „Ich schule hier Crews für die Arbeit auf See, mache aber auch Touren.“ Und er sei der Präsident des Rig Museums für Mr. Charlie. „Der war 1954 das erste mobile Rig. Das heißt – es war wie ein Boot selbstversorgend und fuhr selbst von Bohrort zu Bohrort. Mr. Charlie diente zur Erforschung neuer Ölfelder, aber nicht zur Ölförderung.“ Anders als auf heutigen Plattformen hätten die zig Mann starken Crews damals noch viel körperliche Arbeit verrichtet – „ein Knochenjob bei Wind und Wetter. Keine Frauen an Bord hieß es damals und heißt es heute. Heute arbeiten Bohr-Plattformen bis zu 200 Seemeilen offshore. Einsätze dauern mindestens zwei Wochen. Nach Hause zwischendurch geht nicht“.

Mr. Charlie und Ingenieur Virgil Foto Ulrike Wirtz_2872.JPG
Mr. Charlie’s neuer Roboter – Ingenieur Virgil trainiert daran Teams für den Einsatz auf See Foto Ulrike Wirtz

Zwei Stunden dauert die Tour mit Virgil. Startet über steile Metalltreppen außen hinauf zu den Bohr-Vorrichtungen samt Robotern; führt innen über Treppen tief hinab zu Motoren und Ballasttanks. Was für eine Unterwelt. Was für alte Computer zur Steuerung. Virgil: „Heute läuft auf Bohrinseln fast nichts mehr ohne Algorithmen.“ Stufen wieder hoch – zu Technikräumen, Büros und Gruppen-Ruheräumen der technischen Crew und derjenigen, die fürs leibliche Wohl sorgten. Als es wieder an die frische Luft geht, weht eine kräftige Brise. Virgil: „Je nach Wind und Regen sagen wir Touren ab. Zu gefährlich, obschon wir nicht auf See sind.“ Zum Abschluss lädt er ein ins dazugehörige International Petroleum Museum & Exposition. Es ist mini, aber voller Artefakte zur Branche. Virgil: „Auf den Touren erzählen relativ viele Besucher, dass sie selbst auf einer Bohr-Plattform gearbeitet haben. Die interessiert jedes Detail.“  

Und wie verhält sich die Öl-Branche zur Meeresfrüchte-Branche? Kulturell kommt beides zusammen im Shrimp & Petroleum Festival mit kleinem Museum, beides in Morgan City, vereint unter Direktive von Hailee Thomas: „Seit 1960 feiern wir am Labour Day Weekend unser gemeinsames Festival. Denn Öl und Shrimps sind beides Ernten aus dem Meer. Beides brachte unsere Region auf die Landkarte der Topbranchen in Louisiana.“

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Gibt’s wohl nur in Louisiana – ein gemeinsames Shrimp & Petroleum Festival Foto Ulrike Wirtz

Und wie verhält sich das umwelttechnisch? Ingenieur Virgil: „Ein großes Thema. Zumal es im April 2010 das Unglück der Deepwater Horizon im Golf gab.“ Die Bohr-Plattform explodierte mit tödlichen Folgen, auch weil Millionen Liter Öl ins Meer vor den Südstaaten flossen und Fauna und Flora desatrös schädigten. Der Betreiber bekam eine Milliarden-Strafe. Virgil: „Heute ist das Umweltbewusstsein natürlich viel größer.“ Und Bohrlizenzen? „Das ist hochpolitisch.“

Big easy im Delta – per Boot und Auto durch Bayous und Sumpfgebiete

Je mehr man in die Sphären der Cajun Coast eintaucht, je weiter es hineingeht in die südwestlichen Delta-Gefilde, je näher es Richtung Meer geht, umso mehr scheint die Fahrt übers Wasser zu gehen, selbst wenn im Auto unterwegs. Dabei werden die Straßen deutlich weniger und schmal. Hier und da kommt eine Tankstelle mit Supermarkt-Charakter, kommen ab und an mal eine Handvoll Wohnhäuser. Sonst nur Gewässerlandschaft und Weite bis zum Horizont. Die Häuser sind hübsch anzusehen, besonders wenn in zarten Bonbonfarben gestrichen. Sie sind aus Holz und stehen meist wie die auf der Tour mit Captain Caviar auf Stelzen, damit bei Land unter das eindringende Wasser unterhalb durchfließt. Gefühlt vor jedem Haus parkt ein Boot fürs Vergnügen – unter dem freien Raum unterm Haus oder ruhend auf Trailern an Autos, startklar für den nächsten Trip durch Sümpfe und Bayous bis hinaus aufs Meer.

Chauvin Sculpture-Garden - religiöse Figuren modern interpretiert von kenny Hill Foto Ulrike Wirtz_3510.JPG
Zu bestaunen im Chauvin Sculpture-Garden – religiöse Figuren interpretiert von Kenny Hill Foto Ulrike Wirtz

Ein Örtchen heißt Chauvin am Sträßchen LA 56. Hier leben die jungen Kunststudentinnen Raegan und Madison, die durch den Chauvin Sculpture Garden führen. Dessen rund 100 bunt-bizarre religiöse Figuren schuf um 1990 der bis dato unbekannte Künstler Kenny Hill. Deren Restauration betrieb die renommierte Kohler Stiftung. An einem Langzeit-Parkplatz für Camper kommen Menschen wie Dale auf einen zu. „Hey, how are you? Wie geht’s?“ Der Rentner lebt mit Gattin in einem Wohnmobil auf dem Parkplatz. Zuhause sind sie Hunderte Kilometer nördlich vom Delta und fahren jedes zweite Wochenende hin: „Zum Rasenmähen, Wäsche waschen und so.“ Hier am Wasser cruisen beide täglich mit dem Boot durch die Bayous. „Dafür sind wir hier. Ich bin Angler. Meistens fange ich Forellen.“

Boot, Truck, Camper - mehr braucht es nicht im Garten Eden der Bayous Foto Ulrike Wirtz_3571
Truck, Camper und kleines Boot – viel mehr braucht es nicht im Garten Eden der Bayous Foto Ulrike Wirtz

Hier trifft man auf Menschen wie Tony. Ihm gehört das Sandpiper Inn am LA 57 mit simple-rustikalen Gästezimmern. Die Nacht kostet pro Person ab 60 $. „Einige Zimmer haben mehr Gäste als Betten. Denn die Leute sind nachts mit ihren Booten angeln und duschen hier nur. Die Boote bringen sie am Haken ihrer Autos mit.“ Tony lebt schon länger hier, hat mitsamt Familie und Inn selbst Hurrikan Ida überstanden und möchte nicht weg. „Das liegt an der Weite und am freien Leben hier am Wasser.“ Ob er die Island Marina kennt – „na klar. Ist einige Meilen dahin“. Das Gewässer an der Marina nennt sich Lake Catherine. Schilder annoncieren Touren für Hobby-Fischer zum Shrimp-Fishing. In gebührendem Abstand zur Marina geht es an ansehnlichen Refugien direkt am Wasser vorbei. Kaum Nachbarn – und wenn ja, lassen sie sich an einer Hand abzählen.

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Ferienhaus-Idylle an der Cajun Coast – und garantiert kein Night-Life Foto Ulrike Wirtz

Hinter den Häusern ist nur Wasser weit und breit. Die Sonne beschert ein tolles Licht. „Tony: „Solche Häuser gehören Leuten aus der Stadt – gerade auch aus New Orleans oder Baton Rouge. Sie suchen das Gegenteil vom Leben dort.“ Der Rhythmus der Cajun Coast ist Wasser, Natur, Stille – „also alles andere als night life“, sagt Tony. Da ist New Orleans natürlich ganz anders.

Weitere wichtige Info und Websites

Der US-Südstaat Louisiana gehört wie Mississippi und Alabama zur Region, die sich als Deep South versteht. Das stand im 19. Jahrhundert für die Staaten der Plantagen und Sklaverei im Süden, im 20. Jahrhundert für die Cotton States, in denen wie in Louisisana Baumwolle wuchs. In den 1950er/1960er Jahren fanden in den Südstaaten harte Kämpfe um die gleichen Bürgerrechte für die einstigen Sklaven statt: die African Americans, die aus Afrika in die Südstaaten verschleppt worden waren. Der US-Staat zählt aktuell 4,7 Mio. Einwohner, die sich vor allem auf die zwei Zentren konzentrieren: New Orleans als internationale Metropole und größte Stadt, gegründet 1718 mit nun 1,27 Mio. Einwohnern im Einzugsgebiet der Metro-Region, sowie Baton Rouge, die Verwaltungshauptstadt, gegründet 1699 mit nun 870.000 Einwohnern in der Metro-Region. Louisiana grenzt im Norden an Arkansas, im Osten an Mississippi, im Westen an Texas und im Süden an den Golf von Mexiko.

Alle offiziellen Tourismus-Informationen www.explorelouisiana.com.
Die Cajun Coast, auch Morgan City www.cajuncoast.com.
Das Shrimp & Petroleum Festival in Morgan City www.shrimpandpetroleum.org.
Im Boot durch Sümpfe und Bayous mit Captain Caviar www.captaincaviar.com.
Von hier ins sehenswerte Wedell-Williams Flugzeug-Museum www.louisianastatemuseum.org.
Das Städtchen Houma www.explorehouma.com.
Das Rig Mr. Charlie www.rigmuseum.com.
Die Gator Farm www.greenwoodgatorfarmtours.com.
Der Chauvin Sculpture Garden https://nicholls.edu.
Shrimp-Tour mit Down the Bayou Shrimp https://shrimptours.com.

Fancourt Hotel Südafrika

Fancourt: luxuriöses Tor zur Garden Route

Fancourt, eines von Südafrikas Top-Urlaubs- und Business Resorts, liegt im Herzen der Garden Route Südafrika, nur sieben Kilometer vom Flughafen und der historischen Stadt George entfernt. Das Resort liegt inmitten einer 613 Hektar großen Landschaft, umgeben von den majestätischen Outeniqua-Bergen und bietet damit eine wunderbare Kulisse für eine erholsame Auszeit.

Fancourt Areal Südafrika
Fancourt Areal in Südafrika

Hier erleben Reisende eine einzigartige Natur mit majestätischen Bergen, erstklassigen Stränden und glitzernden Lagunen. Die malerische Straße, die sich entlang des Ozeans erstreckt, führt zu pittoresken und einladenden Städten und öffnet die Türen zu herausragenden Weingütern, Gastronomie und der herzlichen Gastfreundschaft ihrer Bewohner. Fancourt liegt in der unberührten Landschaft von George in den prächtigen Outeniqua-Bergen – ein historisches Anwesen, das sich über 613 Hektar erstreckt.

Fancourt Hotel – für Familien und Golfbegeisterte

Innerhalb dieses Anwesens befinden sich zwei bemerkenswerte 5-Sterne-Hotels: das Fancourt Hotel und das The Manor House Boutique Hotel. Das Fancourt Hotel bietet eine zeitgenössische und luxuriöse Atmosphäre mit 115 geräumigen Zimmern und Suiten, die einen atemberaubenden Ausblick auf die Umgebung eröffnen. Die Suiten mit einem Schlafzimmer verfügen über eine Terrasse und sind außerdem mit einem separaten Wohnbereich mit eleganten Möbeln ausgestattet. Die Zwei-Zimmer-Suiten bieten darüber hinaus einen großzügigen und separaten Loungebereich, einen gemütlichen Kamin und einen eigenen Essbereich.

Fancourt-Hotel-Two-Bedroom-Suite
Fancourt-Hotel-Two-Bedroom-Suite
Römisches Bad im Francourt
Römisches Bad im Francourt

Das Hotel präsentiert drei erstklassige Golf Courses, die vom renommierten Golfer und Golfplatz-Designer Gary Player entworfen wurden, sowie vier außergewöhnliche Restaurants. Gäste können sich mit außergewöhnlicher Küche verwöhnen lassen und dabei die ruhige Umgebung genießen. Das Spa, das im Oktober nach Renovierung wieder eröffnet, bietet regenerierende Behandlungen, die von den Elementen der Natur inspiriert sind: Erde, Wasser, Luft und Feuer. Es verfügt über ein beheiztes römisches Bad, ein Dampfbad, ein Tepidarium, einen Whirlpool und zwölf Behandlungsräume.

The Manor House Boutique Hotel

Das Manor House, Mitglied der Leading Hotels of the World, verkörpert den Charme und das Erbe der englischen Cotswolds. Das historische Denkmal aus dem Jahr 1860 wurde seit 2018 wiederholt von den World Travel Awards als bestes Country House Hotel in Südafrika ausgezeichnet. Jedes Detail wurde sorgfältig zusammengestellt, um einen unvergesslichen Aufenthalt zu garantieren. Die 18 liebevoll gestalteten Suiten bieten großzügige Wohnbereiche, luxuriöse Badezimmer und Balkone mit Blick auf die Gärten. Der exklusive Zugang zum Außenpool vervollständigt dieses außergewöhnliche Erlebnis.

The Manor House Südafrika
The Manor House Südafrika
Lounge The Manor House
Lounge The Manor House

Weltwunder im Herzen der Garden Route

Die Garden Route hält grenzenlose Abenteuermöglichkeiten bereit, wie ein aufregendes Flugerlebnis mit einem Heißluftballon oder den Bloukrans Bungy, den höchsten kommerziellen Bungy-Sprung der Welt. Die beeindruckenden Cango Caves, die als eines der sieben Wunder Südafrikas gelten, bieten ebenso die Möglichkeit, die Natur zu bestaunen, so etwa malerische Wanderwege an Flüssen und Klippen entlang, über Holzbrücken und felsige Hügel.

Garden Route Wein Safari
Garden Route Wein-Safari

Für Tierliebhaber gibt es das Monkeyland, Birds of Eden und das Jukani Wildlife Sanctuary, das weltweit erste Primatenreservat mit mehreren freilebenden Arten.

Wichtige Websites und Infos:

Fancourt ist nur eine kurze Fahrt vom Flughafen George oder eine malerische 50-minütige Flugreise von jedem Flughafen in Südafrika entfernt: von Capetown 50 Minuten, von Johannesburg gut eineinhalb Stunden https://fancourt.co.za

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Im Porsche durch Piemont und Alpen – erst curisen, dann schlemmen

Nicht jeder nennt einen Sportwagen sein Eigen. Aber es gibt ja zum Beispiel Porsche 911 zu leihen. Und damit lässt sich dann der Traum erfüllen, mal sportlich und dennoch stilvoll über Land zu cruisen. Noch besser: sich dabei von einem Insider führen und betreuen zu lassen und sich selbst voll auf den Genuss des Fahrens im Boliden und aufs Schlemmen danach zu konzentrieren. Solche Genuss-Touren ermöglicht seit 2004 Reinhard Loeven mit seiner Loeven Sportwagentouren GmbH mit Sitz im Schweizerischen Mellingen. Loeven nennt sich zugleich Organisator und Tour-Guide, arbeitet selbst die Touren aus, begleitet sie.

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Einfach schön – das Piemont im Herbst Foto Reinhard Loeven

Rundum nehmen seine zahlenden Gäste an seinem in vielen Jahren erworbenen Insider-Wissen teil: „Es geht über spektakuläre Routen abseits ausgetretener Pfade. Und wir kehren ein in Michelin-besternten Restaurants oder bei regionalen Perlen.“

Acht Traum-Tage im Oktober  

Ein Highlight wartet im Herbst: die achttägige Tour durch das Piemont – Traumregion im Nordwesten Italiens. Konkret vom 02. Oktober bis 10. Oktober 2023. Der Weg ist dabei auch das Ziel. Denn es geht nicht über schnelle Autobahnen ins Piemont, sondern über Alpenstraßen und Serpentinen, die sich die Boliden mit ausgezeichneter Straßenlage mal hochschrauben und anschließend wieder hinunter. Es sind Stopps am Wege in Weinbergen eingeplant, wo sich die Winzer trotz Traubenernte Zeit für die Truppe nehmen und ihre Weine erklären. Der Herbst ist in der Region auch Trüffel-Zeit.

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Frisch aufgespürt und geerntet – Trüffeln Foto Reinhard Loeven

Somit ist ein Stopp bei einem Trüffel-Sucher – ein erfahrener Tartufaio – ebenso ein Muss. Eine Pasta mit Trüffeln später womöglich auch.

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Stop am Weg zur Trüffeljagd mit Trüffelsammler Foto Reinhard Loeven

Südlich von Luzern trifft sich die Gruppe in ihren Autos am 2.10.23 gegen 17 Uhr – entweder angereist im gemieteten oder im eigenen Wagen. Hier finden das Briefing und die erste Übernachtung im Hotel Kreuz in Sachseln statt – mit Abendessen aus feinster gutbürgerlicher Schweizer Küche. Früh geht’s los am nächsten Morgen – die Pässe der Schweizer Alpen warten, die Fahrt über den Alpenhauptkamm und die italienische Seite mit ihrer Hügellandschaft. Die Fahrt führt auch am Ortasee entlang – und so weiter und so weiter. Was für ein Trip bis zum und durch das traumhafte Piemont – acht Tage erst cruisen, dann schlemmen.

Websites und wichtige Info:

Alle Info zum Piemont & Alpenstrecken – ein Genießer-Special – finden sich unter www.sportwagentouren.com. Telefonisch ist Reinhard Loeven ebenso für Fragen und weitere Info zu erreichen: 0049 – 179 792 80 70.

Vorsorglich weist der Genuss-Touren-Spezialist seine Interessenten und Teilhaber der Reise darauf hin: „…Und natürlich leiten wir Sie – so Petrus uns wieder gewogen ist – über sensationelle Routen in den Alpen. Sollte Petrus schlechter Stimmung sein, dann orientieren wir uns mit Ihnen nach Süden – an die ligurische Küste.“  Auch diese Route hat er vorsichtshalber ausgearbeitet.

Eine ausführliche Routenbeschreibung findet sich in der PDF zur Reise auf der Website – mit vielen Details, auch in welchen Hotels genau übernachtet und wo genau gegessen wird. Plus Info zu den Tagesrouten wie geplant. Die Preise reichen von 4.750 Euro pro Person bis 8.930 Euro pro Person – jeweils im Doppelzimmer. Die Preis-Range hängt davon ab, welche Zimmerkategorie der Teilnehmer jeweils in den Hotels bevorzugt.

Eventuelle Miete des Autos, zudem Benzin und alkoholische Getränke sind im ausgewiesenen Preis nicht inkludiert. Details siehe Website oben.