Dösender Alligator im Bayou - aber Abstand wahren Foto Ulrike Wirtz _30125_jog

US-Staat Louisiana – Jenseits von New Orleans

Die Südstaaten-Metropole New Orleans steht für Amüsement in Musikkneipen des Jazz, Blues und Soul vor allem im French Quarter, dem Hort alt-französischer Kolonialarchitektur. Das zu erleben ist die eine Seite von Louisiana. Wer nur ein, eineinhalb Stunden rausfährt aus der Stadt in den Südwesten, lernt ganz andere Seiten kennen, die Leben und Flair im Südstaat mit ausmachen.  Hier wartet das Maritime. Hier stellt sich auch heraus, woher bestenfalls die Shrimps auf den großen Sandwiches, den Po‘boys, in New Orleans kommen.

Fischer Rodney’s Garten Eden – Wasser von salzig bis süß

Rodney P. Olander zeigt auf das Profi-Boot vor uns. „Es ist speziell fürs Shrimp-Fischen, das erkennst Du an seinen Aufbauten“, sagt der groß gewachsene Mann mit grauem Mehrtagebart. Wir stehen in der Marina von Morgan City. Hierher führt der US-Highway (HW) 90, die Haupt-Verbindungsstrasse durch Louisiana State an New Orleans vorbei gen Westen.

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Louisiana begrenzt im Süden der Golf von Mexiko, im Osten der Mississippi State, Texas im Westen und Arkansas im Norden Foto Explore-Louisiana

Der HW 90 eröffnet vor allem aber auch den Zugang zum Süden mit den großen Flussdeltas und Sümpfen in Louisiana, bis tief im Süden das Meer, der Golf von Mexiko, beginnt. Ab New Orleans dauert es eineinhalb Autostunden bis zum Städtchen Houma und 30 weitere Minuten im Auto bis zum noch kleineren Städtchen Morgan City. An den Stegen seiner Marina liegen Profi-Boote, aber auch Motor- und Segelboote fürs Privatvergnügen.

Ein malerischer Anblick und typisch im tiefen Süden, wo freie Natur und Süßwasser-Gefilde das Leben prägen – bis zum Meer. Die Region südlich des HW 90 heißt Cajun Coast – nach den französischen Siedlern, die Louisiana nach ihrem König Louis benannten. Das Land ist ab Meer salzige Marsch, geht über in Bayous, diese Wasserwege von breit bis schmal, und in Sümpfe, die Swamps.

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Rodney und Familie sind Brown-Shrimp-Fischer in vierter Generation – tief in Süd-Louisiana Foto Ulrike Wirtz

Das Süßwasser kommt vom Atchafalaya River, der durchs Binnenland mäandert, bis er ins Meer mündet. Was für ein Unterschied zum Big Easy in New Orleans. Im Meer und in der salzigen Marsch gedeiht Sea-Food aller Art, auch braune Shrimps in großen Mengen. Sie sind eine Spezialität von Rodney, selbst Shrimp-Fischer seit gut 45 Jahren. „Mein Großvater hat angefangen. Nun sind wir Shrimp-Fischer in vierter Generation im St. Mary Parish an der Cajun Coast“. Parish steht im Südstaat für County, eine Verwaltungseinheit ähnlich den deutschen Landkreisen. Die Fläche im Parish besteht zu gut einem Drittel aus Wasser. Das Shrimp-Fischen ist hierzulande traditionell Sache von Familienbetrieben mit Abnehmern bis New Orleans und darüber hinaus – ob Restaurants oder Geschäfte für den Verzehr zu Hause.

Brown Shrimps am Dock David Chauvin's - die Spezialität der Cajun Coast in Louisianas Süden Foto Ulrike Wirtz_3596.JPG
Brown-Shrimps von der Cajun Coast. Die Küste heißt nach den französischen Siedlern, den Cajuns Foto Ulrike Wirtz

Hier wie da munden die Shrimps als Cocktail oder gegrillt oder frittiert auf 15 bzw. 30 Zentimeter langen Sandwiches, die in Louisiana traditionell Po’boys heißen. Rodney ist in seinem Element: „Wir fischen nicht nur, sondern schälen unsere Fänge an eigenen Docks, frieren sie teils ein und verkaufen frisch ab eigenem Dock. So verfahren einige Fischer hier.“ Der Mann um die Sechzig macht eine kurze Pause, fährt fort, nun fast verärgert: „Früher war das Hauptproblem für uns Fischer die Hurrikans und ihre Zerstörungen durch Wind und Wasser. Das letzte Mal Hurrikan Ida im August 2021.“

Der zerstörte Fischereigründe, Boote, Ausrüstung, Docks. „Unser Hauptproblem nun sind Wettbewerber aus Thailand, Indien, Ecuador oder China. „Die werfen ihre Shrimps en Masse zu Dumping-Preisen auf unsere Märkte. Folglich müssen wir Locals auch die Preise senken. Aber von den niedrigen Preisen können wir nicht existieren.“ Viele hätten aufgegeben. Rodney: „Wer weiß das schon in New Orleans.“ Seine treuen Abnehmer wüssten es schon. Die Zahl der beantragten Lizenzen zum Shrimp-Fischen sei von 10.000 im Jahr 2000 auf nur noch 4.000 in 2023 gesunken. „Und das im Staat Louisiana. Wir stellen mit 850 Millionen Pfund Seafood aus heimischen Gewässern pro Jahr die zweitgrößte Fischerei-Industrie der USA und sind ein wichtiger Arbeitgeber“ (Rodney).

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Prägt Louisiana’s Süden – Wasser von salzig im Golf von Mexiko bis süß in den Bayous Foto Ulrike Wirtz

Denn die Gefilde für Meeresgetier sind fruchtbar und riesig in Louisiana. So ist die Küste gut 12.000 Kilometer lang und damit die drittlängste Meeresküste der USA. Die Länge resultiert daraus, dass die Küstenlinie am Golf von Mexiko so kurvig vorbeiführt. Davon sind die wenigsten Kilometer endlos scheinende Sandstrände, vielmehr zerklüftetes Marschland und somit ein Top-Biotop für Shrimps und auch Austern. Ob der Importlage bei Shrimps sei nun aber nicht mehr alles Idylle, so Rodney. Daher betätige er sich bei der Louisiana Shrimp Task Force, die vorstellig wird fürs Anliegen von Baton Rouge, Hauptstadt von Louisiana State, bis Washington DC, Hauptstadt der USA. „Am US-Markt für Shrimps hält Louisiana einen Anteil von 25 Prozent“, hat Rodney aktuelle Zahlen parat. „Aber die Importe aus dem Ausland übertreffen die Nachfrage. Das drückt die Preise. Wenn die Politik einen Mindestpreis festlegte, da wäre uns geholfen.“   


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Captain Caviar’s Garten Edenmit Alligatoren, Adlern und Atchafalaya River

In der maritimen Welt in Louisianas Süden betätigt sich auch Captain Caviar und vermittelt mit stetem Lächeln unter grauem Rauschebart, seinen Job mehr als Hobby zu sehen. Er lebt und arbeitet im östlichen Nachbar-Parish Terrebonne. Der ist ebenfalls ein Teil der Cajun Coast, ebenso Shrimp- und Auster-Region und auch Ort der Kaviar-Produktion von Captain Caviar. Auch hier prägen Meer, Marschland, Bayous und Sümpfe die Art zu leben, wobei Terrebonne gar zu 50 Prozent aus Wasser besteht – als Teil der Flussdeltas von Atchafalaya und Mississippi River.

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Captain Caviar rauscht durch den Atchafalaya River und die Gewässer unzähliger Bayous Foto Ulrike Wirtz

Captain Caviar tourt mit der Miss S, ein Sieben-Meter-Flachbodenboot aus Aluminium, durch seine Cajun Coast, an Bord zahlende Gäste aus nah und fern, maximal fünf pro Tour. Sein Boot liegt in Idlewild nahe Houma, Verwaltungssitz des Parish Terrebonne und teils noch im Wiederaufbau, weil Hurrikan Ida viele Schäden hinterließ. Houmas Downtown lohnt den Abstecher schon wegen seiner filmreifen Architektur der 1950er Jahre. Hier finden sich Gebäude für Verwaltung, Gericht und Anwaltsbüros, die in adretten Villen residieren. Zum Verweilen laden Shops und Boutiquen ein, Lokale und das Café Downtown Jeaux,  das am frühen Morgen regelrecht überlaufen ist von Frühstücksgästen.

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Busy und adrett – im Städtchen Houma sitzt die Verwaltung des Terrebonne Parish Foto Ulrike Wirtz

Das Städtchen, gegründet 1834, profitierte schon früh von seiner zentralen Lage, wurde daher im Lauf des 19. Jahrhunderts Standort von Fabriken, die das Zuckerrohr der Plantagen landeinwärts verarbeiteten, und von Sägemühlen, die das Holz der Wälder zum Weiterverkauf zurechtstutzten. Austern wurden in der Region in einer Menge geerntet, dass Houma Ende des 19. Jahrhunderts größter Hafen zur Austern-Verschiffung war.

Captain Caviars genaues Revier ist das Atchafalaya-Delta – dort, wo die salzige Marsch ins größte Süßwasser-Sumpfgebiet der USA übergegangen ist. Der Kapitän fährt zur Einführung der Tour mit dem Finger über die Landkarte. „Wir fahren erst Bayous, dann den Atchafalaya und retour. Und Vorsicht. Im Süßwasser leben keine leckeren Shrimps, aber Alligatoren. Die mögen es ja süß“, sagt er schelmisch lächelnd, löst die Leinen des Boots, legt ab und erzählt weiter: Der Fluss Atchafalaya bildet ein eigenes Delta, das wiederum Teil des westlichen Mississippi-Deltas ist, weltweit das siebtgrößte Flussdelta.

Hurrikan-erprobte Brücke hinter Houma, Süd-Louisiana Foto Ulrike Wirtz_3696.JPG
Hurrikan-erprobte Brücke hinter Houma, Süd-Louisiana Foto Ulrike Wirtz

Den Namen bekam der Atchafalaya River von den First Nations. Die spezielle Flora im Atchafalaya Delta sind neben seinem Gebüsch-Dickicht seine Zypressen-Wälder. „Einzelne Zypressen sind bis zu 1000 Jahre alt. Mit etwas Glück sehen wir auch Bald Eagles.“ Der Kapitän kennt sein Revier, steuert nämlich auf eine Baumgruppe zu, hält dazu Distanz und zeigt auf eine ausladende Baumkrone. Mittig thront ein Adlernest mit zwei Jungen, wie der Blick durch das Fernglas zeigt. Die strecken ihre Köpfchen den fütternden Eltern entgegen. Der Kapitän zeigt sich darüber so begeistert wie seine Gäste – „wie ein Wunder“ -, dreht langsam ab, späht immer wieder rechts und links ins Dickicht, hält dann auf umgekippte Baumstämme zu, die im Wasser schwojen.

Auch hier hält er Abstand. „Seht Ihr den Alligator auf dem einen Stamm. Der döst. Den erkennt Ihr an der Erhebung, seinem Nasenhöcker.“ Mit Fernglas sieht selbst das ungeübte Auge das Reptil und – oha – seine Länge. „Gut zwei Meter“, meint der Kenner, „also besser nicht schwimmen gehen.“ Fleisch und Häute der „Gators“ seien auch traditionell ein Produkt der Region – „früher durfte sie jedermann fangen und verarbeiten. Heute ist das nur noch lizensierten Alligator-Farmen erlaubt“. Eine ist die Greenwood Gator Farm in Gibson südlich von Houma, die bei Touren den unblutigen Teil ihres Geschäfts zeigt.

In der Gator Farm Greenwood einen Mini-Alligator kuscheln - Guide Kevin assistiert  Foto Ulrike Wirtz
In der Gator Farm Greenwood einen Mini-Alligator kuscheln – Guide Kevin assistiert Foto Ulrike Wirtz

Der Bootsführer fährt weiter, hinein in eine Schleuse, welche die Miss S samt Passagieren einen Meter nach oben trägt. Hier ist augenfällig, dass Wasser und Land zwar so aussehen wie nur von der Natur gemacht. Doch hat auch der Mensch Hand angelegt, Schleusen, Wehre, Deiche, Kanäle, Pumpen etc. gebaut: „Damit die Füße trocken bleiben bis New Orleans und darüber hinaus, wenn unsere tropischen Stürme und Hurrikans das Wasser steigen lassen“ (der Kapitän). Nach der Schleuse gibt er Gas, sagt: „Führen wir den Fluss weiter hinauf, gingen die Sümpfe über in trockenes Land mit Plantagen. Wir biegen hier ab in den Bayou.“ Dem folgt die Miss S auf Kilometer. Sein Verlauf ist mal einige Bootslängen breit, mal vielleicht gerade mal zwei Meter. Alles scheint unbewohnt.

Bis ein Holzhaus auftaucht – im Dickicht auf Stelzen im Wasser stehend. Wie romantisch und irgendwie auch ungut-einsam.

Auch wenn etliche Meter weiter ein an Bäumen vertäutes Hausboot mit Terrasse auftaucht. Der Kapitän: „Es gibt nicht viele Häuser hier. Teils sind sie privat nur für die Ferien. Teils leben Familien hier seit Generationen. Die separate Hütte ist typisch – wegen Brandgefahr. Da steht nämlich der eigene Generator. Der produziert Strom für Herd, Mobiltelefon und TV. Für Dauerbewohner geht es per Boot zur Schule, Arbeit usw.“ Ein weiteres Haus kommt näher und entpuppt sich als Ruine – zerfetzt von einem Hurrikan, der übers Atchafalaya-Gebiet zog. Zurück in Idlewild meint Captain Caviar: „Stay safe.“ Ein guter Abschied.

Hausboot in einem der vielen Bayous Foto Ulrike Wirtz_3091.JPG
Wohnen in einem der Bayous – ein Hausboot und im Dickicht versteckt eine Hütte daneben mit dem Generator Foto Ulrike Wirtz

Mr. Charlie – ein Symbol für noch mehr Früchte aus dem Meer

Am den Wasserwegen liegen ab und an kleinere Werften und die eine oder andere moderne Fertigungshalle, wo sichtlich Equipment für Ölbohrungen hergestellt wird. Sie stehen für den weiteren wichtigen Wirtschaftszweig in Louisiana: Erdöl und Erdgas. Beides liegt unter dem Meeresboden des Golfs, wird mit Bohr-Plattformen hoch befördert und per Pipelines an Land verbracht. Ein alter Vertreter der Branche ist Mr. Charlie: eine Bohr-Plattform, erbaut 1954, im eigentlichen Job seit 1986 außer Dienst und vertäut zwischen Morgan City und Houma. Heute nutzen Petro-Firmen die Plattform für Sicherheitstrainings zur Arbeit auf See. Ansonsten ist sie gegen Eintritt zu besichtigen. Mr. Charlie – was für ein Moloch: 5000 Tonnen schwer, bis zu 15 Meter hohe Aufbauten plus Beine, die unter Wasser auf 13 Meter ausgefahren wurden.

Mr. Charlie - ausgemustert und nun Museum. Die Bohr-Plattform diente der Suche nach Öl Foto Ulrike Wirtz_2889.JPG
Mr. Charlie – einst Bohr-Plattform zur Ölsuche, nun auch Museum; hier Teile der Bohrtechnik Foto Ulrike Wirtz

Virgil Allen kennt die Plattform in- und auswendig und stellt sich als altgedienter Sicherheits- und Umweltingenieur vor: „Ich schule hier Crews für die Arbeit auf See, mache aber auch Touren.“ Und er sei der Präsident des Rig Museums für Mr. Charlie. „Der war 1954 das erste mobile Rig. Das heißt – es war wie ein Boot selbstversorgend und fuhr selbst von Bohrort zu Bohrort. Mr. Charlie diente zur Erforschung neuer Ölfelder, aber nicht zur Ölförderung.“ Anders als auf heutigen Plattformen hätten die zig Mann starken Crews damals noch viel körperliche Arbeit verrichtet – „ein Knochenjob bei Wind und Wetter. Keine Frauen an Bord hieß es damals und heißt es heute. Heute arbeiten Bohr-Plattformen bis zu 200 Seemeilen offshore. Einsätze dauern mindestens zwei Wochen. Nach Hause zwischendurch geht nicht“.

Mr. Charlie und Ingenieur Virgil Foto Ulrike Wirtz_2872.JPG
Mr. Charlie’s neuer Roboter – Ingenieur Virgil trainiert daran Teams für den Einsatz auf See Foto Ulrike Wirtz

Zwei Stunden dauert die Tour mit Virgil. Startet über steile Metalltreppen außen hinauf zu den Bohr-Vorrichtungen samt Robotern; führt innen über Treppen tief hinab zu Motoren und Ballasttanks. Was für eine Unterwelt. Was für alte Computer zur Steuerung. Virgil: „Heute läuft auf Bohrinseln fast nichts mehr ohne Algorithmen.“ Stufen wieder hoch – zu Technikräumen, Büros und Gruppen-Ruheräumen der technischen Crew und derjenigen, die fürs leibliche Wohl sorgten. Als es wieder an die frische Luft geht, weht eine kräftige Brise. Virgil: „Je nach Wind und Regen sagen wir Touren ab. Zu gefährlich, obschon wir nicht auf See sind.“ Zum Abschluss lädt er ein ins dazugehörige International Petroleum Museum & Exposition. Es ist mini, aber voller Artefakte zur Branche. Virgil: „Auf den Touren erzählen relativ viele Besucher, dass sie selbst auf einer Bohr-Plattform gearbeitet haben. Die interessiert jedes Detail.“  

Und wie verhält sich die Öl-Branche zur Meeresfrüchte-Branche? Kulturell kommt beides zusammen im Shrimp & Petroleum Festival mit kleinem Museum, beides in Morgan City, vereint unter Direktive von Hailee Thomas: „Seit 1960 feiern wir am Labour Day Weekend unser gemeinsames Festival. Denn Öl und Shrimps sind beides Ernten aus dem Meer. Beides brachte unsere Region auf die Landkarte der Topbranchen in Louisiana.“

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Gibt’s wohl nur in Louisiana – ein gemeinsames Shrimp & Petroleum Festival Foto Ulrike Wirtz

Und wie verhält sich das umwelttechnisch? Ingenieur Virgil: „Ein großes Thema. Zumal es im April 2010 das Unglück der Deepwater Horizon im Golf gab.“ Die Bohr-Plattform explodierte mit tödlichen Folgen, auch weil Millionen Liter Öl ins Meer vor den Südstaaten flossen und Fauna und Flora desatrös schädigten. Der Betreiber bekam eine Milliarden-Strafe. Virgil: „Heute ist das Umweltbewusstsein natürlich viel größer.“ Und Bohrlizenzen? „Das ist hochpolitisch.“

Big easy im Delta – per Boot und Auto durch Bayous und Sumpfgebiete

Je mehr man in die Sphären der Cajun Coast eintaucht, je weiter es hineingeht in die südwestlichen Delta-Gefilde, je näher es Richtung Meer geht, umso mehr scheint die Fahrt übers Wasser zu gehen, selbst wenn im Auto unterwegs. Dabei werden die Straßen deutlich weniger und schmal. Hier und da kommt eine Tankstelle mit Supermarkt-Charakter, kommen ab und an mal eine Handvoll Wohnhäuser. Sonst nur Gewässerlandschaft und Weite bis zum Horizont. Die Häuser sind hübsch anzusehen, besonders wenn in zarten Bonbonfarben gestrichen. Sie sind aus Holz und stehen meist wie die auf der Tour mit Captain Caviar auf Stelzen, damit bei Land unter das eindringende Wasser unterhalb durchfließt. Gefühlt vor jedem Haus parkt ein Boot fürs Vergnügen – unter dem freien Raum unterm Haus oder ruhend auf Trailern an Autos, startklar für den nächsten Trip durch Sümpfe und Bayous bis hinaus aufs Meer.

Chauvin Sculpture-Garden - religiöse Figuren modern interpretiert von kenny Hill Foto Ulrike Wirtz_3510.JPG
Zu bestaunen im Chauvin Sculpture-Garden – religiöse Figuren interpretiert von Kenny Hill Foto Ulrike Wirtz

Ein Örtchen heißt Chauvin am Sträßchen LA 56. Hier leben die jungen Kunststudentinnen Raegan und Madison, die durch den Chauvin Sculpture Garden führen. Dessen rund 100 bunt-bizarre religiöse Figuren schuf um 1990 der bis dato unbekannte Künstler Kenny Hill. Deren Restauration betrieb die renommierte Kohler Stiftung. An einem Langzeit-Parkplatz für Camper kommen Menschen wie Dale auf einen zu. „Hey, how are you? Wie geht’s?“ Der Rentner lebt mit Gattin in einem Wohnmobil auf dem Parkplatz. Zuhause sind sie Hunderte Kilometer nördlich vom Delta und fahren jedes zweite Wochenende hin: „Zum Rasenmähen, Wäsche waschen und so.“ Hier am Wasser cruisen beide täglich mit dem Boot durch die Bayous. „Dafür sind wir hier. Ich bin Angler. Meistens fange ich Forellen.“

Boot, Truck, Camper - mehr braucht es nicht im Garten Eden der Bayous Foto Ulrike Wirtz_3571
Truck, Camper und kleines Boot – viel mehr braucht es nicht im Garten Eden der Bayous Foto Ulrike Wirtz

Hier trifft man auf Menschen wie Tony. Ihm gehört das Sandpiper Inn am LA 57 mit simple-rustikalen Gästezimmern. Die Nacht kostet pro Person ab 60 $. „Einige Zimmer haben mehr Gäste als Betten. Denn die Leute sind nachts mit ihren Booten angeln und duschen hier nur. Die Boote bringen sie am Haken ihrer Autos mit.“ Tony lebt schon länger hier, hat mitsamt Familie und Inn selbst Hurrikan Ida überstanden und möchte nicht weg. „Das liegt an der Weite und am freien Leben hier am Wasser.“ Ob er die Island Marina kennt – „na klar. Ist einige Meilen dahin“. Das Gewässer an der Marina nennt sich Lake Catherine. Schilder annoncieren Touren für Hobby-Fischer zum Shrimp-Fishing. In gebührendem Abstand zur Marina geht es an ansehnlichen Refugien direkt am Wasser vorbei. Kaum Nachbarn – und wenn ja, lassen sie sich an einer Hand abzählen.

Ferienhaus-Idylle am HW 90 South Foto Ulrike Wirtz_3729.JPG
Ferienhaus-Idylle an der Cajun Coast – und garantiert kein Night-Life Foto Ulrike Wirtz

Hinter den Häusern ist nur Wasser weit und breit. Die Sonne beschert ein tolles Licht. „Tony: „Solche Häuser gehören Leuten aus der Stadt – gerade auch aus New Orleans oder Baton Rouge. Sie suchen das Gegenteil vom Leben dort.“ Der Rhythmus der Cajun Coast ist Wasser, Natur, Stille – „also alles andere als night life“, sagt Tony. Da ist New Orleans natürlich ganz anders.

Weitere wichtige Info und Websites

Der US-Südstaat Louisiana gehört wie Mississippi und Alabama zur Region, die sich als Deep South versteht. Das stand im 19. Jahrhundert für die Staaten der Plantagen und Sklaverei im Süden, im 20. Jahrhundert für die Cotton States, in denen wie in Louisisana Baumwolle wuchs. In den 1950er/1960er Jahren fanden in den Südstaaten harte Kämpfe um die gleichen Bürgerrechte für die einstigen Sklaven statt: die African Americans, die aus Afrika in die Südstaaten verschleppt worden waren. Der US-Staat zählt aktuell 4,7 Mio. Einwohner, die sich vor allem auf die zwei Zentren konzentrieren: New Orleans als internationale Metropole und größte Stadt, gegründet 1718 mit nun 1,27 Mio. Einwohnern im Einzugsgebiet der Metro-Region, sowie Baton Rouge, die Verwaltungshauptstadt, gegründet 1699 mit nun 870.000 Einwohnern in der Metro-Region. Louisiana grenzt im Norden an Arkansas, im Osten an Mississippi, im Westen an Texas und im Süden an den Golf von Mexiko.

Alle offiziellen Tourismus-Informationen www.explorelouisiana.com.
Die Cajun Coast, auch Morgan City www.cajuncoast.com.
Das Shrimp & Petroleum Festival in Morgan City www.shrimpandpetroleum.org.
Im Boot durch Sümpfe und Bayous mit Captain Caviar www.captaincaviar.com.
Von hier ins sehenswerte Wedell-Williams Flugzeug-Museum www.louisianastatemuseum.org.
Das Städtchen Houma www.explorehouma.com.
Das Rig Mr. Charlie www.rigmuseum.com.
Die Gator Farm www.greenwoodgatorfarmtours.com.
Der Chauvin Sculpture Garden https://nicholls.edu.
Shrimp-Tour mit Down the Bayou Shrimp https://shrimptours.com.

Pigeon Key - Historische Seven Mile Bridge Foto Ulrike Wirtz

The Florida Keys – Über 42 Brücken…

Die 42 Brücken der Inselgruppe Keys meinte Schlagerstar Peter Maffay sicher nicht, als er von sieben sang. Die 42 Brücken bilden einen der schönsten Highways der USA, liegen ganz im Süden Floridas zwischen Atlantik und Golf von Mexiko und verbinden die Keys mit dem US-Festland.

Keys - Romantik am Abend Foto Ulrike Wirtz
Keys – Romantik am Abend Foto Ulrike Wirtz

Die Inseln im Sunshine State stehen für Ferienspaß mit Angeln, Schnorcheln und Tauchen, mit lebhafter Kneipenszene und abwechslungsreicher Küche. Schon die Schriftsteller-Legenden Ernest Hemingway und Tennessee Williams wussten insbesondere Key West zu schätzen und lebten hier. Zur Insel-Gruppe gehören noch Eilande wie Marathon, Islamorada oder Key Largo – alles in allem ein 113 Meilen langes, tropisches Archipel, das sich in südwestlicher Richtung erstreckt.

Key-West-Fan Ernest Hemingway Foto Ulrike Wirtz
Ernest Hemingway und Key West – er genoss tropisches Klima und maritimes Flair Foto Ulrike Wirtz

Und jedes Mal ist für mich diese Route, die Overseas Highway (Hwy) heißt, einfach herrlich – wie gerade erst wieder im Juni. Denn neben der schmalen Fahrbahn, die rund zehn Meter über dem Meer verläuft, schimmert das Wasser blau-grün. Pelikane schweben mit ihren langen Flügeln parallel zum Wagen über die Wogen. Und manch weiße Yacht zieht ihre Spur durchs schillernde Nass. So kommt man sich auch im Auto vor: quasi mitten auf dem Wasser. Die Traumstraße bietet seit neuestem eine zusätzliche Attraktion. So wurde eine alte Brücke des Overseas Hwy nach Jahrzehnten der Schließung wieder in Stand gesetzt – die berühmte Historic Seven Mile Bridge – und steht nun für Fußgänger und Fahrräder offen und nur für diese.

Historical Seven Mile Bridge - mit Bike Foto Ulrike Wirtz
Historical Seven Mile Bridge – nun Paradies für Radler und Fußgänger Foto Ulrike Wirtz

Sie verläuft parallel genau neben dem Hwy und war, da marode, stillgelegt und 1982 durch eine neue Brücke ersetzt worden. Sie wurde nun über mehrere Jahre saniert, dabei bis in die Tiefen des Meeres neu verankert, ihr Belag erneuert an der neuen Nutzung ausgerichtet und ebenso ihre Markierung: Je zwei Spuren führen hin und zurück als Fahrradweg, je zwei retour als Fußweg. Somit ist Platz auch für Jogger. Ich radle über die historische Brücke. Und wieder schimmert keine zehn Meter unterhalb das blaugrüne Meer. Und aus den Fluten taucht eine große Schildkröte auf, reckt ihren Kopf der Sonne entgegen und taucht wieder ab.

Tropisch-warmes Ziel mit Tradition

Die Historic Seven Mile Bridge hat eine spannende Geschichte – wie überhaupt der Overseas Hwy. Die Verbindung der Keys mitsamt Brücken wurde einst von Industrie-Magnat Henry Flagler als Eisenbahnlinie geschaffen, um Key West als Ziel seiner Florida East Coast Railway zu erschließen. Damit brachte Flagler per Bahn die „Reichen und Schönen“ aus den kalten Wintern in New York in den tropisch-warmen Süden Floridas – am Ende bis auf Key West. In den 1930er Jahren wurde die Strecke samt Brücken für Autos umgerüstet, die Bahn hatte ausgedient.

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Die Historic Seven Mile Bridge war 1912 fertig geworden, auch als Eisenbahnbrücke und führte auf ein spezielles Eiland, nämlich Pigeon Key. Hier residierte die Baustellenverwaltung für Flaglers Bahnprojekt, hier lebten und schliefen Techniker und Arbeiter, die Gleise verlegten etc. – alles in allem rund 400 Beschäftigte. Noch heute sind dort Baracken der Wohnunterkünfte und Häuser der früheren Büros und Memorabilien aus der Zeit zu sehen; Tour-Guides wie Steve führen in die Geschichte ein, gerade auch spannend für die Kleinen unter den Besuchern.

Pigeion Key - Foto Ulrike Wirtz
Pigeon Key – einst Camp der Eisenbahn-Crew, heute mit Museum auch für Kids

Pigeon Key und eine Tour sind auch mein Ziel. Dorthin sind es wohl keine sieben Meilen, sondern 2,2 Meilen – one way. Wo der Weg dann auf das Eiland Pigeon Key abbiegt, hört die Brücke abrupt auf. Stattdessen ein massiver Zaun, dahinter der Blick ins Leere und unterhalb ins Meer. Bis nach ungefähr 20 Meter Lücke die Brücke wieder weitergeht – nun nur noch als Ruine.

Historische Seven Mile Bridge - jähes Ende Über 42 Brücken Foto Ulrike Wirtz
Historische Seven Mile Bridge – jähes Ende Foto Ulrike Wirtz

Ob es so auch aussah, als 1935 ein Hurrikan die Eisenbahnlinie großräumig zerstörte? Das Schadensereignis führte jedenfalls dazu, dass daraus als Overseas Hwy die Autoroute wurde – über 42 Brücken.

Weitere Infos zu Florida Keys – Über 42 Brücken:

Zu den Keys www.fla-keys.com; www.visitflorida.com.

Zur Historical Seven Mile Bridge www.ci.marathon.fl.us.

Zur Insel Pigeon Key https://pigeonkey.net.

Zu den zwei Schriftsteller-Stars auf Key West: www.hemingwayhome.com; www.kwahs.org.

Guide Michelin Florida

Neuer Guide Michelin Florida

Der renommierte Restaurantführer hat gerade auf der IPW 2022 in Orlando sein aller neuestes Werk vorgestellt: den Guide für Florida. Der Guide Michelin gilt als die globale Benchmark der internationalen Gastronomieszene und führt mit dem neuen Guide Michelin Florida durch die angesagten lukullischen Zentren Floridas: Miami, Orlando und Tampa. Mit insgesamt 15 Michelin-Sternen können sich die drei Städte nun schmücken, wobei die Sterne sich jedoch ungleich verteilen.

Das am höchsten dekorierte Restaurant befindet sich in Miami und kann sich nun mit zwei Michelin Sternen schmücken: das L’Atelier de Joel Robuchon Miami mit französischer Küche. Hinzu kommen in der Club-Metropole am Atlantik zehn weitere Restaurants mit einem Stern, darunter das Elcielo Miami und gerühmt für seine moderne interpretierte traditionelle kolumbianische Küche oder das Cote Miami und ausgezeichnet für seine koreanische Steak-House-Kunst.

Auch interessant: The Florida Keys – Über 42 Brücken…

In Orlando, der Metropole der Unterhaltungsparks mit Achterbahnen und Wasserrutschen im Binnenland, heimsten vier Restaurants die restlichen Sterne ein – mit jeweils einem Stern; etwa das Capa im Four Seasons Hotel, ein spanisch inspiriertes Steakhouse mit originellen Tapas, sowie das kleine Soseki und angesagt als Sushi-Spezialist.

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Die von Michelin ausgesendeten Tester, die wie überall anonym kommen und essen und sich nicht enttarnen, wurden in Tampa bei Sterne-Küche nicht fündig. Dafür fanden sie in der coolen Stadt am Golf von Mexico – auf der anderen Seite der floridianischen Halbinsel – einige Adressen für gutes Essen mit einem Glas Wein für unter 49 $, darunter das Rooster & The Till mit asiatisch beeinflussten internationalen Gerichten oder das Rocca, ein hipper Italiener.

Wichtige Infos über Guide Michelin Florida

https://guide.michelin.com/en

Big Sky Montana

Winter-Spielplätze in den Rocky Mountains

In drei Orte führt meine Winter-Safari durch den Nordwesten der USA: Sun Valley in Idaho, Jackson Hole in Wyoming, Big Sky in Montana. Jeder Ort ist hat seine Eigenarten – zusammen sind sie das ganze Programm. Das Trio liegt angesichts des großen Nordwestens fast Tür an Tür und lässt sich perfekt zusammen bereisen.

Der Mantel ist aus braunem dicken Tweed, hat einen braunen Pelzkragen und passt in seiner rustikalen Eleganz gut nach Sun Valley, dem Wintersport-Gebiet beim früheren Minenstädtchen Ketchum in den Rocky Mountains, im US-Bundesstaat Idaho. Der Mantel schmückt in der Sun Valley Lodge eine Glasvitrine, wurde aber schon in den 1920er/1930er Jahren kreiert und zwar laut Brief, ausgestellt neben dem guten alten Stück, für den Verfasser des Briefs: W. Averell Harriman, damals Vorsitzender der Union Pacific Railroad.

Aber Harriman war mehr als das. Nämlich Gründer des Ski-Resorts Sun Valley. Das ließ er 1936 bauen und setzte auf Glamour, aber bitte sportlich. Entsprechend ließ der Eisenbahn-Baron damals die Sun Valley Lodge als stilvoll-lässige Luxusherberge errichten. Das ist sie noch heute, wie sich schon am Service der Doormen und am feinen Flair in Lobby und Bar zeigt. Und seit den Anfängen zieht es auch Prominenz ins Sonnen-Tal, wie Fotos nicht nur in der Lodge zeigen.

Promi-Treff Sun Valley
Auch Hollywood reiste ins Tal der Sonne

So sind Gary Cooper und Ingrid Bergman nebst weiterer Celebrities auf Polaroid gebannt zu bewundern, ebenso Arnold Schwarzenegger, nach dem sogar eine schwere Anfahrt benannt ist. Mantel-Träger W. Averell Harriman, der später auch US-Botschafter wurde, kam immer wieder nach Sun Valley zurück, nahm wie seine berühmten Gäste mmer wieder den weiten Weg in den großen Nordwesten auf sich, um sich bei winterlichen Aktivitäten zu verlustieren.

Ski-Wear der 1930er
Pelzmantel mit Geschichte

Sun Valley in Idaho war der erste Stopp meiner Wintersport-Safari. Danach folgte Jackson Hole in Wyoming, dann Big Sky in Montana. Zuvor ging es im Flugzeug bis Boise, Idaho’s quirliger Metropole und Unistadt; im Auto dann gen Osten, dann links ab nach Norden. Hier reihen sich die drei großen, kaum besiedelten Bundesstaaten aneinander und ebenso ihre drei Winter-Spielplätze. Dazwischen liegen – gemessen an der Größe – nur rund 430 Meilen die einfache – schöne – Strecke (siehe Karte). Ich reiste Mitte März, Boise war schon frühlingshaft, die Bergwelt der drei Resorts dagegen noch tief verschneit. Und jedes der drei hat einen speziellen Superlativ: Big Sky ist nach Fläche das größte der drei, das zweitgrößte der USA und eher low key. Jackson Hole hat die meisten schweren und sehr schweren Pisten von den drei und auch verglichen mit anderen angesagten Ski-Resorts Nord-Amerikas und betont seine Extreme bis fast zur Arroganz. Sun Valley dagegen lebt seine Eleganz aus und trumpft mit Gepflegtheit auch in Stilfragen auf.

Sun Valley und sein diskreter Snobbismus

Sun Valley
Hochalpin und reich an Sonnenschein

Sun Valley ist sogar das älteste Ski-Resort überhaupt der USA. Dass es dabei das kleinste der drei ist, okay.

Jede Menge Pisten und ungespurtes Gelände
Pisten und freies Gelände von leicht bis schwer und noch schwerer

Im Gegenzug schmücken es viele stattliche Villen. Zudem hat es gleich zwei Zentren mit Hotels, Lokalen etc. – nämlich seit 1936 das Sun Valley Village und der viel ältere Ort Ketchum. Das Ski-Gebiet liegt am Bald Mountain, der über Sun Valley thront.

Guest Service Team
Mit David vom Gästeservice auf die ersten Pisten

Zusätzlich gibt es den Dollar Mountain als Anfängerareal. Hier warten außerdem acht Freestyle-Parks mit Sprunganlagen etc. Mich zieht es zum Bald Mountain. Daher finde ich mich an meinem ersten Tag in Sun Valley am River Run Plaza, der Basisstation am Bald Mountain, ein und treffe David Spaulding vom Mountain Guest Service. Dieser Service steht für ein Team, das neue Gäste in das Revier am Bald Mountain einführt – „natürlich auf Skiern oder Snowboard. Die Tour ist gratis und geht rund zwei Stunden“, so David. Und los geht’s.

Pisten und Schnee vom Feinsten
Top-Pisten warten, ebenso Top-Hütten zum Einkehrschwung

Die Lifte hinauf, die Hänge über traumhaften Schnee bergab. David sagt wie alle Locals nicht Bald Mountain, sondern nur „Baldy.“Er erwähnt einen alten Cold Springs-Zweiersessellift und zeigt auf einen Wald: „Hier erstrecken sich weitere 380 Acre Ski-Terrain gerade auch zum Tree-Skiing. Die sind neu angelegt. Und statt unserem alten Cold Springs fährt nun ein Highspeed-Lift.“

Oper in Sun Valley
Sun Valley hat sogar eine Oper

Zum Lunch cruisen wir zur Seattle Ridge Day Lodge auf 2680 Meter, auch wegen des Blicks: imposante Berglandschaft soweit das Auge reicht.

David: „20 Minuten von hier in Hailey gibt es einen Flughafen. Ich war Pilot, bin hier 1958 erstmals Ski gefahren. Seit meiner Pensionierung leben meine Frau und ich in Sun Valley. Wir haben hier alles, sogar eine Oper.“

Schneeschuhe, Skier – alles lässt sich leihen

Zum Lunch cruisen wir zur Seattle Ridge Day Lodge auf 2680 Meter, auch wegen des Blicks: imposante Berglandschaft soweit das Auge reicht.

David: „20 Minuten von hier in Hailey gibt es einen Flughafen. Ich war Pilot, bin hier 1958 erstmals Ski gefahren. Seit meiner Pensionierung leben meine Frau und ich in Sun Valley. Wir haben hier alles, sogar eine Oper.“

Cafe von anno 1937
Café von anno 1937 mit alpénländischem Charme

Und was noch? „Fliegenfischen im Sommer und Winter. I love it. Bei Vollmond wandern wir oft auf Schneeschuhen hoch zum Fine Dining ins Bergrestaurant Roundhouse. Das ist schön alt – wie ich.“ Es besteht seit 1939, kauert sich auf 2203 Meter ins Ski-Gebiet und ist auch per Gondel erreichbar.

Ein bisschen Glamour und Retro darf es in Sun Valley immer sein. Beides findet sich auch im feinen Café mit Wiener Charme namens Konditorei.

Oder im Ram, Traditionsrestaurant seit 1937. Es kredenzt auch frühere Menus wie das von 1937: Leber mit Zwiebeln.

In Ketchum gibt es die alt eingesessene „Casino Bar“, hier zeigen Fotos Ernest Hemingway am Tresen. Der Schriftsteller lebte bis zu seinem Tod 1961 in Ketchum. Gegenüber von der alten „Casino Bar“steht das neue cool gestylte  Limelight Hotel.

Fliegenfischen und Schneeschuhwandern

Hemingway blieb wegen der guten Jagd- und Angelgründe auch im Winter und schrieb 1940 in Suite 206 der Sun Valley Lodge „Wem die Stunde schlägt“.

Schiftsteller Hemingway war Stammgast

Andere frönten und frönen im Hochtal dem Skifahren, aber auch dem Langlauf und Schneeschuh-Wandern. Für Freunde gespurter Wege optimal: das Nordic & Snowshoe Center in Sun Valley mit mehr als 40 Kilometer Loipen.

Sun Valley Nordic Center

Im Center trainieren Nationalteams, „normale“ können einen Kurs buchen oder fahren auf eigene Faust. Auch ich schnalle die Schneeschuhe an und gehe los und ginge am liebsten immer weiter durchs Sonnental.

Schneeschuh-Wandern unter blauem Himmel

Szenenwechsel: Jackson Hole macht auf ganz cool

Das erste, was von Jackson Hole ins Auge fällt, ist Teton Village: ein Retortenort mit etlichen Wohnblocks. Romantisch wohnt man 20 Autominuten entfernt im alten Dorf Jackson. Früher ein Rancher-Dorf versammelt es nun ansehnliche neue und alte Häuser, gute kleine Hotels und urige Lokale wie die Million Dollar Cowboy Bar.

Million Dollar Bar in Jackson Hole

Neuer und ebenso sehr männlich: das Prime-Steak-House im Hotel White Buffalo Club und die Roadhouse Brewing Co mit Pub.

White Buffalo Steak

Jackson bekam seinen Namen 1871 nach einem David Edward Jackson. Das Hole stand für das lange Hochtal, in dem Trapper zur Jagd gingen. Dann kamen die Ranches, bis die Rockefellers mit dafür sorgten, dass die Nationalparks Teton und Yellowstone entstanden.

Western-Flair in Jackson Hole

Liegt es an der Cowboy-Tradition oder am Wissen, in einem der schwersten Ski-Terrains weit und breit zu sein? In Jackson Hole liegt jedenfalls viel Testosteron in der Luft; passend zum Logo des Resorts: ein Cowboy, der seinen Hut schwenkt, auf einem bockenden Pferd.

Cowboy-Symbol von Jackson Hole

Jedenfalls ist das Flair nicht nur an der wuseligen Basisstation auffällig hemdsärmelig. Hier startet auch die Aerial Tram, steuert ihre Gondel bis auf den 3185 Meter hohen Rendezvous Mountain. Von hier sind alle Abfahrten „double diamond black“ markiert, also sehr schwer.

Auch die Hauptroute Rendezvous Bowl ist schwer. „Experts only“ sagt ein Schild explizit für die schmale, fast vertikale Rinne zwischen bizarren Felsen, die vor dem Gipfel unter der Gondel auftaucht: Corbet‘s Couloir. Oha, sagt mancher und defensiv: Nun ist es auch noch neblig. Oder: Die Bowl ist pures Eis.

Corbette Couloir

Oben „bockt“ mancher endgültig und – safety first – nimmt wieder die Gondel talwärts. „Ich komme für das schwere Terrain her“, so Harold aus Nord-Kalifornien, der an der Basisstation auf der Terrasse der Handle Bar auf seine Kids wartet. „Ich war gestern in der Rendezvous Bowl, ohne Nebel. Trotzdem war das Mist. Mir reichen die einfachen schwarzen Pisten.“

Enge Abfahrten, viele Bäume

Nicht zu verwechseln mit den wirklich einfachen Pisten, für die Jackson Hole wirklich nicht bekannt ist. Es gibt sie vereinzelt schon, somit passt das Ski-Resort schon auch für Anfänger bzw. junge Familien. Denen hilft jedenfalls das neue Learning Center der Mountain Sports School mit Speisesaal „Kids only“. „Meine Kids mögen das“, lacht Harold, „da kann ich mir mit meinem Drink ruhig Zeit lassen.“

Mountain Sports School mit Learning Center

Noch speziell an Jackson Hole sind Wild-Exkursionen und geeignet für jeden. Das Resort profitiert von den zwei National Parks, ihr vieles Wild-Getier taucht nämlich gerade im Winter beim Ort auf. Adler, Elche, Geier, Kojoten, selbst massige Bisons: Diese Big Five kommen mir an nur einem halben Tag vor die Linse.

Wildtiere in Jackson Hole

Die Guides sind Experten, kennen die Hot Spots und können Spuren lesen. Unser Guide ist der Biologe Kevin Taylor von der Teton Science School TSS. Er forscht seit 15 Jahren für TSS, steuert den großen Wagen und hat für jeden Gast ein Fernglas. Wir fahren nur wenige Meilen ins verschneite Tal.

Guide und Biologe Kevin Taylor

Schon stoppt Kevin: „Bitte aussteigen und richtet das Fernglas dahin.“ Siehe da – Elche – zu Hunderten. Kevin: „Unser National Elk Refuge. Es wurde 1912 als Schutzzone im Winter eingerichtet. Unsere Herde ist eine der größten weltweit. Sie wird bis zur Schneeschmelze gefüttert.“

Nahe der Herde tollen wie Hunde aussehende Gesellen herum. Kevin: „Kojoten, seht die dunkle Schwanzspitze.“ Die Fahrt geht weiter, auf einmal Blutspuren im Schnee – „daher die Geier am Himmel“ (Kevin). Wieder alles aussteigen. Kevin stellt sein Profi-Spektiv im Schnee auf, checkt die Umgebung, erspäht in Baumgipfeln drei Weißkopfadler: „Sie sind jung, daher sind ihre Kopffedern noch schwarz.“ Jeder schaut konzentriert durchs Fernglas. Der Biologe zeigt auf eine ferne Mulde: „Da liegt ein Elch.“ Stimmt. Einige Meilen weiter stehen wie bestellt Bisons am Wasserloch eines ansonsten zugefrorenen Bachs. „Sie kennen das Loch. Wir auch“, so der Guide. „Ihr seht, Ihr seid in der Wildnis. Auch wenn ihr nur wenige Meilen von hier schön heiß duscht und Ski fahrt.“

Rotwild zum Greifen nah

Szenenwechsel: Big Sky -schöner Ski-Arena aus der Retorte

Big Sky, das jüngste und größte der drei Winter-Paradiese, wurde komplett am Reißbrett entworfen. Seine Basisstation Mountain Village ist funktional, die Atmosphäre sehr casual. „Und die Preise unserer Hotels und Condos sind eher budget, außer Weihnachten“, betont Stacie Mesuda vom Big Sky Resort, der Eigentümer des Resorts.

Big Sky - höchster Punkt

Doch der Komfort-Level soll steigen. Dafür investiert Big Sky bis 2025 rund 150 Millionen Dollar. Dazu gehört gerade auch die Eröffnung des Luxushotels Montage. Und mit dem neuen Residence Inn by Marriott ist nun auch die erste weltweite Hotelmarke am Ort vertreten. Es liegt unterhalb von Mountain Village im so genannten Town Center. Vieles im Center ist jüngst hinzugekommen, auch die Main Street mit Boutiquen, Restaurants, Brauereien mit Bars, mit Schlittschuhbahn und Big Sky Medical Center. Nciht zuletzt im Mountain Village eine hippe Food-Hall – „mit fünf verschiedenen Küchen und Terrasse mit Blick auf den Lone Mountain.

Big Sky Lone Mountain

Dieser Lone Mountain ist mit 3400 Meter der höchste Ski-Berg von Big Sky. Hinauf trägt die kleine Gondel der Lone Peak Tram. Die Abfahrten vom Gipfel sind double diamond black. Aber Big Sky bietet vor allem eine Riesenauswahl anleichten und mittelschweren Abfahrten. Dabei legten die Layouter die einfachen Pisten linkerhand an, die mittelschweren mehr in der Mitte. Rechts gab Lone Mountain Könner-Terrain vor.

Ski-Arena Big Sky

Stacie fährt querbeet. An den Liften keine Schlange, keine Engpässe auf den Pisten. Selbst in eineinhalb Tagen muss man keine Piste zweimal fahren. Zur Lunchpause trägt uns der Ramcharger 8 hinauf, ein Achter-Sessellift. „Der erste seiner Art. Den baut der Spezialist Doppelmayr aus Österreich.“ Oben wartet das Everett’s 8800. „Unser neues Bergrestaurant und richtig fein“, sagt Stacie. Sehr fein sogar – beim Interieur wie bei den Speisen.  

Autorin Ulrike

Einen alt-romantischen Ort hat Big Sky aber doch: die Lone Mountain Ranch am Wald nicht weit vom Nordic Center. 1915 als Working Ranch gegründet, lässt sich heuer in ihren Cabins urig übernachten. Für genüssliches Essen und Trinken sorgt das Horn & Cantle Restaurant. Hinten sind Stallungen, wo Pferdepflegerin Sarah gerade kräftige Kaltblüter vor Schlitten spannt: „Gleich geht es los“ – in den Wald zum romantischen Diner. Sarah hat 20 Kaltblüter zu betreuen. Das macht Arbeit, trotzdem trägt sie dicke Jacken.

Pferdepflegerin Sarah

Mit untergehender Sonne wird es wieder richtig eisig. Da kommen den Fahrgästen die Decken in den Schlitten gerade recht. Da fällt mir der dicke Mantel von Sun Valley-Gründer Harriman ein – auch der wäre nun perfekt. In seinem Brief steht: Er hat das elegante Stück eigens für Fahrten im Schlitten gekauft – 1926 in Deutschland auf seinem Weg auch nach Moskau.

Websites und wichtige Info:

Sun Valley/Idaho, gegründet 1936. Basisstation 1800 Meter; höchste Liftstation Bald Mountain auf 2789 Meter; Ski-Areal rd. 831 Hektar (ha); ab Winter 2020/21 knapp 1000 ha; Abfahrten überwiegend leicht bis mittelschwer, ein Drittel schwer; bietet den  EPIC-Ski-Pass, der weitere Ski-Areale, etwa Heavenly/Kalifornien oder Trois Vallées/Frankreich beinhaltet; nächster Flughafen: Hailey. www.sunvalley.com; www.visitidaho.org

Jackson Hole/Wyoming, gegründet 1963; Basisstation 1900 Meter (Teton Village); höchste Liftstation Rendezvous-Mountain auf 3185 Meter; Ski-Areal rd. 1011 ha, davon knapp 700 ha schwer bis extrem; bietet den  ICON-Ski-Pass, der weitere Ski-Areale, etwa Mammoth/Kalifornien oder Revelstoke/Kanada beinhaltet; nächster Flughafen: Jackson. www.jacksonhole.com; www.wildlifeexpeditions.org; www.travelwyoming.com

Big Sky/Montana, gegründet 1973; Basisstation 2316 Meter (Mountain Village); höchste Liftstation Lone Mountain auf 3400 Meter; Ski-Areal rd. 2347 ha, davon 1400 ha schwer bis extrem; die restlichen 900 ha leicht bis mittel; bietet den  ICON-Ski-Pass (Info siehe Jackson Hole); nächster Flughafen: Bozeman. www.bigskyresort.com; www.lonemountainranch.com; https://www.visitmt.com

Websites zu den drei Staaten Idaho, Montana und Wyoming: https://greatamericanwest.de;

Leihwagen: als All-Inclusive-Paket ohne Meilenbegrenzung und mit Allrad bei www.sunnycars.de

Flug: nach Boise etwa mit American Airlines www.aa.com; gut zum Übernachten in Boise: das neue Hilton Garden Inn Downtown

1. Etappe: Anreise per Flugzeug über Boise; nach Sun Valley per Auto über die Interstate (IS) 84 E, dann links Highway (HW) 20 gen Norden, dann Idaho HW 75 Nord. Ankunft in Sun Valley nach rund zweieinhalb Stunden für 155 Meilen

2. Etappe: von Sun Valley nach Jackson Hole erst HW 75 Süd, dann HW 20 E nach Osten. Lohnender Stopp am HW 20: das Nationalmonument Craters of The Moon mit seiner bizarren Gesteinswelt und gutem Visitor Center. Danach weiter HW 20 E, dann die Straßen 26, dann 33. Ankunft in Jackson Hole nach rund viereinhalb Stunden für 240 Meilen

3. Etappe: von Jackson Hole nach Big Sky gen Norden über HW 20 E, dann US-191 N. Lohnender Stopp am IS 191 N: das Grizzly & Wolf Discovery Center in West Yellowstone. Ankunft in Big Sky nach rund dreieinhalb Stunden für 178 Meilen

Alle Fotos Ulrike Wirtz